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Schattenauge

Schattenauge

Titel: Schattenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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schaffen.
    Zum Cinema war sie bisher nur im Sommer gefahren – mit dem Bus und Gruppen von Leuten, die auch ins Freilichtkino oder zu den Konzerten wollten. Heute war sie überrascht, wie ausgestorben die Gegend an einem Märzabend war. Sobald sie die belebte Hauptstraße mit den Läden und Restaurants hinter sich gelassen hatte, wurde es mit jeder Seitenstraße stiller und leerer. Ein paar Junkies lehnten an einer Mauer; ihr Hund, ein Mischling mit verfilztem Fell, sprang auf und knurrte in Zoës Richtung. Mit einem mulmigen Gefühl ging sie weiter und bog rasch in die nächste Straße ein. Von Weitem sah sie die Bushaltestelle. Gut, ab hier waren es nur noch vier Straßen. Beim Club würde sicher mehr los sein. Wenn sie genau hinhörte, konnte sie sogar Stimmen wahrnehmen. Doch noch war sie allein und ihre Schritte hallten viel zu laut zwischen den Fassaden wider. Voller Unbehagen ließ sie den Blick über die Häuser schweifen. Graffiti. Zerbrochene Scheiben, Verfall. Hatte sie im Sommer nie gemerkt, dass die Häuser am Rand des alten Betriebsgeländes unbewohnt waren? Na ja, wie auch, wenn man Arm in Arm mit Ellen zum Freilichtkino ging, sich unterhielt und lachte und sich für alles andere als für die Gegend interessierte!
    Sie stutzte, als sie ein Geräusch hörte, und verharrte.
    Ein … Schleifen?
    Hinter ihr verstummten Schritte. Die Junkies? , fuhr es ihr durch den Kopf. Maurice? Ode r … Der Schreck schoss ihr wie Eiswasser durch den Körper. … Der Mörder?
    Quatsch, dreh nicht durch , ermahnte sie sich. Klar, er wird ausgerechnet hier im Nirgendwo herumschleichen! Aber die eine Schrecksekunde genügte für ein ganzes Blitzlichtgewitter von Gedanken. Einer davon war die Erkenntnis, dass sie im Notfall nicht einmal die Polizei rufen konnte. Und wenn sie um Hilfe schrie – würden die Junkies sich dafür interessieren? Sicher nicht . Sie zwang sich, sich wieder in Bewegung zu setzen. Der Schweiß brach ihr aus, als sie tatsächlich wieder Schritte hörte. Jemand folgte ihr. Eindeutig.
    Denk nach, Zoë! Ohne Vorwarnung losrennen? In die Seitenstraße? Nein, sie musste dorthin, wo Leute waren: zum Club! Am besten, sie ging bis zur Hausecke, bog ab und rannte dann los.
    In diesem Augenblick fielen ihr zwei Dinge auf. Sie hörte, dass ihr Verfolger keine Schuhe trug. Es waren schleichende Barfußschritte. Die jetzt auf einmal verstummten. Vielleicht doch einer der Junkies. Kurz vor der Straßenecke äugte sie blitzschnell über die Schulter.
    Mit allem hatte sie gerechnet, nur nicht damit: Es war der langhaarige Penner, der vor der Schule auf dem Auto gesessen hatte. Er stand ein ganzes Stück von ihr entfernt. Zoë atmete erleichtert auf. Den Kerl konnte sie locker abhängen. Zudem hatte sie zwanzig Meter Vorsprung.
    Der Mann grinste, duckte sich – und rannte los.
    Und dann verrutschte die Zeit. Im ersten Augenblick war er noch weit entfernt gewesen – und sie dabei davonzuschnellen. Im nächsten traf sie schon ein dumpfer Schlag zwischen den Schulterblättern und brachte sie zu Fall. Ein harter Aufprall, das Gewicht auf ihrem Rücken. Sie landeten beide auf dem Boden. Eine Welle von Gerüchen erstickte sie beinahe. Ihre Hände schrappten über Kies. Ihr wurde schwindelig, doch sie schaffte es, reflexartig herumzurollen und zuzutreten. Wie konnte er so schnell sein? , schrie eine panische Stimme in ihrem Kopf. Was ist hier los? Der Himmel war plötzlich hell und die Augen des Mannes ganz nah. Leuchtende, gelbe Scheiben. Sie wehrte sich mit aller Kraft und brüllte den Kerl an, aber niemand schien sie zu hören. Keine Passanten, keine Anwohner. Sie schlug mit der Faust zu, trat und kratzte und kam schließlich wieder auf die Beine.
    Der Kerl griff nicht noch einmal an. Er hatte keine Waffe, er stand nur da, als würde er lauern.
    Sie wusste nicht, wie sie zum Club gekommen war. Es war, als hätte ihr Gehirn sich wieder für eine Weile ausgeknipst. Und noch weniger konnte sie sich erklären, wie der Blonde es geschafft hatte, vor ihr da zu sein. Auf allen vieren kauernd, erwartete er sie am Eingang des Clubs. Und dor t … Oh nein! Keine Leute. Nur eine abgeklebte Tür, die mit einem Vorhängeschloss gesichert war. Der Club war geschlossen. Zur Straße!
    Zoë bremste keuchend ab, machte eine Kehrtwende und floh in die entgegengesetzte Richtung.
    Beinahe wäre sie dabei gegen eine andere Gestalt geprallt, die schon auf sie zu warten schien. Ein grauhaariger, großer Mann in einem

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