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Schattenbrut (German Edition)

Schattenbrut (German Edition)

Titel: Schattenbrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Seider
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hast mich so sehr geliebt, dass du mich nie nach der Wahrheit gefragt hast. Du hast gelogen, um dich selbst zu schützen. Um dir das Gerede der Leute zu sparen.«
    » Ich habe dich immer geliebt.« Eine Träne rinnt über ihre trockene Haut. Gerne würde ich ihr den Draht über den Kopf streifen und ziehen. Sehen, wie sie nach Luft schnappt. Mich ansieht. Erkennt, was sie angerichtet hat.
    Aber sie muss leben. Leben mit ihrer Schuld.
    » Du hast mich nie geliebt. Auch bevor du mich für eine Mörderin gehalten hast.« Ich denke daran, wie ich unter der Eckbank saß. Ich wollte meiner Mutter und meiner Großmutter nur einen Streich spielen. Plötzlich hervorkommen und sie erschrecken. >Du musst sie zu einem Psychologen bringen<, sagte meine Großmutter. Und meine Mutter gab zurück: >Das bringt nichts. Sie hatte schon immer einen Schatten auf der Seele. Sie ist einfach so.< Einen Schatten auf der Seele. Ich atme ein und konzentriere mich. Den Schmerz in Kraft verwandeln. Billy. Mut.
    » Du hattest Angst vor mir«, spreche ich die bittere Wahrheit aus. »Du hattest immer Angst vor mir, weil ich die Schattenbrut war.«
    Aus der Träne ist ein Rinnsal geworden, das sich in ihrer Halsbeuge sammelt. »Es tut mir leid.«
    Ich runzle spöttisch die Stirn.
    » Hast du es gewusst?«, fragt sie. »Das mit Frank meine ich.«
    » Ich habe nur gewusst, dass ich ihn nicht getötet habe.«
    » Die Frau hat gesagt, dass zwei Menschen gestorben sind. Innerhalb von einer Woche.«
    » Und?«
    » Hast du ...?« Sie schließt wieder die Augen.
    » Willst du denselben Fehler nochmal machen?«, gebe ich zurück.
    » Bitte.« Sie sieht mich an.
    » Es liegt an dir.« Mit diesen Worten drehe ich mich um und verlasse den Raum. Ich weiß, dass sie schweigen wird. Wie immer. Ich habe mein Ziel erreicht. Der Trost dieses Wissens ist weniger süß, als ich geglaubt habe.

36.
     
    Billy betrachtete das Blatt Papier und schloss die Schublade wieder. Dann betrat sie das Wohnzimmer. Fichtenholz und Pastellfarben. An der Wand über dem Fernseher hingen Bilder. Billy trat näher heran. Bilder von Marianne Heilmann, Katja und einem Mädchen mit dunklen Haaren und den hellen Augen ihrer Mutter. Das musste Viola sein, Frau Heilmanns Tochter.
    »Komme se langsam?« hörte sie es draußen und ging schnell zurück in den Flur. Der Mann steckte seinen Kopf von draußen durch die Tür. Er trug jetzt keine Latzhose mehr, sondern eine verblichene Jeans, die mithilfe strammer Hosenträger festgehalten wurde.
    »Bin schon da.«
    Die Tür öffnete sich vollständig und Billy trat nach draußen. Der Mann schloss die Tür.
    »Was habbä se gemacht?«, wollte er wissen.
    Billy warf ihm ein Lächeln zu und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Sein Gesicht wurde noch röter und er grinste verlegen.
    »Sie haben mir sehr geholfen«, sagte sie, lief die Treppe hinunter und winkte ihm kurz, bevor sie in ihren Wagen stieg.
    »Was willst du hier?«, fragte Tamy sicherlich zum fünften Mal.
    »Ich erkläre es dir später. Sag mal, du hast erzählt, dass ein Mädchen auf dem Roller vor dem Haus war, als du damals Franks Haus verlassen hast.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »War es so?«
    »Ja.«
    In dem Moment sah Billy, wie Tamys Gesicht erstarrte. Sie drehte sich um. Aus dem Haus von Almut Himmel kam Katja. Sie sah zu Billy herüber und kam langsam auf sie zu.
    »Fahr weg«, wimmerte Tamy.
    »Sei ruhig.« Billy stieg wieder aus. Katja blieb vor ihr stehen. Aus den Augenwinkeln nahm sie die Blicke des Mannes wahr, der jetzt vor seinem eigenen Haus stand. Er würde ihr sicherlich helfen, sollte Katja erneut zuschlagen.
    »Sie wagen sich hierher«, begann Katja gefährlich ruhig.
    »Die Polizei sucht nach Ihnen«, gab Billy zurück.
    »Sie haben meinen Bruder auf dem Gewissen. Sie haben meine Familie zerstört. Meine Mutter glaubt, dass ich zwei Menschen getötet habe. Und sie trauen sich, hier aufzutauchen.«
    Billy nickte. »Es tut mir so unglaublich leid, was ich getan habe«, antwortete sie ehrlich.
    »Und Sie meinen, das reicht?« Katjas Augen glühten.
    »Nein, das tut es nicht. Ich würde so gerne alles rückgängig machen, aber ich kann es nicht.«
    In diesem Moment hörte sie die Sirenen eines herannahenden Polizeiautos.

37.
     
    Es war fünf Minuten vor acht, als es an der Tür klopfte. Billy trank den letzten Schluck Kaffe aus ihrer Tasse. Es war, als würde ihr Blut nur noch aus Koffein bestehen, das wie ein reißender Bach durch ihre Venen floss. Sie hatte in

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