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Schattenauge

Schattenauge

Titel: Schattenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Irves Martini. Und er hat mal in einer Band gespielt. Was er zurzeit macht, konnte ich allerdings noch nicht aus ihm rausbekommen. Was meinst du: So, wie er aussieht, ist er entweder ein Model – oder er arbeitet in der Musikbranche. Das würde auch zur Band passen.«
    Zoë antwortete nicht. Sie hatte das verrückte Gefühl, Vibrationen zu spüren wie ein Radioempfänger. Sie kamen eindeutig von der Theke her. Aggression und Zorn schwangen mit und brachten eine Saite in ihr zum Klingen. Hastig warf sie noch einen letzten Blick zurück und wollte dann zur Ausgangstreppe flüchten, als sie jemanden anrempelte. Ein Reißverschluss kratzte über ihr Kinn, ein vertrauter Duft von Leder stieg ihr in die Nase. Sie konnte spüren, wie ihr von einer Sekunde auf die andere alles Blut aus dem Gesicht wich und ihre Knie weich wurden.
    Der schlimmste Fall. Ohne Vorwarnung.
    Vor ihr stand David und sah sie ebenso verblüfft an wie sie ihn.
    Sag was!, befahl sie sich. Etwas Schlagfertiges, Sarkastisches!
    Tausendmal hatte sie sich überlegt, wie sie bei einem solchen Treffen reagieren würde, jetzt aber brachte sie kein Wort heraus. Seine plötzliche Nähe war wie ein Kälteschock. Noch schlimmer war, den Kratzer an der Schulter seiner Jacke zu sehen. Er stammte von der Kletteraktion vor Weihnachten. Ein Stern für Zoë. Die Erinnerungen ratterten durch ihren Kopf wie rasend schnell durchgeblätterte Daumenkinos. Hundert Szenen gemeinsamer Zeit.
    »Na, so was!«, rief Paula David zu. »Bist du uns gefolgt oder hängst du neuerdings in solchen Eso-Klitschen rum?«
    David ging nicht darauf ein. Zoë wurde kalt, als sie sah, dass er nicht allein hier war. Jemand trat hinter ihm durch die Clubtür. Hellbraunes Haar glänzte im Schummerlicht auf. Kälteschock Nummer zwei.
    Ellen?
    Doch dann sah sie, dass es nur ein anderes braunhaariges Mädchen war. Ähnlich hochgewachsen und kräftig wie Ellen. Das war aber auch schon die einzige Ähnlichkeit. Das Mädchen hier hatte von Schminke umschattete Augen. In ihrem Haar schimmerten Glasperlen und unter ihrer Motorradjacke, die offen stand, sah Zoë ein rosa Hemd mit Lederfransen und Stickereien. Sie passte weitaus besser in das Buddha -Ambiente als David, wahrscheinlich war es ihre Stammdisco. Ein Junge aus Davids Basketballgruppe gesellte sich zu den beiden. Für eine Sekunde dachte Zoë schon, dass er und das Mädchen ein Paar waren – bis das Mädchen zu David herantrat, ihm mit einer selbstverständlichen Geste den Arm um die Taille legen wollte und David sie sichtlich ertappt davon abhielt.
    Neben Zoë schnappte Paula hörbar nach Luft, aber Zoë kümmerte sich nicht darum.
    »Hat ja lange gehalten mit dir und Ellen«, sagte sie zu David. »Oder weiß sie gar nichts von deiner Neuen?«
    Das Perlenmädchen hob fragend die Augenbrauen und blickte erst Zoë, dann David an. »Ellen?«, fragte sie ihn. »Welche Ellen?«
    »Zieh Leine, Zoë«, sagte David kühl. »Das geht dich überhaupt nichts an.«
    Noch nie hatte er so mit ihr geredet und sie auch noch nie so angeschaut. Kalt, wütend, als hätte es keine Liebeserklärungen gegeben und keinen Metallstern.
    »Was geht mich nichts an?«, schleuderte Zoë den beiden entgegen. »Dass du mit Ellen seit drei Wochen zusammen bist? Oder dass du hinter ihrem Rücken mit einer anderen herummachst?«
    Dem Perlenmädchen blieb der Mund offen stehen. Sicher wurde sie unter der Schminke blass.
    »Zoë, lass den Idioten! Komm!« Paula fasste sie am Arm und versuchte sie energisch in Richtung Tür zu ziehen.
    Aber Zoë schüttelte die Hand ihrer Freundin grob ab und trat näher an David heran.
    »Was glaubst du, wer du bist?«, fauchte sie. »Denkst du allen Ernstes, du gibst mir hier irgendwelche Befehle, du verdammter Fremdgänger?«
    »Hey!«, schnappte David. »Es reicht!«
    »Ach, meinst du, ja? Ich fange gerade erst an!«
    Davids Kumpel verdrehte genervt die Augen.
    »Wer ist das?«, fragte das Perlenmädchen nun schon deutlich energischer.
    David schnaubte. »Nur meine durchgeknallte Ex aus der Schule«, knurrte er. »Hör nicht auf sie.«
    Er machte einen Schritt nach vorn, um sich an Zoë vorbeizudrängen, doch Zoë dachte gar nicht daran, ihn durchzulassen. Es war nur ein kleiner, kaum spürbarer Klick irgendwo in ihrem Hinterkopf. Eine kaum merkliche Verschiebung der Grenze, die genügte, um alles auszulöschen, was sie bisher noch für David empfunden hatte.
    »Ich hoffe für dich, dass Ellen dich ins All geschossen hat!«, schrie sie

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