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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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stellt sich dann zu Edgar etwas abseits. Der Neue kniet sich zögernd hin, und Zrrie stupst ihn aufmunternd an. Norrock nickt ihr zu, sie heult als erste. Wir fallen ein. Nein, ich nicht, ich bleibe stumm. Ich fühle Thursens Hand warm in meiner, habe die andere in Mauriks’ borstigen Wolfspelz gegraben und halte den Kreis geschlossen. Hat Norrock recht? Soll der Junge Werwolf werden, auch wenn das Erste, was er tun wird, davonlaufen ist? Und wenn die Shinanim uns einholen, muss er vielleicht um seine Freiheit kämpfen, kämpfen auf Leben und Tod.
    Und wenn wir ihn nicht verwandeln? Wir Werwölfe werden gesucht, wir können ihn nicht in ein Krankenhaus bringen, wo sich Menschen darum kümmern, dass er nicht noch mal versucht, seinem Leben ein Ende zu setzen.
    Sie beginnen zu heulen. Alle bis auf Thursen und mich sind jetzt Wolf. Mauriks’ kratziger Pelz zittert unter meinem Griff, als die erste Kraftwelle heranrollt. Zrrie ist in Fell gehüllt, und der Junge flackert einen Moment vor meinen Augen. Sein Wolfsein ist so kurz. Es reicht gerade für einen einzigen Heulton, der mich schaudern macht. So viel Leid, so viel Schmerz liegen darin. Schmerz, den er vergessen haben wird, schon so bald. Vielleicht ist es doch richtig, was Norrock sagt?
    Der Neue ist wieder Mensch. Schnee liegt auf seinen Haaren und auf den Schultern seiner Jacke. Schnee, der eben noch auf seinem Wolfsfell lag.
    «Hey, was machst du denn? Bleib Wolf, wir brauchen jeden!» Norrock kommt zurück in seine alte Gestalt, dann Mauriks. Dann sind auch Polmeriak, Glowen und Irudit Menschen. Sie sind bereit, unserem neuen Rudelmitglied bei der zweiten Verwandlung zu helfen. Wieder heulen sie. Unter meiner Hand wird Mauriks’ Jackenstoff zu borstigen Haaren, zum gleichen Zeitpunkt, als auch Irudit und die Wolfsgeschwister ihre Gestalt wechseln. Sie nehmen den Neuen mit in die Wolfsform. Diesmal sitzt er schon eine volle Minute lang als Wolf in unserem Kreis, angespannt, zitternd. Das ist seine zweite Verwandlung. Die dritte macht ihn unumkehrbar zum Werwolf. Hat er schon die drückendsten Sorgen vergessen? Seine Wolfsgestalt vergeht in dem Augenblick, als Thursen die Hände herunternimmt und den Kreis bricht.
    «Wer bist du?», fragt er den Neuen. «Wie lautet dein Wolfsname?»
    «Woher soll ich den kennen?», fragt der namenlose Werwolf zurück. Hustet, als er vor der Heiserkeit in seiner Stimme erschrickt, die alle Werwölfe nie mehr loswerden.
    «Du weißt ihn. Sag einfach, was dir in den Sinn kommt.»
    Er spricht langsam, als müsste er sich konzentrieren, damit nicht statt Sprache auf einmal Heulen aus seiner Kehle kommt. «Seddram.»
    «Willkommen, Seddram», sagt Polmeriak.
    «Gut», sagt Thursen und steht auf. Rückversichert sich mit einem Blick zu Norrock, dass er weiterreden soll. Norrock ist zwar Mensch, kniet aber am Boden, die Hände in den Schnee gegraben, als hätte er Sorge, die Erde würde ihn abwerfen wie ein bockendes Pferd. Ja, es ist besser, Thursen spricht.
    «Gleich werdet ihr euch mit Seddram zusammen das dritte Mal verwandeln. Aber erst einmal sollt ihr noch etwas wissen. Kommt her. Du auch!», sagt Thursen zu Edgar, der unschlüssig abseits steht. «Und Rieke, du auch. Keine Angst, wir reden nur.»
    Rieke und Edgar stellen sich hinter die Wölfe und hören ihm zu.
    «Wir sind gewarnt worden.» Thursen tritt in die Mitte des Kreises, damit ihn jeder sehen kann. «Die Shinanim wollen uns nicht fangen und die Dämonen austreiben, es ist schlimmer. Ihr Oberster, Vittorio, ihr Erzshinan, weiß von dem Tor, das wir beschützen.»
    «Wer sagt das?», fragt Irudit. «Wieder euer Elias? Ist Elias nicht der, der Haddrice erschossen hat?»
    «Er hat nicht geschossen.»
    «Und das glaubt ihr?», fragt Irudit.
    «Ja. Luisa kennt ihn aus ihrer Menschenzeit.»
    Mauriks lacht. «Da muss sie ihn aber ziemlich gut kennen, wenn er sie freiwillig vor seinen eigenen Leuten warnt und ihr so was sagt!» Thursen kümmert sich nicht um ihn. «Wir glauben ihm, auch wenn er vielleicht nicht über alles informiert ist. Wichtig ist: Wenn Vittorio von dem Tor weiß, dann wird er es suchen.»
    «Moment mal!», sagt Edgar. «Es gibt wirklich so ein Tor? Wie in den alten Legenden? Und ihr bewacht es, den direkten Eingang zur Hölle?»
    Thursen nickt. «Das Tor führt zur Welt der Toten. Hel, Hades, Niflheim, die Welt der Toten hat viele Namen. Ist es für dich die Hölle? Überleg mal, wo geht deine Seele hin, wenn du stirbst, Edgar?»
    «Na ja, in den Himmel,

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