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Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Titel: Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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kleine Lächeln, das stets dann um ihre Mundwinkel spielte, wenn sie etwas ganz besonders Verruchtes ausheckte. Sie wussten nicht, wie hart und mitleidlos sie ihre ehemaligen Begleiter hatte fallen lassen, jene Männer, die De’Unnero in Micklins Dorf in Stücke gerissen hatte. Diese ach so unschuldige junge Frau hatte keinen zweiten Gedanken auf die Mörderbande verschwendet.
    Als er sie dort in ihrer ganzen Anmut sitzen sah, konnte De’Unnero nicht anders, er lachte amüsiert in sich hinein. Wie er sie liebte und zugleich fürchtete! Sie weckte in ihm die innigsten Gefühle und tiefsten Ängste, alles gleichzeitig, und stets fühlte er sich bei ihr an der Schwelle zwischen Verderben und höchstem Glück.
    Er machte sich wieder daran, den Hirsch auszunehmen, und musste an den süßen, warmen Geschmack des Blutes im Maul des Tigers am Abend zuvor denken. Seltsamerweise, und ohne dass er es bewusst mitbekam, schlug dieses Gefühl in die Erinnerung an den Geschmack von Sadyes süßen Lippen um.
    Bei dem dieswöchigen Dorffest war Sadye in Höchstform und riss die fünfzig Dorfbewohner und eine Gruppe von Leuten aus dem weiteren Umland mit ihren Liedern aus dem Dämonenkrieg zu wahren Beifallsstürmen hin. Vor allem über einen Mönch sang sie, einen Meister aus St. Mere-Abelle namens Marcalo De’Unnero, woraufhin sie ihr Gefährte, als er ihre kleine Neckerei durchschaute, mit einem finsteren Seitenblick bedachte.
    Aber Marcalo De’Unnero konnte diesen finsteren Blick nicht lange aufrechterhalten. Sadye war in Bestform, spielte mit dem Feuer und genoss es jeden Augenblick. De’Unnero spürte, wie ihre Erregung wuchs, als ihre Anspielungen, der Krieger De’Unnero weile noch immer unter den Lebenden und befinde sich womöglich ganz in der Nähe, immer verfänglicher wurden.
     
    Des Kämpfens müde und die Blutgier gestillt
    Stand den Menschen der Sinn nach Versöhnung
    Sie wollten den Krieger brennen sehen
    Denn Hass war allenthalben die Lösung.
    So versuchten sie ihn mit vereinter Kraft
    Und in Überzahl Zahl zu vernichten.
    Doch bis heute ist’s nicht vollbracht
    Und man sucht seine Leiche vergeblich.
     
    Also hütet euch, Kinder daheim
    Hütet euch, ihr Jäger draußen im Wald
    Denn nachts in den Dörfern
    Und auf den Feldern, sonst still wie ein Grab
    Hört man ein Grollen, das Zeichen für
    Den Meister, den Krieger, das Katzentier.
     
    Sie trug es überaus lebendig vor, manchmal mit kraftvoller Stimme, dann wieder mit rauchigem, bedrohlichem Flüstern. Bei jeder Silbe wanderten ihre Augen umher und schienen geradezu über die Männer und Frauen und besonders die wenigen Kinder im Publikum herzufallen, denn ganz offensichtlich fand Sadye Gefallen an ihren erschrockenen Blicken und ihren angstvoll aufgerissenen Augen. Ab und zu sah sie sich nach ihrem Geliebten um, der aber einfach nur wie vom Donner gerührt dastand.
    Das Fest ging bis spät in die Nacht, und Sadye musste auf Bitten der Dorfbewohner jedes Lied mehrmals wiederholen. Nur selten fand sie einen Augenblick alleine mit De’Unnero; meist reichte es bloß für ein paar lüstern geflüsterte Versprechungen, was sie später mit ihm zu tun beabsichtigte, woraufhin sie lachend rasch vor ihm davonlief. Als schließlich auch der letzte der Dorfbewohner den Schankraum verlassen hatte, konnte De’Unnero sie endlich über ihr neues Lied zur Rede stellen.
    »Du bringst uns mit jedem Tag in größere Gefahr«, schimpfte er, legte den Arm um Sadyes Hüfte und zog sie mit einem Ruck zu sich heran.
    »Du meinst, es wird mit jedem Tag aufregender«, erwiderte sie mit einem Funkeln in den Augen, und De’Unnero spürte geradezu die Hitze, die von ihrem zierlichen Körper ausging.
    De’Unnero sah ihr fest in die Augen, in diese stechenden, beängstigenden Augen.
    »Geh mit mir hinaus in den Wald«, sagte Sadye. »Jetzt gleich.«
    Es war ein Angebot, das er nicht ausschlagen konnte.
    Eine Weile später hockte er, mehrere hundert Meter vom Dorf entfernt, auf einer kleinen Lichtung vor einem Lagerfeuer. Hier draußen war alles ruhig; die Bewohner von Masur Tuber waren erschöpft von ihrem rauschenden Dorffest. Ganz anders Sadye. Das Feiern schien die ohnehin sich ganz ihren Gefühlen hingebende Frau noch zusätzlich anzuspornen. Sie saß ihrem Geliebten nackt gegenüber und zupfte gedankenversunken ihre Laute.
    Dazu noch disharmonisch, wie De’Unnero jetzt auffiel, als besonders ein Ton sein Missfallen erregte, und schließlich noch ein zweiter. Gerade wollte er

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