Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Titel: Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
Vom Netzwerk:
musste ihr wie ein Stück des Himmels vorgekommen sein. Sicher, auch Jilseponie vermochte sich kaum ein betörenderes Paradies vorzustellen als die Gärten und Felder mit ihren säuberlich beschnittenen Heckenlabyrinthen, den Vögeln, den Dutzenden von Brunnen und den endlosen Reihen bunter Blumen, in deren Beeten ganze Völkerscharen glücklicher Bienen summten.
    Aber Jilseponie verstand auch Rogers Klagen, denen sie von ganzem Herzen zustimmte. All dieser Pracht ging jede Tiefe ab; sie diente lediglich dem Zweck, ein Ausmaß an Ausschweifung und Heuchelei zu übertünchen, das alles überstieg, was sie zuvor gesehen hatte.
    »Ich freue mich durchaus, hier zu sein«, sagte Roger zu Jilseponie; es klang fast so, als wollte er sich entschuldigen. »Einen so wichtigen Tag würde ich mir niemals entgehen lassen. Nur ertrage ich diese abschätzigen Blicke nicht! Mein Gott!«, entfuhr es ihm, als er eine Frau sah, die im Vorübergehen die Nase rümpfte. »Hättet Ihr vielleicht die Güte, mir zu verraten, wie viele Günstlinge des geflügelten Dämons Ihr im Krieg getötet habt? Und wie viele Menschenleben habt Ihr gerettet?«
    Die Frau schien schockiert und suchte rasch das Weite.
    »Sie war doch noch ein Kind, als die Günstlinge Bestesbulzibars unsere Heime im Norden bedrohten«, erklärte Abt Braumin, der herüberkam, um sich zu den dreien zu gesellen.
    »Aber mich hält sie für ein Nichts, für einen Niemand«, beschwerte sich Roger. »Die Verachtung stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Sie verhöhnen uns, weil wir nicht von adliger Herkunft sind, dabei …«
    »So beruhige dich doch, Roger«, bat ihn Jilseponie.
    »Willst du das etwa abstreiten?«, ereiferte sich der junge Mann, dessen schmale, kantige Züge vor Wut noch schärfer hervortraten.
    »Ganz und gar nicht«, erwiderte Jilseponie. »Aber es schert mich nicht, und daher sollte es auch dich nicht kümmern.«
    Roger schüttelte wutschnaubend den Kopf. »Ob sie dir mit derselben Verachtung begegnen werden, wenn du erst Königin bist?«, sagte er leise, wie zu sich selbst.
    Woraufhin Jilseponie abermals amüsiert lachte; dabei fiel es ihr wirklich nicht leicht, Rogers Bemerkung einfach abzutun; aber viel schwerer fiel es ihr, schwerer, als sie sich nach außen hin anmerken ließ, diese Einstellung zu ignorieren, die man ihr gegenüber an den Tag legte. Natürlich freute sie sich, dass ihre Freunde – diese drei, sowie die Ordensbrüder Viscenti, Castinagis, der jetzt der Pfarrer der Kapelle von Avelyn war, und Talumus, sowie Kapitän Alu’met – auf der Saudi Jacintha nach Ursal gereist waren, um ihrer Hochzeit beizuwohnen, Aber ihr Besuch hatte auch eine Schattenseite. Er erinnerte Jilseponie unentwegt daran, wie sehr sie diese Freunde vermisste – und auch andere, wie Belster O’Comley, der die Reise nicht hatte antreten können. Hier an Danubes Hof herrschte eine Leere, die sich nicht einfach übersehen ließ, zumal sie bezweifelte, dass sich die Dinge mit den Tagen, Wochen oder Jahren entscheidend verbessern würden. Jilseponie war überzeugt, dass jeder hier ihre Einsamkeit teilte, nur hatten die Menschen, der Adel, nie ein anderes Leben gekannt, hatten nie wahre Freundschaft kennen gelernt und wussten daher vermutlich auch nicht, was sie überhaupt bedeutete. Somit hatten sie nur eine unklare Vorstellung, was ihnen entging. Danube selbst war gut zu ihr, und in den Stunden, wenn er sich von seinen Amtsgeschäften befreien und bei ihr sein konnte, war sie durchaus glücklich.
    »Sobald sie erfahren, dass du Baron von Palmaris bist, werden sie dir mehr Respekt entgegenbringen«, sagte Jilseponie, da Roger noch immer übellaunig vor sich hin brummelte.
    »Aber sicher, und alle Hofdamen werden sich an ihn ranschmeißen und versuchen, ihm schöne Augen zu machen«, bemerkte Dainsey in gespieltem Ärger und knuffte Roger gegen die Schulter.
    Roger wollte protestieren, musste dann aber, ein wenig hilflos, lachen. »Ich bezweifle weder das eine noch das andere«, gestand er. »Was diesen Ort in meinen Augen nur noch unerfreulicher macht.«
    »So schlimm ist es nicht«, sagte Jilseponie.
    Als Abt Braumin sie daraufhin merkwürdig ansah, wurde ihr klar, dass er ganz genau wusste, wie es tatsächlich um ihre Gefühle stand.
    »Ganz recht«, sagte er und nahm Rogers Arm, als dieser etwas erwidern wollte. »Alle schweren Prüfungen werden mehr als wettgemacht durch das Gute, das Jilseponie der Welt bescheren wird, wenn sie erst die Krone der Königin

Weitere Kostenlose Bücher