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Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Titel: Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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aus, als wollte er mein Gesicht berühren, und lässt sie dann wieder sinken. «Was tust du hier?»
    «Du hast gesagt, wenn du mal was für mich tun kannst, dann soll ich zu dir kommen.»
    «Ja, natürlich.» Elias lässt mich in die Wohnung, schließt die Tür hinter mir, und sein Blick verlässt mich nicht.
    Was ist los mit ihm? Irgendetwas ist anders als sonst. Sein Blick ist forschend. Ich habe es nicht gern, wenn man mich so mustert. «Hab ich irgendwas im Gesicht, oder so?»
    «Du siehst verändert aus. Meinst du wirklich, es war eine gute Idee, hierherzukommen?»
    «Verändert? Ich bin höchstens müde, ich habe kaum geschlafen und mich gerade ziemlich mit meinem Vater gestritten.» Und wieso soll es keine gute Idee sein, zu ihm zu kommen? Was denkt er denn, was ich von ihm will? «Du sollst mich nur bei dir einziehen lassen, Elias, nichts weiter. Bei euch stehen doch genug Zimmer leer, hast du gesagt.»
    Sein Blick tastet immer noch über mein Gesicht. Dann fragt er: «Wie lange?»
    Er wird mich doch jetzt nicht wegschicken? «Keine Ahnung. Ein paar Tage?» Wie lange dauert es wohl, bis es meiner Mutter wieder bessergeht? Bis mein Vater sich einkriegt? «Bitte, Elias, ich weiß einfach nicht, wo ich sonst hinsoll.»
    «Na los, komm.» Er nimmt meine Tasche mit den Schulsachen, und ich folge ihm mit dem Trolley. «Hier, nimm das Zimmer.» Er öffnet eine der Türen und lässt mich eintreten. Ein großes helles Zimmer. Hohe Fenster und Holzfußboden hat es. Es sieht fast genauso aus wie das Zimmer, das mir Elias beim letzten Mal gezeigt hatte. Sicher liegt es an dem riesigen Eichenschrank, der auch dieses Zimmer beherrscht. Ich lege meine Hand an die Schranktür und versuche, ein bisschen glorreiche Vergangenheit zu fühlen. Bett, Schreibtisch und Bücherregal dagegen sind nagelneu. Die Matratze ist noch in Folie verpackt und trägt das Verkaufsschild.
    «Ich besorge dir Decke und Kopfkissen», sagt Elias und guckt auf meinen Rollkoffer. «Bettwäsche hast du vermutlich auch nicht gerade dabei, oder?»
    «Nein.» Aber da habe ich etwas anderes drin. Fabi. Wie überall im Haus hängt auch in diesem Zimmer so ein Kirchenbild. Ein leerer Stuhl mit einem Kreuz und Engeln daneben. Nicht gerade mein Stil, ehrlich gesagt. «Macht es dir was aus, wenn ich das Bild abhänge?», frage ich Elias, der gerade aus der Tür will.
    Er dreht sich um und kommt zurück. «Luisa, das ist eine Ikone und stellt die Hetoimasia dar.»
    «Hetoi-was?»
    Er lächelt. «Hetoimasia. Eins der typischen Ikonenmotive. Die Hetoimasia ist der leere Thron Gottes, bereit für seine Rückkehr.»
    Ikone. Vermutlich ist das Bild ziemlich wertvoll. «Ich würde dort gerne das Bild meines Bruders aufhängen.»
    «Das ist der einzige Grund?»
    «Schlimm, wenn ich sage, dass ich das Bild nicht besonders leiden mag?»
    «Hängt es vielleicht damit zusammen, dass neben dem Thron Gottes zwei Engel abgebildet sind?»
    Gut, dass er mir erklärt, was darauf zu sehen ist. «Elias, ich mag das Bild nicht, weil darauf so viel Gold ist, dass man fast nichts anderes mehr erkennen kann. Außerdem ist das dort der einzige verdammte Bilderhaken in diesem Zimmer!»
    Schon wieder schaut er mich mit diesem merkwürdigen Blick an, doch dann seufzt er und ist plötzlich wieder der freundliche Elias, den ich kenne. «Tut mir leid. Natürlich ist dir dein Bruder wichtig.»
    Elias hebt das Ikonen-Bild vorsichtig vom Haken. Vermutlich ist es kostbar und das Gold echt, und ich habe es mir jetzt ganz mit ihm verdorben. Elias trägt das Bild sorgsam aus dem Zimmer. Als er mit dem versprochenen Bettzeug wiederkommt, lächelt Fabi schon von der Wand herab. Elias nickt dem Bild zu, als wäre das Bild lebendig. «Du magst deinen Bruder sehr, nicht?»
    «Mein Bruder ist tot, Elias.»
    «Darum das Bild», sagt er leise, mehr zu sich selbst.
    «Ja, aber dass ich meinen Bruder mochte, ist nicht der einzige Grund. Ich habe immer das Gefühl, dass er enttäuscht von mir ist, wenn ich nicht genug an ihn denke. Tut mir leid, dass ich eure Ikone beleidigt habe.»
    «Ist ja schon gut, du musst dich nicht entschuldigen.»
    «Der Idiot am Eingang wollte mich erst nicht reinlassen. Dann hat er auf einmal einen Anruf gekriegt. Jemand muss ihm gesagt haben, wer ich bin. Warst du das?»
    «Ja, ich habe dich unten auf der Straße gesehen.»
    «Gut, dass du gerade am Fenster standest.»
    «Ich stand auf dem Dach.»
    «Was?»
    «Komm, ich zeige es dir.» Er hält mir meine Jacke hin und geht dann

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