Schattenelf - 2 - Das Turnier
stattgefunden?«, fragte der falsche Adlige in die Runde.
»Anlässlich der königlichen Hochzeit«, rief jemand.
»Das war eine Schaudarbietung, kein echtes Turnier«, widersprach sofort ein anderer mit einem unverkennbaren Unterton von Begeisterung in der Stimme.
De’Unnero enthielt sich jeder weiteren Bemerkung und ließ die Saat einfach aufgehen – was auch tatsächlich geschah; plötzlich redeten alle durcheinander, man solle doch zur Feier von Danubes Geburtstag ein prunkvolles Turnier abhalten, und andere meinten: »Wieso hat keiner von uns früher daran gedacht?«, oder: »Es wird das prunkvollste Turnier werden, das Ursal je erlebt hat!«
Die aufgeregte Debatte nahm kein Ende und gewann mit jedem Widerspruch an Schwung. Die Planungen hatten ihren Höhepunkt erreicht, als Herzog Kalas in die Runde zurückkehrte.
»Ein Turnier?«, wandte er sich skeptisch an seinen unmittelbaren Nachbarn.
»Ein prunkvolles Fest, mein Herzog! Ein Fest und ein Turnier anlässlich des Geburtstags unseres Königs Danube!«, erwiderte der Adlige begeistert.
Kalas stand da, strich sich über seinen Ziegenbart und hörte zu. De’Unnero hatte den Eindruck, als wäre zumindest seine Neugier geweckt, auch wenn ein letzter Rest von Skepsis blieb. Der falsche Adlige rückte seine Augenklappe zurecht und stellte sich unmittelbar neben den Herzog.
»Würden nicht sämtliche aufstrebenden jungen Ritter aus dem ganzen Land herbeieilen, um daran teilzunehmen?«, raunte er Kalas zu.
Der Herzog streifte ihn mit seinem Blick.
»Insbesondere, wenn diese jungen Ritter sich Hoffnungen machen können, eines Tages an der Seite des mächtigen Herzog Kalas und seiner Allhearts zu reiten«, fügte Brutus von Oredale hinzu, bevor er sich entfernte und es Kalas überließ, diesen pikanten Konflikt selbst zu entwirren.
»Die Beinschienen gefallen mir nicht«, beschwerte sich Aydrian und schüttelte sein Bein, so dass Garechs Gehilfe, der ohnehin schon in tief gebückter Haltung neben ihm hockte, auf dem Allerwertesten landete.
»Aber Ihr müsst Eure Beine schützen!«, beharrte Garech Callowag. »Ein tief angesetzter Hieb gegen Eure Knie würde Euch zu Boden strecken.«
»So nah kommt ohnehin niemand an meine Beine heran«, erwiderte Aydrian in seiner typisch überheblichen Art.
»Erklärt Ihr es ihm«, wandte sich Garech an Sadye, die etwas abseits saß und an dem unablässigen Gezänk zwischen dem jungen Krieger und dem Waffenschmied offenbar ihre helle Freude hatte – zumal die Rüstung mittlerweile nahezu fertig war.
»Was soll sie mir erklären?«, ereiferte sich Aydrian. »Wie ich zu kämpfen habe? Selbst völlig unbekleidet und nur mit einem Besenstiel in der Hand könnte ich noch den stärksten Krieger im Kampf besiegen, Garech, auch wenn Ihr ihn in einen Eurer Metallkokons steckt.«
Falls sich Garech davon beeindrucken ließ, so wusste er dies gut zu verbergen. »Darüber unterhalten wir uns, wenn Euch das Schwert eines Gegners tief unten getroffen hat und Ihr sechs Hände kürzer seid«, lautete seine trockene Antwort.
»Es reicht jetzt, Aydrian«, erklärte Sadye. »Du benimmst dich wie ein Narr.«
Der junge Krieger funkelte sie wütend an.
»Muss ich dich daran erinnern, dass du deinen ersten Kampf nicht gegen einen Feind ausfechten wirst?«, fuhr sie fort. »Es wird ein Tjost sein, ein Turnier unter Kriegern, bei dem die prachtvolle Darbietung mindestens ebenso wichtig ist wie der Ausgang des Kampfes. Lass dir die Beinschienen anpassen, und dann trage sie im Turnier, damit deine Rüstung keine Lücken aufweist.« Als sie geendet hatte, deutete sie auf die restlichen Rüstungsteile, die man um eine Aydrian nachgebildete, an der Wand lehnende Kleiderpuppe geschnallt hatte.
Und welch eine prachtvolle Rüstung das war! Ein kompletter, aus Silber und Gold gefertigter Plattenpanzer, der vom Scheitel bis zur Sohle reichte, auf Hochglanz poliert und an verschiedenen Stellen mit magischen Steinen besetzt. Garech hatte, in Anlehnung an die Panzerung der Allhearts, der gesamten Rüstung einen silbrigen Glanz verleihen wollen, De’Unnero aber wollte, dass Aydrian selbst diese vortrefflichen Krieger noch in den Schatten stellte, und hatte auf goldenen Posamenten bestanden. Die einander überlappenden Platten waren so angelegt, dass sie jeder Veränderung von Aydrians Körper entsprechend angepasst werden konnten. Sie ließen sich leicht und mühelos bewegen, erzeugten dabei ein Minimum an Geräuschen und erlaubten
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