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Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Titel: Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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wenigstens ein- bis zweimal pro Woche, und oft war es Sadye, die sie mit Hilfe ihrer disharmonischen Klänge hervorlockte. Mehrmals schon hatte Marcalo seine Tigergestalt angenommen, ohne dass Sadye ihn fortgescheucht hatte. Stattdessen hatte sie Stunde um Stunde, die ganze Nacht hindurch, bei ihm gesessen, ihre kleine Laute die einzige Barriere zwischen ihrem nackten Überleben und der gefährlichen Bestie.
    Mittlerweile hatte sie überhaupt keine Angst mehr vor dem Wertiger; und auch Marcalo glaubte längst nicht mehr, dass er sie jemals töten oder auch nur verletzen würde.
    Doch obwohl er Sadye liebte und ihr Beisammensein genoss, war die Situation für den ehemaligen Mönch alles andere als glücklich, auch wenn dieses Leben es De’Unnero gestattete, sich von den leidenschaftlichen Trieben in seinem Innern Erlösung zu verschaffen; einmal, indem er Sadye liebte, aber auch, indem er dem Wertiger auszubrechen erlaubte. Wie auch immer, die Enttäuschungen der letzten zehn Jahre waren nicht von der Hand zu weisen, und obgleich Sadye ihm jetzt einen sehr viel aufregenderen Weg wies, so hatte seine Reise dennoch kein Ziel.
    Vielleicht am aufregendsten war es für De’Unnero, wenn er als Wertiger durch den Wald streifte und sein mächtiges, knurrendes Gebrüll von sich gab – und ganz genau wusste, dass es meilenweit bis in die nächsten Dörfer drang. Er sah die zitternden Dorfbewohner geradezu vor sich, wenn sie diesen mächtigen Ruf vernahmen.
    In einer dieser Nächte, es war ein warmer Spätfrühlingsabend im Jahr des Herrn 841, wurde das Knurren des Wertigers von einer sachten Brise zu den Bewohnern eines kleinen Dorfes getragen, unter ihnen ein junger Mann, der im Ort zu Gast war.
    Aydrian saß augenblicklich kerzengerade da, als er das Geräusch vernahm; sein Herz pochte und seine Augen waren weit aufgerissen. Es dauerte eine Weile, bis er den Mut aufbrachte, seine Kleider und die magischen Steine zusammenzusuchen, sein Schwert zu ergreifen und die Scheune zu verlassen, die die Dorfbewohner ihm großzügigerweise als Schlafgelegenheit überlassen hatten.
    Es waren bereits zahlreiche Dorfbewohner auf den Beinen: sie waren auf dem zentralen Dorfplatz zusammengekommen.
    »War das etwa deine Katze?«, fragte ein Mann, als Aydrian sich ihnen näherte.
    Ein weiteres Brüllen zerriss die Nacht, und Aydrian sah, wie Kinder sich vor Angst an ihre Eltern klammerten – ein Anblick, der ihn lähmte und auf seltsame Weise zutiefst berührte. Er sagte sich aber, dass er sich derartige Regungen nicht anmerken lassen durfte, da sie der wahren Größe eines Kriegers im Wege standen. Hätte er sich in seiner Kindheit unentwegt an seine Mutter oder auch an Lady Dasslerond geklammert, er hätte nie im Leben den Mut aufgebracht, jetzt in den dunklen und Unheil verkündenden Wald zu gehen.
    »Morgen früh kannst du seine Spuren sehen«, sagte ein anderer Mann.
    »Ich werde dieser Katze noch vor dem Morgen das Fell über die Ohren ziehen«, erwiderte Aydrian, der Nachtfalke, und zückte sein Schwert, während seine andere Hand locker auf dem Beutel mit seinen magischen Steinen lag und ihm Sicherheit gab. Sich jedes Kunstgriffs bedienend, den die Elfen ihm beigebracht hatten, um sich anhand der Umgebung zu orientieren und einen klaren Kopf zu behalten, entfernte sich Aydrian von der Gruppe. Seine Muskeln waren bis zum Äußersten gespannt und kampfbereit, als ihn die Dunkelheit aufnahm.
    Er entdeckte den Wertiger – oder dieser ihn – neben einer Straße ein gutes Stück außerhalb des einsam gelegenen Dorfes. Mit einer schnellen, fließenden Bewegung, so als wollte sie sofort angreifen, sprang die große Katze auf den Weg, aber als Aydrian die entsprechende Verteidigungshaltung einnahm und ihr direkt in die Augen sah, schwenkte sie zur Seite ab und begann ihn zu umkreisen, ohne ihn auch nur einen Augenblick aus den Augen zu lassen.
    In diesem Moment wusste Aydrian, dass dies, wie er vermutet hatte, kein gewöhnliches, von der Natur geschaffenes Tier war. Hinter diesen Katzenaugen funkelte eine bösartige und unzweifelhaft menschliche Intelligenz. Wie klar der junge Hüter dies erkannte! Bereits nach wenigen Augenblicken, während er sich drehte, um den ihn umkreisenden Tiger stets genau im Blick zu haben, merkte Aydrian, dass er den Hämatit in der Hand hielt und seine Gedanken wahrscheinlich unbewusst durch den Stein hindurch projizierte, um seine Sinne für das wahre Wesen dieser Bestie zu schärfen.
    Doch bevor er diesen

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