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Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Titel: Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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genieße, dass er den Arm um mich gelegt hat. Mich ganz nah zu sich zieht. Mit jedem Schritt kehrt die Wärme mehr zurück in meine Arme und Beine.
    Endlich frage ich, worauf er die ganze Zeit wartet. «Wo ist die Wunde geblieben?»
    Er lässt mich los, hebt einen Stock auf, schlägt im Vorbeigehen gegen die Stämme, dass das trockene Knallen durch den Wald hallt, fast wie Schüsse. «Verheilt.»
    «So schnell?»
    «Werwolfswunden heilen schneller», sagt er, lässt den armlangen Ast in seinen Händen kreisen wie ein Gaukler auf dem Jahrmarkt seinen Stab. «Jedenfalls die Fleischwunden», setzt er leise hinzu.
    «Knochenbrüche nicht?»
    «Ich meine die Wunden in der Seele. Die heilen nicht. Du spürst sie zwar irgendwann nicht mehr so stark. Aber irgendwie sind sie immer noch da. Ach, ich weiß nicht.» Er schleudert den Stock von sich, hoch hinauf, sodass er die letzten Blätter von den Ästen streift. «Lass uns sehen, dass wir etwas zu essen bekommen.»
    Das meint er doch nicht ernst? «Dein rohes Fleisch kannst du behalten.» Beim bloßen Gedanken daran wird mir übel.
    «Gebratenes Fleisch. Wir machen ein Feuer.»
    «Hier im Wald?»
    Thursen hat schon ein paar trockene Äste aufgehoben. «Luisa! Das ist nicht unsere erste Feuerstelle.»
    Ich bücke mich und sammele mit.
    Als wir im Lager ankommen, tragen wir jeder einen ganzen Armvoll. Thursen beginnt, den Feuerstoß aufzuschichten. Wir brauchen noch mehr Holz und gehen noch einmal los. Langsam beginnt mir die Idee vom Lagerfeuer zu gefallen. Orangerote Flammen, die der Kälte die Schärfe nehmen. Auch wenn es nicht leicht ist, genügend trockene Äste zu finden. Fast alles auf dem Boden scheint feucht und von einer dünnen grünen Schicht Moos überzogen, die an den Händen klebt. Wir kriechen unter überhängende Tannen. Sammeln mit klammen Fingern im Regenschatten von Gebüschen.
    Die Wölfe sind nicht sehr hilfreich. Jerro versucht, einen der gesammelten Zweige wegzuschleppen, bringtihn aber nach einem drohenden Blick von Thursen zurück. Rawuhn zerrt einen Ast heran, den Thursen auf den Stapel legt. Dann stopft er ein paar trockene Blätter aus der Höhle in die Zwischenräume. Setzt sich neben den kegelförmigen Stapel.
    Ich stehe ratlos daneben. «Und jetzt?»
    Er lächelt. «Streichhölzer!»
    Wie auf das Stichwort kommt Norrock gemächlich durch den Wald auf uns zu. Er hockt sich zu Thursen, zieht eine Schachtel Streichhölzer aus seiner Jackentasche und reicht sie ihm. Thursen reißt ein Hölzchen an und hält die Flamme an das Laub. Die Blätter flammen auf, glimmen dann, und mir sticht Brandgeruch in die Nase. «Woher sind die?», frage ich.
    Norrock zieht amüsiert eine Augenbraue hoch. «So was kann man im Laden kaufen. Soll ich dir zeigen, wie das geht? Vielleicht hast du ja die Vorschule geschwänzt.»
    Ich bin wütend. Wünschte, ich könnte ihn mit meinem Blick stechen, treten, mit der viel zu stumpfen Spitze meiner Schuhe. Stattdessen drehe ich ihm den Rücken zu. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er an Thursen heranrutscht. Sehr nah. «Ich weiß jetzt, wann und wo», flüstert Norrock Thursen zu und denkt, ich höre es nicht, weil ich mit den Füßen in das Laub trete, sodass die Blätter raschelnd auffliegen wie erschreckte Vögel.
    «Also?» Thursen bläst in die Flammen.
    «Im Nevada-Haus an der Blücher-Straße. Ich denke, wenn wir um kurz vor Mitternacht auf dem Parkplatz sind, sollte es klappen.»
    Thursen nickt kaum merklich und stochert vorsichtig in der ersten Glut.
    Norrock hat Zrrie, die vom Wasser kommt, entdeckt,steht auf und geht zu ihr hinüber. «Hey!», sagt er und wuschelt ihr durchs feuchte Haar. «Geht’s besser?»
    An langen, geraden Zweigen halten wir Fleischstreifen ins Feuer. Norrock holt ein Tütchen mit Salz aus seiner Jackentasche und reicht es herum. Wir müssen nicht viel Fleisch braten, nur für uns vier Menschen, Thursen, Norrock, Zrrie und mich. Karr ist immer noch Wolf. Und obwohl Lurnak, Jerro und Krestor, ebenso wie Rawuhn und Fath, um uns herum sitzen, weil sie die Wärme des Feuers auf ihrem Pelz mögen, reißen sie ihr Fleisch roh von den Knochen.
    Nach dem Essen lässt Thursen das Feuer ausbrennen. Wir haben eine Weile zusammengesessen, und es ist schon lange dunkel, als die Flammen erlöschen. Karr, der Wolf, scharrt feuchte Erde auf die Asche. Heute endlich hat er wieder gefressen. Vielleicht findet er endlich ins Leben zurück. Jerro und Krestor streiten knurrend um einen Stock. Rawuhn begleitet

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