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Schattenauge

Schattenauge

Titel: Schattenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Wasser. Duldet Rubio (klar), Barb?
Schatten: ?
    Ich fischte nach dem Plan, zog ihn zu mir heran und hob einen abgekauten Bleistift auf, der unter dem Fenster lag. Ich strich die Sechs so fest aus, dass die Spitze des Stiftes das Papier fast durchstieß.
    Gefahr: 10!!!, korrigierte ich in krakeliger, zittriger Schrift und umkringelte die Zeile noch dreimal.
    Größe: Ca. 3,40
    Wow! Aber es stimmte tatsächlich.
    Ich musste eine ganze Weile gegen das beklemmende Gefühl der Bedrohung ankämpfen, bevor ich das Fragezeichen bei Schatten ausstrich und dann in Druckbuchstaben dahintersetzte: panthera tigris altaica .
     

Frau aus Glas
    Zoë wusste, dass es Paula war, noch bevor ihre Mutter sich ihr mit dem Telefon am Ohr zuwandte und den Namen mit den Lippen formte. Sie schüttelte den Kopf. Ihre Mutter verzog den Mund und bedeckte die Mikrofonöffnungen mit dem Daumen. »Sie sagt aber, sie muss unbedingt mit dir sprechen«, flüsterte sie.
    »Und ich sage: Ich bin nicht da«, murmelte Zoë.
    Ihre Mutter rollte genervt die Augen und wandte sich ab. »Sie ruft dich gleich morgen an, Liebes«, sagte sie sanft ins Telefon. »J a … ja, natürlich, ich richte es ihr aus.« Sie drückte die Auflegetaste, knallte das Telefon auf den Küchentisch und verschränkte die Arme. »Was ist los? Habt ihr euch gestern etwa gestritten?«
    »Ich habe dir schon dreimal gesagt, ich melde mich bei ihr«, erwiderte Zoë. »Und zwar morgen. Das habe ich ihr auch schon in meiner Mail geschrieben.«
    »Heute oder morgen – als würde das einen Unterschied machen«, erwiderte ihre Mutter. »Sei doch nicht so stur, Paula ist wirklich nett.«
    Netter als meine Problemtochter , ergänzte Zoë im Stillen. Doch vielleicht war es unfair, ihrer Mutter solche Gedanken zu unterstellen. Sie machte sich eben Sorgen – an ihrer Stelle hätte Zoë wahrscheinlich ebenso gedacht. Und wenn ihre Mutter wüsste, dass ihre Tochter nicht nur stur war, sondern auf dem besten Weg, gewalttätig zu werden und völlig durchzudrehen, dann wäre Paulas Seelenleben sicher ihr geringstes Problem.
    »Sie lässt dir jedenfalls ausrichten, dass sie mit ein paar Leuten aus deiner Klasse nachher im O’Reilly’s ist, falls du noch Lust hast, dorthin zu kommen«, fuhr ihre Mutter fort. »Sie schauen sich die Parade am Fluss an. Un d … sie sagt, sie hat gestern deine Schuhe mitgenommen. Die hast du wohl auf dem Sportplatz vergessen?«
    Zoë konnte nicht verhindern, dass ihr das Blut in die Wangen schoss. Von einer Sekunde auf die andere war das Gefühl der Enge in ihrer Brust wieder da. Hastig beugte sie sich tiefer über Leons prall gefüllten Rucksack und stopfte auch noch seinen Kapuzenpulli und drei zu Bällen geformte Sockenpaare mit aller Gewalt hinein.
    »Ja«, murmelte sie. »Habe sie dort liegen lassen. War etwa s … hektisch.«
    »Und es hat nicht zufällig etwas mit David zu tun?«, bohrte ihre Mutter weiter.
    »Lass mich doch endlich mit David in Ruhe!«, schnappte Zoë.
    Ihre Mutter zog nur die Brauen hoch und schwieg. Immerhin sparte sie sich heute ihre Litanei über den Wert von alten Freundschaften und die Frage, wann Ellen und sie sich denn endlich wieder vertragen würden. Als wären wir noch in der vierten Klasse und würden uns mit unseren Barbies darum prügeln, wer Ken bekommt , dachte Zoë missmutig.
    Wie ein Film, den sie immer noch vergeblich zu analysieren versuchte, zog der Vorfall auf dem Sportplatz an ihr vorbei. Seit gestern war die Unruhe noch um ein Vielfaches schlimmer geworden. Und wenn sie ehrlich war, hoffte sie insgeheim bei jedem Telefonklingeln, dass es Ellen sein würde. Ellen, die ihr empört entgegenschleuderte: »Was zum Teufel sollte das denn?« Aber dafür kannte sie Ellen viel zu gut.
    Eigentlich war für Leons Stoffhasen kein Platz mehr, aber Zoë drückte mit aller Kraft und quetschte ihn noch ins Seitenfach. Mit einem zweifelnden Blick auf den beinahe explodierenden Rucksack bemerkte ihre Mutter: »Manchmal habe ich den Verdacht, du willst Leon loswerden.«
    »Du etwa nicht?«, erwiderte Zoë. »Er ist doch ein kleines Monster.«
    Immerhin reagierte ihre Mutter auf diesen Scherz und lachte. Sie sah nett aus, wenn sie lachte. Zoë konnte verstehen, dass die Patienten sie mochten und ihr gerne das Herz ausschütteten. Manchmal hätte sie es auch gerne getan, aber aus irgendeinem Grund war das unmöglich. Ihre Mutter hatte genug andere Probleme.
    »Wann holt Fabio Leon morgen ab, Mama?«
    »Schon um halb neun. Er

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