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Schattenauge

Schattenauge

Titel: Schattenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Verachtung.
    Zoë ballte die Hände zu Fäusten. Die Beleuchtung musste gewechselt haben, denn alles war in einen seltsamen Grauton getaucht. Das Blau leuchtete, aber das Rot war kaum noch sichtbar. Selbst Paulas Haar wirkte farblos. Dann entglitt ihr auch dieser Gedanke.
    »Probleme, Zoë?« Irves’ Stimme holte sie von irgendwoher zurück, zog sie abrupt hoch in die Welt der Geräusche und Farben.
    Mit einer Selbstverständlichkeit, die Zoë vor Überraschung reglos verharren ließ, stellte Irves sich links neben sie und legte ihr den Arm fest um die Schultern. Die Berührung war warnend, fast ein Festhalten – und gleichzeitig beruhigend. Jetzt erst merkte sie, dass jeder Muskel in ihrem Körper angespannt war, als sei sie im Begriff loszuschnellen.
    Paula starrte sie mit großen Augen an.
    Rechts von ihr trat der Algerier heran. Jetzt erst fiel Zoë auf, dass er hinkte. Er blieb stehen und verharrte in einer halb lässigen, halb drohenden Haltung.
    »Ich glaube, ihr wolltet gerade gehen«, sagte Irves mit Samtstimme. Er und David waren auf einer Augenhöhe, aber Irves wirkte größer. Einer von den Sicherheitsleuten sah fragend zu Irves herüber, aber er rührte sich nicht.
    »Ob wir gehen, geht dich einen Dreck an«, sagte David.
    Eine Gruppe von Leuten, die lachend durch die Tür drängte, verstummte und drückte sich schnell an ihnen vorbei. Davids Kumpel war sichtlich verunsichert. Es war wie eine Showdown-Szene im Kino. Unwirklich.
    »Wetten?«, erwiderte Irves mit Nachdruck.
    Waffen und Western-Musik , schoss es Zoë durch den Kopf.
    »Nur als Tipp für die Zukunft: Lass meine Freundin in Ruhe, klar?«, setzte Irves ruhig hinzu.
    Peng. Treffer.
    David klappte die Kinnlade nach unten. Zoë konnte seine Gedanken beinahe hören. Sie hat einen Neuen? Dann wurde er blass. Jetzt hätte sie am liebsten gelacht.
    Davids Blick wanderte fassungslos von Irves zu diesem Algerier – wie hieß er noch? French? Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, wie er den linken Mundwinkel zu einem Lächeln hob . Versuch’s! , sagte es.
    Er hatte etwas von einem Vulkan, in dem es brodelte. Abstand!, warnte ihre innere Stimme sie. Halb unbewusst machte sie eine Bewegung zu Irves hin. Noch vor zehn Minuten hätte sie kein Problem damit gehabt, ihn wegen seiner Arroganz abblitzen zu lassen, aber schon jetzt fühlte sich seine Nähe auf eine gute Weise vertraut an. Und dann geschah etwas Seltsames. Sie fühlte eine Schwingung zwischen sich und Irves, ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Zwei gegen zwei.
    »Los, komm schon!«, sagte Davids Kumpel und klopfte diesem auf die Schulter. »Das ist es doch nicht wert.«
    David dachte noch zwei Sekunden nach, dann fluchte er und drehte auf dem Absatz um. Sein Freund folgte ihm sichtlich erleichtert.
    Zoë entspannte sich und sah zu Irves hoch. »Freundin?«, fragte sie mit einem Stirnrunzeln.
    Er ließ sie los und zuckte grinsend mit den Schultern. »Kleines Wort, große Wirkung. Das war doch dein Exfreund, oder?«
    »Allerdings«, sagte sie und musste trotz allem ebenfalls lächeln. »Aber so ein Auftritt wäre nicht nötig gewesen. Er war sauer auf mich, aber er ist überhaupt kein Schlägertyp. Er hätte mir nichts getan.«
    »Um dich hatte ich auch keine Angst«, erwiderte Irves.
    Es war dieser Moment, als die Münze fiel. Auf die Seite für »Ja«.
    Paula war ernst und schweigsam, während sie zum vereinbarten Treffpunkt am Kino liefen. Obwohl es schon März war, war die Nacht so kalt, dass sie ihren Atem sehen konnten. Eine Weile standen sie nur da und hielten Ausschau nach dem blauen Passat von Paulas Bruder. Als die Pause zu groß und unbehaglich wurde, ergriff Zoë das Wort.
    »Ich kann mir vorstellen, was du jetzt denkst«, sagte sie.
    Paula verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln und packte sich fester in ihre Jacke ein.
    »Ich will nicht wie deine Mutter klingen, aber ich sage es dir als Freundin: Du hast ein Problem, Zoë. Und ich mache mir Sorgen um dich. Vielleicht merkst du es selbst nicht, aber du hast dich in letzter Zeit verändert. Und das hat nichts mehr mit normalem Liebeskummer zu tun.«
    Zoë schluckte. Ihr Mund war trocken, ihr Kopf wie mit Watte gefüllt. Das letzte Mal hatte sie sich nach einer durchgemachten Silvesternacht mit zu viel Sekt so gefühlt. Es fühlte sich einerseits nach Kopfweh an, andererseits war sie lange nicht mehr so aufgedreht gewesen. Irgendetwas war passiert. Und zur Abwechslung war es tatsächlich mal was Gutes.
    »Du hättest dich eben

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