Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
Vom Netzwerk:
unserer Seetüchtigkeit? Ha, wir kommen auch ohne Turmbinder zurecht!« Parzer strich über das goldene Armband. »Es ist wahr, die Verbindung mit Fareghi schwächelt ein wenig. Entweder sprecht ihr Schlickrutscher die Wahrheit, oder Stolling gießt aus Geiz zu wenig Öl in die Flammen des Leuchtfeuers.« Er horchte auf das Flattern der Segel. »Wir werden bereits langsamer.«
    »Parzer!« Der Matrose am Steuerrad fuchtelte mit den Händen. »Dort, in nördlicher Richtung … das riecht nach Ärger!«
    Auf offener See waren Schiffe zu erkennen; zwei Dutzend Karacken in Reihenformation.
    Aelarian erblaßte. »Eine Flotte! Wie konnten wir sie übersehen?«
    »Parzers Wellentänze haben uns abgelenkt«, sagte Cornbrunn. »Die Schiffe sind noch etliche Seemeilen entfernt, halten aber mit großer Geschwindigkeit auf uns zu.«
    Parzer pfiff durch die Zähne. »Ich erkenne gyranische Segel; sieht so aus, als schaukelte dort König Tarnacs Flotte auf den Wellen. Die Schmeißfliegen des Silbermeeres schwärmen aus.«
    Aelarian nickte. »Ja, du hast recht … aber was treibt Gyrs König auf die offene See hinaus? Ich dachte, er verteidige den Süden seines Reichs gegen die Goldei!«
    »Er hätte sich den Echsen ergeben sollen, so wie die Kathyger«, erwiderte Cornbrunn. »Kein Land konnte ihnen bisher standhalten.«
    »Offenbar sucht Tarnac sein Heil auf dem Meer. Ich frage mich, wohin seine Flotte steuert.« Aelarian dachte nach. »Will der gerissene Hund etwa die Gunst der Stunde nutzen, um die Inseln des Silbermeeres zu besetzen? Das Kaiserreich ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um Widerstand leisten zu können.«
    »Das wäre ein wahres Schurkenstück.« Cornbrunn bückte sich, um seinen Kieselfresser Knauf zurück auf die Hand zu nehmen. »Nun, wir haben damit nichts zu schaffen. Laßt uns von hier verschwinden.« Parzer knirschte mit den Zähnen. »Nichts leichter als das. Diese lahmen Pötte trudeln auf den Wellen wie Treibholz; ich werde sie zu einem Tänzchen herausfordern.« Er spitzte die Lippen und küßte den Turmbinder. Dann scheuchte er den Fischer vom Steuerrad fort. »Weg da, Kaulquappe! Laß dir zeigen, wie Parzer der gyranischen Seuche das Fürchten lehrt.«
    Würfel tanzten auf der Tischplatte; trudelten umher, schlugen mit klickerndem Laut aneinander und kamen schließlich zur Ruhe.
    »Zweimal die Zwei, Mäulchen - was sagst du jetzt?« Mit überlegenem Grinsen malte Ungeld, Krabbensammler aus Rhagis und leidenschaftlicher Spieler, mit einem Stück Kreide einen Kringel auf den Tisch. »Das wäre ein Vorsprang von drei Kreisen … sieht so aus, als ob du auch morgen in den Genuß der Nachtwache kommst.« Sein feistes Gesicht glänzte vor Siegesgewißheit.
    »Spar dir dein Sprüchlein.« Mäulchen, die junge Fischerin, grabschte nach den Würfeln und ließ sie in den Händen klackern. »Noch steht ein letzter Wurf aus; dann sehen wir mal, wer am Ende seinen Ranzen über das Deck schiebt.« Sie wischte sich die Strähnen aus dem Gesicht, damit Ungeld ihre tödlichen Blicke erhaschen konnte.
    »Einen Ranzen habe nur ich«, kicherte Ungeld und massierte seinen Kugelbauch, »es sei denn, du verbringst weiterhin deine Nächte in Parzers Koje. Mein Wanst wird morgen abend in Frieden die Schnäpse verdauen, während du dürres Gerippe im Nachtfrost klapperst.«
    »Ich sollte dir deine gezinkten Würfel in den Arsch schieben. Diesmal gilt's!« Schwungvoll entließ Mäulchen die Würfel aus ihren Händen. Sie prallten von der Tischplatte ab, fielen zu Boden und rollten auf den Bohlen weiter, bis ein Lederstiefel sie stoppte.
    »Zweimal die fünf«, sagte eine Frauenstimme. »Du hast aufgeholt, Mäulchen.«
    Mäulchen feixte. Ungeld aber sprang auf und richtete den Zeigefinger auf die Frau, die soeben in die Kajüte getreten war. »Das ist gegen die Regeln, Ashnada. Siebenwurf ist ein heiliges Spiel; niemand darf in den Flug der Würfel eingreifen, sonst geschieht ein Unglück.«
    »Das glaube ich gern, denn mit diesem Ergebnis hast du verloren.« Ashnada hob die Würfel auf und zeigte die oben liegenden Flächen. »Die Nachtwache geht an dich. Zieh dich warm an; es ist kalt an Deck, wenn die Sonne untergeht.«
    Ungeld schritt auf Ashnada zu und entriß ihr die Würfel, um sie in seinen Turban zu stopfen. »Ich habe letzten Winter eine ganze Woche vor Morthyls Küste festgesessen, als mein Boot im Eis festfror; obwohl ich fast nackt war, habe ich mich mit einer Handvoll Krabben und ein paar Raschen am Leben

Weitere Kostenlose Bücher