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Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Titel: Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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Leute zu finden, die bereit waren, über ihren schmerzlichen Verlust zu sprechen. Eigentlich hätte ihm ihre Geschichte mehr zu Herzen gehen sollen – zwei Männer waren umgekommen und einer, von dem nicht mehr übrig geblieben war als seine zerfetzte, blutgetränkte Kleidung, war verschleppt worden – tatsächlich aber wog der junge Hüter, während er konzentriert ihrer Geschichte lauschte, nur ab zwischen möglichem Nutzen und endgültigem Versagen auf seinem einmal eingeschlagenen Weg.
    »Ach, und dann dieses arme Ding, Sadye«, sagte eine alte Frau. »Sie war es, die die Kleider ihres toten Mannes als Erste gefunden hat. Daran ist sie zerbrochen, bestimmt.«
    »Sie hat sie als Erste gefunden?« Aydrian horchte auf. »Wo finde ich diese Sadye, damit ich mir ihre Geschichte selbst anhören kann?«
    »In Palmaris, würde ich sagen«, behauptete einer der Männer. »Sie sagte, sie wolle nach Hause zurück, und das hat sie dann wohl auch getan. Dabei vermisse ich ihren Gesang jetzt schon, wirklich.«
    »Und nicht nur ihren Gesang«, beteuerte die abergläubische Alte und machte beim Sprechen das Zeichen des Immergrüns, des abellikanischen Symbols des Lebens. »Sie war eine richtige Prophetin, das hab ich selbst gesehen und gehört.«
    »Wie das?«, fragte Aydrian.
    »Wo sie doch von dieser Bestie gesungen hat«, sagte die Alte.
    »Sadye ist eine Bardin«, klärte ihn einer der Männer auf. »Sie kam zu uns in den Ort, um die Geschichte von Micklins Dorf zu erzählen. Leider hat dann kurz darauf ihren Mann dasselbe Schicksal ereilt!«
    »Sie stammte aus Micklins Dorf?«, fragte Aydrian, mittlerweile ziemlich hellhörig geworden. Und die Bestie hat sie bis hierher verfolgt, dachte er bei sich.
    »Genau. Sie erzählte, sie sei durch diesen vermaledeiten Ort gekommen«, antwortete der Mann. »Und jetzt ist sie auf dem Weg nach Palmaris. Möge Gott ihr beistehen, dass sie es bis nach Hause schafft.«
    Während einige ein paar Gebete für die arme Sadye murmelten, verliefen Aydrians Überlegungen längst in anderen Bahnen als denen des Mitgefühls. »Erzählt mir doch bitte«, forderte er die Anwesenden auf, »von den Liedern, die diese Bardin Sadye für euch gesungen hat.«
    Das trug ihm einige fragende Blicke ein, er behielt seinen gelassenen Gesichtsausdruck jedoch bei und ließ sich seinen aufkommenden Verdacht – vielleicht nicht unbedingt Verdacht, eher eine Ahnung – nicht anmerken.
    Daraufhin sangen ihm die Dorfbewohner jede Menge von Sadyes Liedern vor; alte und neue, Oden, die bereits seit Jahrhunderten im Umlauf waren, aber auch völlig neue Stücke. Insbesondere eines der letzteren ließ Aydrian aufhorchen.
    Die Ode von Marcalo De’Unnero.
    Für den Geschmack des jungen Hüters passte das alles ein wenig zu gut zusammen.
    Die Leute boten ihm eine Hütte an, in der er wohnen konnte, solange er wollte, dieselbe Hütte, die auch Sadye und ihr Mann, Callo, während ihres kurzen Aufenthalts in Masur Tuber bewohnt hatten. So ungeduldig er war, seine Jagd endlich fortzusetzen, Aydrian war klug genug, ihr Angebot anzunehmen, und blieb über einen Monat im Dorf. Tagsüber half er aus, wo immer er konnte – bei der Jagd und den täglich anfallenden Arbeiten –, jeden Abend aber war er darauf bedacht, ungestört in seine Hütte zurückzukehren, um dort, in einem verborgenen Winkel, das Orakel aufzusuchen.
    Dort erfuhr er dann auch von Palmaris und Marcalo De’Unnero. Er gewann keine eindeutigen Erkenntnisse, eher allgemeine Eindrücke; die wichtigste Lektion für Aydrian in diesen Tagen beim Orakel war jedoch die Gewissheit, dass die schattenhaften Figuren, die er auf den trüben Hintergrund der Spiegelfläche projizieren konnte, eigentlich aus zwei sehr unterschiedlichen Wesen bestanden. Oder aus einem mit widersprüchlichen Empfindungen, denn die Gefühle, die er jetzt bezüglich jenes Mannes empfing, in dem er mittlerweile den Wertiger vermutete, waren äußerst unterschiedlich. Von der einen Erscheinungsform empfing er nichts als Hass auf den Mann, während von der anderen eher so etwas wie Respekt ausging.
    Sehr viel mehr war dem aber nicht zu entnehmen. Daher konzentrierte sich Aydrian nach einigen Tagen wieder mehr auf die Gegenwart und versuchte sich aus dem Gehörten – sowohl über Micklins Dorf als auch über die Tragödie in Masur Tuber – ein klares Bild von dieser Bestie zu machen. War für beide Zwischenfälle ein und dieselbe Kreatur verantwortlich?
    Für Aydrian war die Antwort ein klares und

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