Schatten ueber Broughton House
werde ich alles mir Mögliche tun, um ihm zu helfen. Und ich nehme dafür gerne deinen Rat an, selbst wenn du ihn aus deinen Träumen beziehst.“
„Ich wünschte nur, ich könnte dir zu etwas raten“, seufzte Deirdre. „Wenn diese Dinge doch nicht immer so ungewiss wären! Jeden Abend, wenn ich zu Bett gehe, bete ich darum, wieder von ihm zu hören. Dass er uns sagt, wie wir ihm helfen sollen.“
Megan wusste kaum, was sie ihrer Schwester darauf antworten sollte.
Deirdres unerschütterlicher Glaube an ihre Visionen versetzte Megan immer wieder in Erstaunen und machte sie, ehrlich gesagt, auch ein wenig neidisch. Es musste sehr tröstlich sein, so frei von Zweifeln und Fragen zu leben. Doch Megan fürchtete, dass sie einen solchen Zustand nie erlangen würde. Vielmehr schien es ihr, als beruhe ihr ganzes Leben auf Fragen und Zweifeln.
Sie plauderten noch ein wenig, während sie die restlichen Kartoffeln schälten, dann setzte Deirdre die Kartoffeln zum Kochen auf, sah nach dem Braten, der im Ofen schmorte, und traf weitere Vorbereitungen für das Abendessen. Megan ging derweil nach oben, um sich vor dem Essen ein wenig frisch zu machen, und begann schließlich, ihre Eindrücke von Broughton House in einem kleinen Notizbuch festzuhalten.
Das machte sie so, wann immer sie an einer Geschichte arbeitete, denn sie hatte festgestellt, dass es ihr half, ihre Vorgehensweise zu planen, ihre Gedanken zu ordnen und Zitate so genau wie möglich wiederzugeben. Im Laufe der Jahre war es ihr zu einer festen Gewohnheit geworden.
Sie wünschte nur, mehr Tatsachen zu haben, von denen sie ausgehen konnte!
Bald darauf ging sie zum Abendessen hinunter und musste zu ihrer Überraschung feststellen, dass ihr Vater noch nicht nach Hause gekommen war. Nachdem sie eine Weile auf ihn gewartet hatten, begannen sie und Deirdre bereits zu essen, wobei sie immer wieder nach der Uhr blickten. Dann sahen sie einander an, und ihre Sorge nahm stetig zu.
Als sie ihr Mahl beendet hatten, war er immer noch nicht heimgekehrt, und während Megan und Deirdre den Abwasch erledigten, wuchs ihre Besorgnis weiter.
Daher empfanden sie große Erleichterung, als sie einige Minuten darauf hörten, wie die Haustür sich öffnete und ihr Vater fröhlich pfeifend hereinspaziert am.
„Guten Abend euch beiden , meinte Frank Mulcahey, grinste vergnügt und nahm seine Kappe ab.
„Wo warst du?“, fragte Megan. „Wir haben uns Sorgen um dich gemacht.“
„Sorgen? Dazu gab es keinerlei Grund. Ich habe Nachforschungen angestellt.“
„Nachforschungen?“ Megan zog eine Augenbraue in die Höhe, als ihr Vater näherkam, und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Nennt man das jetzt so?“ Sie schnüffelte übertrieben. „Meiner Nase nach riecht das eindeutig nach Bier.“
„Na ja, dort habe ich eben meine Nachforschungen betrieben“, erwiderte er. „Habt ihr eurem armen alten Vater denn noch einen kleinen Happen aufgehoben? Ich sterbe vor Hunger.“
„Du hast also Nachforschungen über die Londoner Schenken betrieben?“, neckte Megan ihn, als sie sich an den Küchentisch setzten und Deirdre das Essen für ihren Vater aus dem Ofen holte, wo sie es warm gehalten hatte.
„Nein, ich habe in einer Schenke Erkundigungen eingeholt“, stellte Frank richtig. Er zwinkerte seiner Tochter zu und schien sehr zufrieden mit sich.
Megan horchte auf. „Was meinst du damit - Erkundigungen?“
„Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie du in dieses prächtige Haus gelangen kannst, um den Schurken zu entlarven.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich habe es mir angeschaut, und es ist wahrlich imposant.“
„Da hast du allerdings recht“, pflichtete Megan ihm bei. „Ich hatte vorhin schon zu Deirdre gesagt, dass meine beste Chance wohl darin besteht, mich als Dienstmädchen anstellen zu lassen. Bei einem so großen Haus werden sie sehr viele Bedienstete brauchen. Ich könnte mir vorstellen, dass es recht oft freie Stellen gibt.“
„Und ich habe ihr gleich gesagt, dass sie die erste Woche nicht überstehen würde“, wandte Deirdre ein, die sich Megan und ihrem Vater gegenüber an den Tisch setzte.
Megan schnitt eine Grimasse. „Ich würde es wohl überstehen."
„Falls sie dich überhaupt anstellen. Du siehst nicht aus wie ein Dienstmädchen. Zunächst einmal bist du viel zu attraktiv, und dann verhältst du dich auch nicht wie eine Bedienstete“, fuhr Deirdre fort.
„Ich kann durchaus so tun als ob“, meinte Megan, „mein schäbigstes
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