Schatten ueber Broughton House
um. Lady Scarle musterte Megan finster.
„Miss ... Henderson, nicht wahr?“
„Ganz genau.“
„Vielleicht wollten Sie so gut sein, Lord Raine und mich ein Gespräch unter vier Augen führen zu lassen“, fuhr Lady Helena fort, ihr Ton scharf wie geschliffenes Glas.
Megan war so verblüfft über derlei Arroganz, dass ihre Augenbrauen in die Höhe schossen. Zorn stieg in ihr auf und ließ sie unbewusst ihre Hände ballen.
Theo schien das nicht entgangen zu sein, denn er griff sie beschwichtigend beim Arm. Mit Blick auf Lady Scarle meinte er: „Entschuldigen Sie, Mylady, aber ich wüsste nicht, was wir beide unter vier Augen zu besprechen hätten.“
Lady Helena sah ihn ungläubig an, und ihre Wangen röteten sich vor Zorn. Sie bedachte Megan mit einem giftigen Blick. „Was Sie nicht sagen, Lord Raine. Vielleicht hatte ich mich ja tatsächlich getäuscht.“
„Vermutlich. Und wenn Sie uns nun bitte entschuldigen würden ...“
Theo hielt Megans Arm noch immer fest umfasst, als er sie zur Tür hinausführte. „Ganz ruhig“, sagte er leise.
„Sie müssen mich nicht festhalten“, wies Megan ihn scharf zurecht. „Ich werde mich schon nicht mit ihr prügeln, wenngleich ich durchaus Lust dazu hätte.“
„Sehen Sie - ich war mir nicht sicher. Sie machten den Eindruck, als käme auf einmal das Irische in Ihnen durch.“
„Das was?“ Megan fuhr zu ihm herum. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Warum hatte er das gesagt? Wusste er, dass ihr richtiger Name ein irischer war?
Er erwiderte ihren fragenden Blick völlig gelassen. „Sagt man nicht so, wenn man auf einmal einen Wutanfall bekommt?“ „Mag sein. Ich war aber nicht wütend - nur verärgert.“ „Lady Scarle ist in der Tat ein Ärgernis“, stimmte Theo ihr zu. „Sie haben sie allerdings auch zu neuer Höchstform auflaufen lassen.“
„Ich war wohl nicht untertänig genug“, meinte Megan. „Wahrscheinlich hat sie erwartet, dass ich einen Knicks vor ihr machte und mich dann in Luft auflöste, damit sie Ihnen in Ruhe nachstellen kann.“
„Glücklicherweise haben Sie mich davor bewahrt“, erwiderte Theo dankbar.
Megan musste lachen. „Sie brauchten meinen Schutz?“
Er schüttelte sich theatralisch und sah sie mit lachenden Augen an. „Aber unbedingt. Nun, wo Lord Scarle tot ist, hat sie es auf einen höheren Titel abgesehen.“
Megan hatte den Verdacht, dass Lady Scarle nicht nur Theos Titel reizvoll fand. Wenn sie ihn sich so ansah, glaubte sie, dass gewiss jede Frau sich zu ihm hingezogen fühlen musste - ob er nun einen Titel hatte oder nicht.
„Sie ist eine sehr schöne Frau“, bemerkte Megan.
„Deshalb hat sie auch so viele Verehrer“, erwiderte Theo gleichmütig. „Ich zähle mich allerdings nicht dazu - andere Frauen sind da schon mehr nach meinem Geschmack.“
„So?“ Megan war sich durchaus bewusst, dass ihr Lächeln kokett war und wie falsch es sein musste, ihn so anzulächeln, doch sie konnte nicht anders.
„Ja.“ Seine Miene wurde auf einmal ernst, und er blieb stehen, um sie anzusehen. „Wenn wir jetzt nicht hier wären, würde ich Ihnen zeigen, welche Frau nach meinem Geschmack ist.“ Megan stockte kurz der Atem und flog dann umso rascher dahin. „Dann können wir sicher von Glück sagen, dass wir gerade hier sind, nicht wahr?“
„Da bin ich ganz anderer Ansicht“, erwiderte er und ließ seinen Blick langsam über ihr Gesicht hinab zu ihren Lippen schweifen. „Megan ...“
Tief in ihr loderte Verlangen auf. Megan verschränkte ihre Hände hinter dem Rücken, als wolle sie sich auf diese Weise davon abhalten, sie unwillkürlich nach Theo auszustrecken und ihn zu berühren.
„Mylord, wie Sie ganz richtig bemerkten, befinden wir uns hier in der Öffentlichkeit.“ Sie wandte sich ab, denn es fiel ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen, wenn sie ihn ansah.
„Ja, verdammt... ich weiß“, knurrte er und verzog gequält das Gesicht. „Aber ich muss mit Ihnen reden. Ich muss wissen ..."
„Theo, mein Lieber, da bist du ja!“, ließ sich auf einmal die Stimme einer Frau vernehmen, und Megan und Theo sahen die Duchess of Broughton auf sich zukommen. „Gefällt Ihnen das Fest, Miss Henderson?“
„Ja, Ma’am, sehr sogar.“
„Gut, sehr gut.“ Die Duchess lächelte und wandte sich dann an ihren Sohn. „Ich habe dich schon die ganze Zeit gesucht. Lady Rochester ist hier und fragt nach dir.“
Theo stöhnte. „Mutter, nein ...“
„Sie besteht darauf, dich zu sehen. Scheinbar hast du
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