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Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Titel: Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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Schuhabdrücken, schieben sich über die Gänge.
    Mein Platz in der Klasse ist ganz hinten rechts unter dem Poster mit den europäischen Baumarten an einemTisch für mich allein. Dort lasse ich den Unterricht an mir vorüberziehen. Immer das Gleiche, seit Anbeginn meiner Schulzeit hier.
    Heute nicht: Ich spreche. Was für ein Tag! In der Schule antworte ich zum ersten Mal, seit ich da bin, einem Lehrer. «Nein», sage ich, «ich habe keine Hausaufgaben gemacht.» Mit Worten. Schüttle nicht nur den Kopf. Die ganze Klasse dreht sich zu mir um, so überrascht sind sie, meine Stimme zu hören. Vanessa, die links von mir sitzt, Vivien, Alina. Und natürlich Edgar, zwei Reihen vor mir. Edgar, der alle Unterrichtsbögen für mich aufgehoben und sie mir überreicht hat wie ein Geschenk zu Weihnachten. Sie alle lachen nicht, wundern sich nur. Ein paar versuchen sogar, mich anzulächeln. Mein Zurücklächeln misslingt. Ich muss noch üben.
    Zu Hause, heute habe ich nicht die letzten Stunden geschwänzt, treffe ich auf Lotti. Sie erzählt mir von einem großartigen Platz zum Spielen, den sie ein paar Straßen weiter entdeckt hat. Sie hat nämlich jetzt ein Fahrrad. Begeistert erzählt sie: von einem großen Haus, mit einem riesigen Tor und ohne Fenster. Ein Abenteuerspielplatz? Sie schwärmt vom Klettern, vom Springen. Ich höre nicht richtig zu. Denke an den stillen Wald in der Abenddämmerung, den Tannengeruch und an Thursen. Vor allem an Thursen. Kann ich zurückkommen? Zu einem Werwolf? Kann man sich in jemanden verlieben, der gar kein Mensch ist? Nicht immer jedenfalls? Nicht ganz? Ich muss in Ruhe nachdenken. Zeit dazu habe ich ja jetzt.
    Eine verdammte Woche Hausarrest.
    Ich bin allein in der Wohnung und muss mir selbst etwas zu essen machen. Im Kühlschrank hat meine Mutter mir eine Plastikdose hinterlassen. Widerwillig, aber gehorsamfülle ich den Inhalt in einen Topf und rühre darin herum. Es stinkt. Nicht angebrannt, das Essen selbst riecht einfach eklig. Gelbe, zähe, klebrige Kartoffelsuppe. Fabian hätte die auch nicht gemocht. Fabian hätte die auch nicht essen müssen, Fabian hätte Currywurst mit Pommes gekriegt. Aber Fabian ist nicht mehr da. Fast ist mir, als hätte ich den würzigen Geruch von Ketchup in der Nase. Dann ist es doch nur die Kartoffelsuppe, die blubbernd und spotzend anfängt zu kochen. Ich drehe den Herd aus und öffne das Fenster, hoffe, dass die Herbstkühle den Kartoffelsuppengeruch ausradiert. Draußen vor dem Haus fährt Lotti mit dem Fahrrad davon. Sie ist nicht eingemauert in ihrer Wohnung, sie kann fahren, wohin sie will. Mein Neid fährt mit ihr.
    Das Leben ist scheiße. Ich gieße mir den Teller mit der Kartoffelpampe voll und schalte die Stereoanlage im Wohnzimmer an, bevor ich mich zum Essen auf das Sofa setze, was ich nicht soll. Ich drehe extra laut und stelle mir vor, wie die alte Frau über mir von den Bässen aus dem Schaukelstuhl gekippt wird, wie die Scheiben in den Fenstern klirrend meine Musik nach draußen weitergeben. Auf die Straße und in den Hof. Dorthin, wohin ich nicht darf. Beim letzten Löffel, den ich mir mühsam herunterquäle, klingelt es an der Tür. Ich wusste gar nicht, dass die Alte aus der Wohnung oben die Treppe zu uns herunter so schnell schafft. Aber sie ist es nicht. Als ich die Tür öffne, steht da Lottis Mutter. Zierlich ist sie, und es kommt mir vor, als sei sie kaum größer als Lotti selbst. Mir gefällt es, wie die Musik von den Wänden des Treppenhauses widerhallt. Als würde ein Teil von mir das Haus erobern. Lottis Mutter sagt etwas. Ihren Namen. Anja. Ich muss mich zu ihr beugen, um sie zu verstehen. Sie hat Kopfschmerzen,sagt sie und fragt, ob ich nicht die Musik leiser machen könnte.
    «Was sind Kopfschmerzen gegen Hausarrest?», maule ich.
    Sie lächelt. Hätte ich bessere Laune, würde ich es wahrscheinlich verständnisvoll nennen. «Ich muss wieder runter, Lilli ist allein in der Wohnung. Aber wenn du dich langweilst, kannst du uns ja besuchen.»
    Ich seufze, nicke, schließe die Tür und mache die Musik aus. Jetzt ist die leere, kahle Stille wieder da. Ich durchsuche die DVDs, nehme mir einen von den Action-Filmen meines Vaters. Einen von denen, die ich nie sehen durfte, angeblich, damit Fabian sich nicht erschreckt. Dann darf ich sie jetzt wohl sehen, jetzt, wo Fabian nicht mehr da ist. Nach einer halben Stunde und drei Dutzend Toten reicht es mir. Fabian hätte den Film vielleicht wirklich gerne gesehen. Ich nicht.
    Ich lasse den

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