Schattenbrut (German Edition)
ahnt nicht, was sie verpasst. Es muss mir egal sein. Alles läuft wie geplant. Die Wahrheit wird ans Licht kommen und SIE wird daran zerbrechen.
Nur darum geht es.
Eigentlich ging es nie um jemand anderen als um SIE. Billy darf keine Rolle mehr spielen.
Ich beuge mich herunter und löse den Draht von seinem Hals. Es ist nicht einfach, das dünne Metall hat sich tief in sein Fleisch gegraben.
Ich hole eine Plastiktüte aus meiner Tasche, wickle den Draht zusammen und lege ihn in die Tüte. Dann ziehe ich meine Handschuhe aus und stopfe sie dazu. Ich werfe einen Blick auf den toten Körper. Alles läuft nach Plan. Ich brauche Billy nicht mehr. Ich muss sie töten. Alles ist gut.
Etwas ist anders. Unbekannt. Ich fühle mich einsam.
30.
Als sie erwachte, schien die Sonne bereits durch das Dachfenster und Billy warf einen erschrockenen Blick auf den Wecker. 8.24 Uhr. Schleunig stand sie auf, nahm eine Dusche und zog saubere Kleidung aus ihrer Tasche. Ursula hatte unten den Frühstückstisch für zwei Personen gedeckt und war sorgfältig frisiert und geschminkt.
»Frühstückst du nicht mit uns?«, fragte Billy und zeigte auf den Tisch.
»Mir gehen die Lebensmittel aus. Ich fahre nach Emmendingen und kaufe ein.« Sie musterte ihre Tochter mit besorgtem Blick. »Wie geht es dir?«
»Ich habe einen Entschluss getroffen.« Sie atmete tief ein. »Ich werde nachher zur Kripo gehen und Oren anzeigen.«
»Bist du sicher?«
»Ja.« Sie rieb unruhig ihre Finger gegeneinander. »Nein, bin ich nicht. Aber ich muss es tun. Nur die Polizei kann die Wahrheit herausfinden. Sie kann prüfen, ob Oren mit Clarissa Kontakt hatte, sie hat die technischen Möglichkeiten, um einen Mord nachzuweisen. Vielleicht hast du recht und er ist unschuldig. Nichts würde ich mir mehr wünschen. Aber falls er es nicht ist, dann ist er gefährlich.« Sie senkte denn Kopf und dachte an Tamys Worte. »Ich muss es tun.«
Ursula kam auf sie zu, nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich. Als sie sich von Billy löste, strich sie ihr über die Wange. »Du tust das Richtige. Und ich bin sicher, dass Oren unschuldig ist.«
»Das wäre schön«, sagte Billy leise, obwohl sie kaum Hoffnung hatte.
»Sollen wir zusammen nach Emmendingen fahren? Ich könnte dich zur Polizei begleiten.«
Billy lachte verhalten. »Nein danke.«
»Sicher?«
»Ganz sicher.« Es war schwer genug für Billy, sie wollte nicht noch Ursula leiden sehen. »Schläft Tamy noch?«, fragte sie, um das Thema zu wechseln.
»Ja. Sag ihr Grüße, ich freue mich, wenn sie noch etwas hier bleibt.« Ursula hastete durch die Küche und legte sich Einkaufstaschen und ihren Geldbeutel zurecht. »Wann willst du gehen?«
»Demnächst.«
»Tu mir einen Gefallen und nimm Tamy mit.«
Billy verdrehte lächelnd die Augen. »Ich bin erwachsen.«
»Aber Tamy hat Angst. Es wäre mir lieber, wenn du sie nicht hier alleine lässt. Sie kann ja draußen warten, wenn du mit der Polizei sprichst.«
»Okay.«
»Das klingt jetzt nach >Du hast recht und ich habe meine Ruhe<« Ursula hob mahnend den Finger, und obwohl sie lächelte, wusste Billy, dass sie es ernst meinte.
»Ich werde sie fragen, ob sie mit will. Versprochen.«
Ursula schlüpfte in einen leichten Mantel, warf Billy einen letzten, eindringlichen Blick zu und verließ das Haus. Billy holte eine Tasse und schenkte Kaffee ein. Suchend blickte sie sich nach den Zigaretten um. Sie fand den sauberen Aschenbecher im Schrank, ihre Schachtel lag ordentlich daneben. Sie grinste. Offenbar hatte Tamy aufgeräumt.
Sie holte Schachtel und Aschenbecher heraus und zündete sich eine Zigarette an. Sie wusste, dass sie ihren Rückfall bereuen würde, aber im Moment hatte sie andere Probleme. Und sie hatte fast vergessen, wie gut Nikotin zum Kaffee schmeckte. Sie schob sich auf die Eckbank und zog ihre Beine hoch. Dann streckte sie den Arm rücklings und öffnete schwerfällig das Fenster hinter sich. Klare Luft strömte in die Küche und vermischte sich mit dem Rauch, als Tamy die Treppe hinunter kam. Sie trug die gleiche Kleidung wie am Vortag und sah noch blasser aus als sonst. Billy schenkte ihr eine Tasse Kaffee ein und schob sie über den Tisch, als Tamy sich setzte.
»Ich habe über deine Worte nachgedacht«, begann Billy. »Ich werde zur Polizei gehen und alles erzählen, was ich weiß.«
»Echt?« Tamy riss ihre Augen auf.
Billy lachte. »Ja, echt.« Dann wurde sie wieder ernst. »Du hast recht mit dem, was du gesagt
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