Schatten ueber Hollywood
Wirklichkeit Casey Wye ist, stimmt’s? Nicht tot, sondern untergetaucht. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass wir mit so etwas zu tun haben.«
Justus nickte. »Es ergäbe einen Sinn. Als ich sie traf, sagte sie: ›Du kommst mir also in die Quere‹. Das habe ich erst verstanden, als ich begriff, dass die Botschaft euch in eine Falle locken würde. Es passt nämlich hervorragend zu dem Motiv, das sich hier allmählich erschließt.«
»Ach ja, das Motiv«, sagte Peter. »Und das wäre?«
»Rache.«
»Wie bitte? Was haben wir ihr denn getan?«
»Wir doch nicht, Peter! Aber ihr Ex-Ehemann Harold Packleham, der sie ausgenutzt, betrogen und ruiniert hat!«
»Und du meinst, sie hat das alles für ihn inszeniert? Den Brief, die Schnitzeljagd – und die Falle?«
»Zwei Fallen. An den Hollywood-Buchstaben wartete das Gespenst, um Packleham beim Klettern so zu erschrecken, dass er abstürzt. Und für den Fall, dass er den Sturz überlebt, wartete im Hotel ›Pacific Pearl‹ die wegklappbare Treppe.« Justus nickte. »Sie hat nicht nur riskiert, dass er sich verletzt – sie will ihn umbringen!«
»Aber nur ihn«, sagte Peter. »Sonst hätte sie dich nicht gerettet und losgeschickt, um uns zu warnen. Also sind wir ihrem teuflischen Mordplan in die Quere gekommen. Das ist ja eine ganz reizende alte Dame.«
»Das klingt logisch«, sagte Bob. »Ihr überseht nur zwei Kleinigkeiten.«
»Und die wären?«, fragte Justus.
»Erstens kann ich mir nicht vorstellen, wie selbst die mordlustigste alte Dame auf dem Hollywood-H herumturnt und Bettlaken anbringt oder tödliche Treppenfallen konstruiert. Und zweitens nützt ihr auch der genialste Racheplan nichts, weil Harold Packleham nämlich schon tot ist. Vor zwei Jahren ist er an Kehlkopfkrebs gestorben.«
Crowle & McSnail
Die drei ??? waren sich einig, dass nur das Testament ihnen jetzt weiterhelfen konnte. Bob wühlte sich durch alte Zeitungsartikel und fand schließlich heraus, dass der Prozess Wye gegen Packleham von der Anwaltskanzlei Crowle & McSnail geführt worden war. Also machten sie sich am nächsten Tag auf den Weg, um die Anwälte zu besuchen. Die Kanzlei war schnell gefunden. Sie lag in Santa Monica, auf halbem Weg zwischen Rocky Beach und Los Angeles. Es war ein recht altes Gebäude, von dem der Putz abblätterte. Bob parkte seinen gelben VW Käfer hinter einem schäbigen alten Auto, auf dessen Sitzen haufenweise zerknülltes Papier, Zigarettenstummel und anderer Müll lag. Die drei ??? stiegen aus und überquerten die Straße.
›Anwälte Crowle & McSnail, 1.Stock‹ stand auf einem dunkel angelaufenen Messingschild, das vermutlich zum letzten Mal vor zehn Jahren poliert worden war. Justus drückte auf die Klingel und nach kurzer Zeit hörten sie das Summen des Türöffners. Sie traten ein und fanden sich in einem Gang wieder, auf dem ein abgetretener, brauner Teppich zu einer dunklen Holztreppe führte. Zwei Türen rechts und links des Flurs waren geschlossen. Das Haus roch modrig, verqualmt und muffig, als hätte die Sonne Kaliforniens es vergessen. Justus schnupperte ausgiebig, sagte aber nichts. Die drei ??? stiegen die Treppe hinauf und gelangten in einen weiteren Flur. Auch hier waren alle Türen geschlossen, aber sie fanden das Schild der Anwaltskanzlei schnell. Justus klopfte. Es dauerte einen Moment, bis sich die Tür öffnete und der durchdringende Geruch von Zigarettenrauch die drei ??? fast erstickte.
Ein alter Mann stand vor ihnen – eine kleine, verkrümmte, faltige Gestalt mit dünnen, schlohweißen Haaren. Auf der langen Nase saß ein ebenso uralter Kneifer, der ständig herunterzufallen drohte. Der Mann steckte in einem grauen Anzug, der so aussah, als wäre er kurz nach dem Ersten Weltkrieg aus alten Säcken um seinen Träger herumgenäht und seither nie wieder abgenommen worden. Seine Hände waren schrumpelig und endeten in hässlichen gelben Fingernägeln. Er machte einen verwahrlosten und ungepflegten Eindruck, aber seine Augen waren scharf und klar. Misstrauisch musterte er die drei Detektive. »Ja?« Auch seine Stimme verriet nichts über sein Alter.
»Guten Tag, Sir«, sagte Justus höflich. »Wir möchten gerne Mr Crowle oder Mr McSnail sprechen. Sind Sie Mr McSnail?«
»Ja. Um was geht es?«
»Das möchten wir nicht auf dem Flur besprechen, Sir. Dürfen wir hereinkommen?«
»Von mir aus«, knurrte Mr McSnail und ließ sie herein. »Aber lasst euch nicht einfallen, mich ausrauben zu wollen. Erstens habe ich kein Geld hier.
Weitere Kostenlose Bücher