Schatten über Ulldart
deshalb schlug die Aktion fehl.
Und ich habe keine Ahnung, was dort unten vorgeht«, gestand der Harac mit einem ratlosen Gesicht. »Aber wenn wir Glück haben, erledigen sich unsere Schwie rigkeiten mit dem Statthalter gerade von selbst.« Der Leibwächter war nur noch wenige Meter vom Gouverneur entfernt, als der Unbekannte Lodrik erreich te und ihn bei den Uniformaufschlägen packte. Der Gouverneur verlor das Gleichgewicht und stürzte.
Der andere Mann fiel mit ihm, und beide verschwanden aus dem Blick Waljakovs, der inzwischen seinen Säbel gezogen hatte und mit der flachen Seite um sich schlug.
Seine Männer waren zurückgegangen und hatten die Pferde bestiegen, mit denen sie sich durch die Leiber pflügten.
Endlich hatte Waljakov die Stelle erreicht, an der Lo drik und der Unbekannte zu Boden gegangen waren. Mit einer schnellen Bewegung packte er den Mann, der auf dem Gouverneur lag, im Genick und zog ihn knurrend zurück. Der Handschutz des Säbelgriffs lande te zwei Mal im Gesicht des Unbekannten, der daraufhin in seiner Hand erschlaffte.
Die Wachen drängten die Menschen mit den Reittie ren zurück und schufen Raum um den gestürzten Statt halter herum, der leblos auf dem Kopfsteinpflaster lag.
Blut sickerte vom Hinterkopf und färbte das Pflaster. »Nein«, flüsterte Stoiko, »mächtiger Ulldrael, lass ihn nicht tot sein!«
Jukolenko lächelte kalt, prostete und nippte an seinem Wein, Kolskoi starrte gebannt auf den Marktplatz. Es legte sich unheilvolle Stille über den Ort; die Granburger hatten den Ernst der Lage erfasst.
Waljakov schleuderte den Unbekannten und seine Waffe achtlos zur Seite und kniete neben Lodrik nieder.
Ganz leicht hob und senkte sich die Brust des jungen Mannes.
»Er lebt! Ich brauche eine Bahre, schnell«, rief der Leibwächter. »Der Gouverneur muss sofort zurück in den Palast. Und holt einen Cereler her.«
»Sehr schade«, raunte Kolskoi Jukolenko zu. »Der junge Bursche ist widerstandsfähiger, als ich gedacht habe.«
Mit einem bösen Funkeln in den Augen stellte der e hemalige Gouverneur den Pokal zurück. »Warten wir es ab. Vielleicht ist die Verletzung im Nachhinein tödlich.
Ich kenne den Cereler und seine Familie«, er betonte das Wort nachdrücklich, »gut. Sehr gut sogar.« In Windeseile war die Bahre gefunden, Wachen tru gen den bewusstlosen Statthalter durch die Straßen zum Palast. Dem Zug schlossen sich zahlreiche Menschen an, die dem Tross schweigend bis vor das große Gebäu de folgten und im Hof warteten.
Still standen Waljakov, Stoiko und Miklanowo um das Bett Lodriks, während ihn der Cereler untersuchte.
»Er hatte mehr Glück als Verstand.« Der kleinwüchsige Mensch von der Größe eines achtjährigen Kindes begutachtete die Platzwunde am Kopf des Gouverneurs. »Der Schädel ist nicht gebrochen, sein Genick scheint ebenfalls unversehrt zu sein.«
»Wann wird er wieder aufstehen können?« Stoiko schaute sehr besorgt auf seinen Schützling herab.
»Ich kann ein wenig nachhelfen, das wird sein Bewusstsein schneller zurückbringen«, meinte der Cereler abschätzend. »Die Wunde an seinem Kopf würde auch ohne meine bescheidenen Künste heilen. Er ist nur ohnmächtig vom Aufprall auf die Steine.«
»Macht etwas, damit er sich den Leuten kurz zeigen kann. Ich möchte nicht, dass die besorgten Granburger den Palast stürmen, nur damit sie den Gouverneur mit eigenen Augen sehen können«, sagte Waljakov und legte die Hand an den schweren Säbel. »Wenn Ihr mit dem Gouverneur fertig seid, seht nach dem Attentäter. Er braucht ebenfalls Eure Hilfe.«
»Wie Ihr wünscht«. Der Heiler legte die Fingerspitzen an die Schläfen Lodriks und schloss die Augen.
Ein dunkelgrünes Leuchten glühte rund um die Wunde des Statthalters, die sich daraufhin schloss. Schorf bildete sich an der Stelle, der nach wenigen Lidschlägen abfiel und eine kleine weiße Narbe hinterließ.
Das Glühen floss einige Zeit rund um den ganzen Kopf, dann löste der Heiler seine Finger, das Grün verschwand.
Waljakov empfand das Schauspiel eher als unheimlich, auch wenn der Heiler Gutes tat. Cereler waren die einzigen Lebewesen auf Ulldart, die ihre Magie nach dem Willen der Götter und zum Wohle der Menschen sowie der Tiere behalten durften. Der Preis für dieses Privileg war ihre Verunstaltung. Kein Cereler erreichte die Risthöhe eines Kalbes, ihre Körper waren oft unproportioniert, die Köpfe wirkten meist zu groß.
Es gab nur wenige Cereler auf Ulldart,
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