Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
öffnete und sich ihr so langsam näherte, als befürchtete er, ihr Körper würde seine Handinnenflächen durch ihre Kleidung verbrennen. Der Stoff ihres Shirts verklettete sich mit den rauen Innenseiten seiner Hände. Er atmete ihren Geruch ein, was ein tiefes, grollendes Geräusch in seiner Brust verursachte. Joana wurde schwindelig, teils aus Angst, teils aus Erleichterung und teils auch, weil ein wenig der verbotenen Hoffnung zerbrach, Nicholas könne etwas anderes geworden sein – und nicht länger ein Dämon.
Ihr war nicht klar, ob er einen Schritt auf sie zumachte oder sie ein wenig zurücksank, aber mit einem Mal lag ihr Rücken dicht an seiner Brust. Sie war hart wie Stein, seine Haut rau, aber irgendwo tief darunter schlug sein Herz dumpf und regelmäßig. Sie konnte sich nicht helfen, sie musste immer an ein Gewitter denken, das sich am Horizont aufbaute und mit drohendem Donner verkündete, dass es bald kommen würde, um sich zu holen, was ihm zustand.
Sie versuchte, sich zu entspannen. Er mochte der Nybbas sein, war aber immer noch ihr Geliebter – der in jeder Sekunde in diesem Körper dagegen an kämpfte, ihr den Kopf von den Schultern zu reißen. Jetzt, da nichts und niemand außer ihr ihn von seiner Freiheit trennte n , mehr denn je.
„Was sind wir eigentlich?“, flüsterte sie und schloss die Augen. In ihrem Bauch bewegte sich etwas, es fühlte sich an wie aufsteigende Bläschen, und als der Nybbas ein heiseres Knurren ausstieß, das klang, als zerrisse seine Beherrschung, spannte Joana im Reflex die Hände an.
„Wag es ruhig, mich anzugreifen. Versuch, mich zu töten, wenn du willst. Ich verbiete dir nichts, das am wenigsten. Aber tu es nur, wenn du selbst zu sterben bereit bist.“
Er verschwand im Bruchteil einer Sekunde. Kurz war alles still. Zu still. Dann japste Nicholas im Bett hoch nach Atem, keuchte und gab ein Geräusch von sich, als droh t e er zu ertrinken. „Er ist noch da“, waren seine ersten Worte, die sie verstand, als sie noch befürchtete, er würde sich jede n Moment übergeben. „Er ist tatsächlich noch da.“ Nicholas legte sich beide Hände auf die Brust und sah an sich h in ab , als könnte er es nicht glauben, und ihr wurde bewusst, dass er nicht davon ausgegangen war, sich noch verwandeln zu können. Er hatte einen tot geglaubten Teil von sich wiedergefunden , und ohne dass er lächelte, strahlte ihm förmlich die Erleichterung aus den Augen. Waren sie wieder etwas dunkler geworden, oder lag das an der schwachen Beleuchtung und seiner bleichen Haut? Die Verwandlung hatte ihren Tribut gefordert. Nicholas schien selbst im Sitzen zu schwanken und nur darum nicht vornüber zu kippen, weil er sich auf die Fäuste stützte. Seine Arme zitterten.
Joana ging zu ihm und rieb ihm die Schultern. „War es schwer?“
„Die Überwindung war schwer. Ich hätte nicht ge dacht, dass es noch möglich ist und noch weniger, dass ich es kontrollieren kann. Ich dachte, er sei verhungert oder würde vor Hunger außer Kontrolle geraten.“
Daher hatte er es bisher nicht gewagt. Joana hatte sich gerade wieder gefasst, da wurde ihr auch schon wieder flau. „Du hast es geschafft“, kam ihr atemlos über die Lippen.
„Ich musste es versuchen, oder nicht? Bevor wir darüber reden, ob ich vorspielen kann, etwas zu sein, was ich nicht bin, musste ich sicherstellen, dass ich noch bin, was ich glaube , zu sein.“
Das war nicht ganz ohne Logik. Ihre Finger gruben sich unbeabsichtigt tief in seine Muskeln. Wenn er den Mut hatte, etwas auszuprobieren , obwohl es gefährlich war , und eine unaussprechliche Enttäu schung drohte, die das Leben aus der Bahn warf, dann sollte ihr dies auch gelingen. Eine ihrer Hände löste sich von seiner Schulter, rutschte bebend und unsi cher bis in seine Halsbeuge. Hielt inne und strich höher, über seinen Hals in den Nacken, wo ihre Fin ger in seinem Haaransatz verschwanden. Sie wollte keine Ablehnung in seinem Gesicht sehen und noch weniger neutrales Ausharren, also schloss sie die Augen. Versuchte , zu fühlen.
Wir sind doch immer noch dieselben.
Sie gab sich die größte Mühe, ihn nicht zu dirigie ren, nichts zu verlangen, sondern nur anzubieten, aber als hätten sie ein Eigenleben, drückten ihre Hände seinen Kopf an ihre Brust und ihre Brust hob sich und reagierte auf seine Lippen durch den Stoff mit einer inneren Hitze, die sie aufstöhnen ließ. Sie hatte sich so lange mit Wünschen begnügen müssen, immer überlagert von Angst, ihn nie
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