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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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blauschwarzen Hengst mit weißen Fesseln und einem Muskelbau, dass jeder Ackergaul vor Neid erblasste. Das robuste Streitross hörte auf den Namen Treskor und trug den Leibwächter seit mehr als fünf Jahren entweder sicher die Wege entlang oder in die Schlacht. Etliche Narben an den Schenkeln, in der Flanke und an der Brust zeugten von der Kampferfahrung des stolzen Tieres, das selbst im Sturm so ruhig blieb, als stünde es im warmen Stall.
    Das alles hatte Lodrik nach und nach während der Reitstunden von seinem Leibwächter erfahren, als er eine spöttische Bemerkung über das breite Pferd machte und der Kämpfer ihm daraufhin die Geschichte des Tieres erzählte. Zu gern hätte der Statthalter das Streitross im Kampf gesehen.
    »Wir leuchten mit diesem vermaledeiten Vehikel wie ein Signalturm in der Nacht, Exzellenz«, beschwerte sich Waljakov. »Es wird nur eine Frage der Zeit sein, wann sich die ersten Räuber für die Kutsche interessieren, die so schön nach Gold stinkt.«
    »Kein Wegelagerer käme auf die Idee, erstens das Gefährt des Gouverneurs und zweitens einen Trupp schwer bewaffneter Soldaten anzugreifen«, entgegnete Lodrik ruhig.
    »Wegelagerer nicht, aber vielleicht verzweifelte, arme Menschen«, raunte Stoiko von der Seite.
    »Schwarzmaler«, schimpfte der Gouverneur. »Was hat er gesagt?«, wollte der Leibwächter wissen. »Nichts, nichts. Reite wieder an die Spitze und mach dir keine Sorgen. Es wird nichts geschehen«, wiegelte Lodrik schnell ab, bevor Stoiko die Äußerung wiederholen konnte und damit das Misstrauen des Leibwächters schürte. »Und du«, sagte er zu seinem Vertrauten und hob die Augenbrauen, »behalte das nächste Mal deine Vermutungen für dich. Wenn du Waljakov auf solche Gedanken bringst, werden wir vermutlich einfach wenden und in den Palast zurückfahren.«
    »Ich habe es ja nur gut gemeint.«
    Miklanowo schmunzelte. »Keine Angst, Exzellenz. Ihr seid hier sicher. Eine ruhigere Fahrt kann es nicht mehr geben.«
    »Ich habe mit längeren Kutschfahrten so meine Erfahrungen gemacht, Miklanowo. Das letzte Mal, es war bei der Anreise, habe ich unterwegs eine angehende Mutter sterben sehen, weil Kolskoi seine Hunde machen ließ, was sie wollten.« Lodrik erinnerte sich mit Schaudern an die Schreie, die lautlosen Bestien und den blutroten Schnee.
    Das Gefährt holperte über die Straße, die Sonnen hitzten den Innenraum weiter auf, sodass die Insassen bald in ein unerholsames Dösen verfielen.
    In einem kleinen Bauerndorf, eine Ansammlung von fünf Gehöften und dreißig Hütten, hielt der Tross am späten Nachmittag, um die erschöpften Pferde zu tränken und einige Minuten ruhen zu lassen.
    Kühles Quellwasser plätscherte aus der Erde und lief über eine gemauerte Schräge in ein großes Auffangbekken von mehreren Metern Durchmesser, das als Kuhtränke gedacht war, wie die vielen uralten, vertrockneten Misthaufen bewiesen.
    Erschöpft kletterten die drei Männer aus der Kutsche und setzten sich im Schutz einer großen Ulldraeleiche an den Brunnenrand.
    Es dauerte nicht lange, dann tauchten die ersten Kinder bei der Reisegruppe auf. Mit offenen Mündern und großen Augen wurden aus sicherem Abstand die Pferde und die Kutsche bewundert, doch die offen getragenen Waffen der Soldaten schreckten die verdreckten Jungen und Mädchen davon ab, sich alles aus der Nähe zu betrachten.
    Erwachsene ließen sich dagegen keine blicken. Lodrik nahm einen Schluck aus der Quelle, goss sich ein wenig davon über Gesicht und Haare, dann ließ er den Blick über die Hütten wandern. Die meisten machten einen fast schon baufälligen Eindruck, dort fehlte die Eindeckung des Daches, woanders hingen die Steine über den Eingängen gefährlich locker. Das einzige Gebäude, das einen halbwegs gepflegten Eindruck machte, war der kleine Ulldraeltempel.
    »Eine sehr trostlose Umgebung hier«, stellte der Gouverneur fest.
    Miklanowo nickte. »Ich kenne das Dorf. Es hat durch eine Seuche das Vieh verloren. Die Felder in der Umgebung werfen zu wenig ab, als dass etwas für den Handel übrig bleiben würde.«
    »Wie bezahlen sie ihre Abgaben an Euch?« Stoiko tauchte die Hände in das Nass und benetzte sich das Gesicht. »Es wird nicht viel dabei abfallen, oder?«
    »Ich verlange keine Abgaben von den Menschen hier, weil ich sie sowieso nie bekommen würde«, erklärte der Brojak. »Versucht, einem nackten Mann etwas aus der Tasche zu stehlen, und so wäre es hier. Sie kämpfen um ihr tägliches Überleben,

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