Schattenbraut - Black, L: Schattenbraut - Takeover (1)
Theresa schon nicht mehr mit einer Antwort rechnete. »McKissack ist eineinhalb Jahre länger dabei. Er ist ein Vollidiot, aber das zählt ja weder hier noch in der Politik. Egal, vergiss es. Habt ihr was in dem Schreibtisch gefunden?«
Paul ließ sich jedoch nicht ablenken. »Vielleicht ist es genau das, was du brauchst, um McKissack zu übertrumpfen. Ein netter Fall mit oberster Priorität und Regierungsanbindung – vorausgesetzt natürlich, wir lösen ihn vor deinem Gespräch.«
»Sicher.« Ein flüchtiges Lächeln umspielte Franks Lippen. »Wir haben dann also, lass mich kurz überlegen, vierunddreißig Stunden, um den Mörder von Mr. Bankrevisor zu finden.«
Theresa sagte plötzlich besorgt: »Er arbeitet für eine Bank …«
Paul wusste, worauf sie hinauswollte. »Und jetzt werden seine Frau und sein Kind vermisst. Aber das ergibt keinen Sinn. Wenn man sie entführt hätte, um ihn um Geld seiner eigenen Bank zu erpressen, warum hat man ihn dann umgebracht?«
Frank überlegte. »Vielleicht hat das Ganze ja gar nichts mit der Bank zu tun, und sie hat ihn aus anderen Gründen umgebracht. Dann ist sie in Panik geraten und mit dem Kind abgehauen.«
»Das wäre besser. Denn wenn die erste Theorie zutrifft, dann haben wir da draußen einen Kidnapper, der mit einem toten Bankrevisor keine Verwendung mehr für Mutter und Kind hat …«
»Und daher allen Grund, sie loszuwerden«, vervollständigte Paul den Satz.
Theresas Vorgesetzter Leo blickte auf den toten Körper auf der fahrbaren Krankentrage herab, als wäre dieser etwas, das Theresa auf einem Flohmarkt auf dem Weg zur Arbeit aufgesammelt und es mit Leos Geld bezahlt hätte. »Was ist das denn?«
»Mark Ludlow. Vor seiner eigenen Haustür ermordet worden.« Sie leuchtete mit einer kleinen, sehr hellen Taschenlampe die klaffenden Wunden im Schädel des Toten ab und hielt diese mit ihrer freien Hand vorsichtig auseinander. Sie wollte auf keinen Fall das Muster der Verletzungen oder eventuelles Beweismaterial zerstören, bevor der Pathologe die Leiche genau untersucht hatte, doch sie musste ihre Chance nutzen, ehe der Körper für die Autopsie vorbereitet wurde. Der Mann war schnell gestorben, sein Haar war zwar blutverklebt, aber nicht durchtränkt. Sein Herz war rasch stehen geblieben und hatte kein Blut mehr durch die zerstörten Kapillaren gepumpt. Daran sah Theresa, dass er nicht verblutet war, sondern dass der Druck auf seinen Schädel sein Gehirn daran gehindert hatte, selbst unbewusste Muskelbewegungen wie das Atmen zu befehlen.
Der Chef der Spurensicherung trank mürrisch einen Schluck Kaffee. Zehn weitere Bahren standen um ihn herum, alle mit einer düsteren Last beladen. Das morgendliche Meeting, oder die »Beschau«, stand kurz bevor, bei dem sich die Abteilungsleiter und die Pathologen zusammenfanden, um über die anstehenden Fälle zu sprechen und die Autopsien zu verteilen. »Als ob wir nicht genug zu tun hätten.«
»Sie sagen das, als ob es meine Schuld wäre.«
»Wenn ich mich nicht irre, müssen Sie noch drei Sätze Kleidung untersuchen, die von den gestrigen Selbstmorden und dem plötzlichen Kindstod. Und das National Transportation Safety Board hat sich angekündigt, um die Rettungsgeschirre von dem Helikoptercrash letzte Woche anzusehen. Abgesehen davon, dass sowieso jeder zu spät kommen wird, weil alles wegen der verdammten Außenministerin abgesperrt ist, die Cleveland mit ihrer Anwesenheit beehrt.« Doch er sagte dies alles eher abwesend, nicht wirklich davon betroffen. Ihr Arbeitsgebiet war ein reaktives, sie kamen erst zum Einsatz, wenn das Verbrechen schon geschehen war. Solange Theresa so viele Fälle betreute, dass Leo nichts davon zu übernehmen brauchte, war seine Welt in Ordnung.
Jetzt rümpfte er die Nase über eine Frau, die einer Herzattacke zum Opfer gefallen war und mehrere Tage in ihrer Küche gelegen hatte, bevor man sie fand. Gerade wollte er etwas dazu sagen, als er plötzlich unterbrochen wurde.
»Theresa!« Don Delgado kam ungewohnt hastig auf sie zu und schob dabei eine Bahre mit einer Leiche zur Seite, um in dem schwach beleuchteten Korridor schneller voranzukommen. Während die Bahre unsanft an die Wand stieß, umfasste der junge DNA -Analyst ihre Schultern, woran Theresa erkannte, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. »Theresa, wir haben ein Problem.«
Ihre Kehle schnürte sich zu. »Rachael«, krächzte sie.
»Nein.« Seine olivfarbene Haut war blass, was sie noch mehr erschreckte. »Dein
Weitere Kostenlose Bücher