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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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meinen Sachen herumnäht.»
    «Ich habe es nicht gemerkt. Vielleicht war ich eben blöd.»
    Manchmal sieht er doch ganz wie ein Mensch aus, besonders jetzt, wo er sich seine schicke Frisur zerrauft. Ich schlucke den kindischen Kommentar runter, der mir auf der Zunge liegt. Er ist nicht blöd, das weiß ich. Wir waren lange genug Gegner. Hätte er von dem Sender gewusst, hätte er nicht zugelassen, dass ich ihm so einfach die Flicken abreiße. «Wieso bist du hier?»
    «Kann ich euch trauen?»
    «Können wir dir trauen?»
    Luisa gibt Elias seine Jacke zurück. «Wie hast du uns überhaupt gefunden?», fragt sie.
    «Ihr schnitzt die Namen eurer Toten in Bäume. Haddrice ist tot. Da liegt es doch auf der Hand, dass irgendwann jemand von euch Werwölfen kommt, um einen neuen Trauerbaum zu schnitzen.» Elias hebt seine Sachen auf, wischt den Schmutz ab und verstaut sie wieder in den Jackentaschen.
    «Hast du ihm von den Trauerbäumen erzählt, Luisa?» Die Trauerbäume waren ganz allein unsere Sache. Ich habe den ersten Baum geschnitzt für sie und nur für sie. Mir kommt schon wieder die Galle hoch, wenn ich mir Elias und Luisa vorstelle, wie sie bei einer Tasse Tee zusammensitzen und über Dinge plaudern, die nur Luisa und mich etwas angehen. Verfluchte Eifersucht. Ich ramme mein Messer in die Rinde des Baumes, den Luisa ausgesucht hat, und ziehe es mit einem Ruck hinunter. Das wird das H für Haddrice. Ich will Elias’ Erklärungen nicht hören. Ich will die Namen in die Bäume schnitzen und dann weg hier, bevor die Shinanim auftauchen. Die Shinanim, die jetzt eine Landkarte vor sich haben, auf der vermutlich ein Punkt blinkt, der genau unseren Standort anzeigt.
    Luisa grollt. «Ja, das habe ich ihm erzählt, aber da wusste ich noch nicht, was das für einer ist!»
    Was das für einer ist! Ich hole tief Luft. Luisa hat sich für mich entschieden, nicht für ihn, mahne ich mich. Ich arbeite schneller.
    «Das mit Nick tut mir wirklich leid, Luisa.» Er sieht sie bittend an. «Ich hätte ihn niemals so rückhaltlos unterstützen dürfen. Ich wünschte, ich hätte genauer hingesehen, was er wirklich tut, und mehr an seine Opfer gedacht.»
    «Die Einsicht kommt ja ziemlich spät», sage ich. Als Luisa nicht antwortet, mache ich weiter und ziehe das Messer durch die Rinde. Zwei schräge Schnitte für das A. «Das Mädchen, für das dieser Baum ist, war auch eins von Nicks Opfern. Wie willst du dich bei ihr entschuldigen? Und bei …» Ich zeige mit dem Messer in der Hand auf den Baum mit dem Lichterglas davor. «… Sjöll?»
    «Haddrice hat meinen Bruder getötet. Sie hat ihre Rache bekommen.»
    «Und du hast Haddrice getötet. Ich habe dich mit dem Gewehr gesehen.» Mein Messer steckt fest. Der Bogen vom D geht nicht so einfach, wenn man wütend ist. Verdammt. Ich grabe mich durch die Rinde. Endlich habe ich alle Buchstaben.
    «Auch wenn ihr es mir nicht glauben werdet, ich habe nicht geschossen», sagt Elias. Doch da irrt er sich. Ich glaube ihm. Es bleibt auch so noch genug übrig, um ihn zu hassen.
    «Bist du fertig?», fragt mich Luisa.
    «Noch ein Baum für Lurnak …» Ich drehe mich zu Elias. «… den ihr mit euren Hubschraubern zu Tode gejagt habt.»
    Elias schiebt seine Hände in die Jackentaschen. «Kein Trauerbaum für Edgar?»
    «Schnitz du doch. Soll ich dir mein Messer leihen?», frage ich. Wende mich zu ihm um, wiege das Messer in der Hand und stelle mir vor, wie ich es nach ihm werfe. «Wohin hättest du es denn gerne?»
    Elias weicht nicht zurück, hebt nicht einmal abwehrend die Hände. Stumm steht er da und wartet, was ich tue. Selbstsicherer Mistkerl. Und die Shinanim wissen genau, wo er jetzt ist.
    Luisa lenkt ihn ab von unserem Blickduell. «Was ist euch Shinanim nur eingefallen, Edgar zu uns zu schicken?», faucht sie ihn an. «So einen hilflosen Kerl ins feindliche Lager. Gerade du weißt doch, wie gefährlich Werwölfe sein können! Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?»
    Elias seufzt. «Es war sein Wunsch. Edgar wollte unbedingt gehen und die wichtige Aufgabe für den Orden übernehmen. Er hat geglaubt, weil ihr ihn kennt, würdet ihr ihm nichts tun.»
    «Es stimmt, ich bin ihm begegnet, als ich noch Werwolf war und er noch keiner von euch. Wir haben ein vermisstes Mädchen gesucht, und er hat uns geholfen, ohne zu fragen. Damals dachte ich wirklich, er sei einer von den Guten.»
    «Er war einer von den Guten. Er wusste nicht, dass er euch in eine Falle locken sollte, genauso wenig, wie

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