Schatten ueber Hollywood
dass es der einzige Brief ist.«
»Vielleicht ist 16.15 Uhr eine Nachricht?«
»Und 16.15 Uhr beweist, dass Harold seine Schandtat bereut? Nie im Leben.«
»Dann stecken wir in einer Sackgasse«, sagte Peter niedergeschlagen.
»Vielleicht nicht.« Bob holte sich einen Eistee aus dem Kühlschrank und setzte sich wieder hin. »Mir fällt gerade etwas auf. Wir haben nach Audy und dem Brief gefragt – aber was, wenn das nur ein Hinweis war, sich das Theaterstück anzusehen? Ich habe gar nicht gefragt, wie es hieß!«
»Mensch, stimmt ja! Los, ruf nochmal an!«
Bob griff sofort nach dem Telefon. Aber in der Bücherei meldete sich niemand mehr. Also fingen die beiden an, im Internet zu suchen. Und schon bald wurden sie fündig.
»Na also!«, rief Bob triumphierend. »Das Stück hieß ›Hotel Pacific Pearl‹! Dieses Hotel gibt es wirklich – in den Bergen von Hollywood! Ich bin sicher, dass da ein Hinweis auf uns wartet!«
»Wollen wir jetzt sofort los?«, fragte Peter. »Ich meine, es wird schon dunkel, und ich fahre ungern mitten in der Nacht in den Bergen herum.«
»Willst du Justus retten oder nicht? Wir sollen die Botschaft entschlüsseln, und das haben wir getan. Aber er würde nie wollen, dass wir unsere erste Idee einfach ungeprüft übernehmen. Also – ruf deine Eltern an und erzähl ihnen, dass du und Justus heute bei mir übernachtet. Ich sage Justus’ Onkel und Tante dasselbe, damit sie keinen Verdacht schöpfen. Meinen Eltern sage ich, dass ich bei Justus bin. Und dann fahren wir los!«
Die Geisterstadt
Justus’ Magen knurrte. Seine Kehle war trocken und das Schlucken tat weh. Außerdem musste er dringend auf die Toilette, und er war wütend. Es waren nicht die besten Voraussetzungen, um logisch zu denken, aber er versuchte es trotzdem.
»Löse das Rätsel und ich lasse dich frei«, hatte der Entführer gesagt. Justus hatte durchaus vor, das Rätsel zu lösen – aber zu seinen eigenen Bedingungen. Und das bedeutete, dass er versuchen musste, sich selbst zu befreien.
Inzwischen hatte er eine ganz gute Vorstellung von dem Raum, in dem er sich befand. Er war nicht sehr groß und lag vermutlich unter der Erde, so dass er wenig oder gar kein Tageslicht erhielt. Eine Höhle war es nicht, dafür war der Boden zu glatt, und es war auch nicht kalt genug, eher stickig und trocken. Also befand er sich vermutlich im Keller eines alten Hauses in den Bergen, so weit vom Meer entfernt, dass man weder das Brausen des Pazifiks hören noch den salzigen Wind riechen konnte. Es roch eher nach Wüste. Justus beschloss, sich erst zu befreien und dann darüber nachzudenken, wie er im Schlafanzug, ohne Schuhe und ohne Geld nach Rocky Beach zurückkommen sollte.
Sollte er so lange kippeln, bis der Stuhl nach hinten umfiel? Lieber nicht – erstens würde er mit seinem gesamten Gewicht und dem Stuhl auf seinen Händen landen und zweitens sich den Schädel einschlagen, wenn er auf den harten Steinboden fiel. Aber vielleicht lockerten sich die Fesseln, wenn er einfach aufstand und mitsamt dem Stuhl auf dem Rücken durch den Raum hüpfte.
Er beschloss, es zu versuchen, ließ den Zettel fallen und stemmte sich hoch. Der Stuhl war schwerer als erwartet, und die Fesseln schnitten schmerzhaft in Justus’ Bauch und seine Handgelenke ein. Blind hüpfte Justus vorwärts – aber plötzlich verlor er das Gleichgewicht, konnte sich nicht abstützen und fiel nach vorne. Ein stechender Schmerz zuckte durch sein linkes Knie und er kippte mit dem Stuhl zur Seite. Hilflos blieb er liegen – aber dann merkte er, dass sich die Augenbinde ein wenig verschoben hatte. Er blinzelte und sah einen Schimmer von blauem Licht unter der Binde. Also gab es doch ein Fenster! Es musste Nacht sein. Und dann sah er noch etwas – eine Bewegung. Ein Schatten schob sich vor das Fenster und blieb dort. Eine Wolke? Aber dann hörte er leises Atmen, ganz anders als das schreckliche Röcheln des Kehlkopfmikrofons. Justus holte tief Luft und schrie: »Hilfe! Gehen Sie nicht weg! Helfen Sie mir! Hallo!«
Etwas scharrte und kratzte, und dann schlug plötzlich ein kleiner Gegenstand klirrend dicht neben Justus auf. Der Schatten verschwand.
Der kleine Gegenstand war ein Taschenmesser. Justus war verblüfft. Offenbar wollte ihm jemand helfen, war aber nicht bereit, einfach hereinzukommen und ihn loszubinden. Oder war es vielleicht der Entführer, der ihn antreiben wollte, das Rätsel des seltsamen Zettels schneller zu lösen? Er beschloss, später
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