Schattenelf - 2 - Das Turnier
Junge auf sein Anraten hin angenommen hatte. Die Vorstellung entlockte dem ehemaligen Mönch ein niederträchtiges Grinsen. Ja, er verlangte viel vom jungen Aydrian, aber er hatte den Jungen im Kampf erlebt und wusste nur zu gut, wie geschickt er mit den magischen Steinen umzugehen verstand, und er wusste auch, dass die Zuschauer dieses Turnier nicht so schnell vergessen würden.
Aydrian, in seiner ganz gewöhnlichen Bauernkleidung, stand neben Sadye und De’Unnero und schüttelte angewidert den Kopf, als der nächste Pfeil das Ziel weit verfehlte und das lange Feld hinunterflog, das man für den Wettkampf der Bogenschützen, traditionell der erste Wettkampf eines Turniers, vorbereitet hatte. Hier wetteiferten nicht etwa königliche Ritter, sondern einfache Bauern und Jäger miteinander.
»Ein so leichtes Ziel würde ich im Leben nicht verfehlen«, sagte Aydrian leise zu seinen beiden Gefährten. Er konnte seine Enttäuschung, nicht zu diesem Wettkampf zugelassen zu sein, nicht länger im Zaum halten. »Ich könnte genau ins Schwarze treffen und würde mit dem nächsten Schuss meinen Pfeil noch in der Mitte spalten!«
»Du würdest nicht mal eine Chance auf einen zweiten Schuss erhalten«, widersprach De’Unnero. »Auch wenn es sonst niemand merken würde, Königin Jilseponie würde die Federn oben an deinem Bogen ganz bestimmt erkennen.«
»Dann hätte ich für den Wettbewerb doch einen einfachen Bogen nehmen können«, beklagte sich Aydrian. »Einen Unterschied hätte das wohl kaum gemacht. Am Ausgang würde sich nichts ändern.«
De’Unnero wandte sich um und lächelte den jungen Krieger an. »Du hältst dich für besser als all diese Männer hier?«, fragte er.
»Auf jeden Fall«, lautete die klare Antwort.
»Na schön«, sagte der ehemalige Mönch. »Ausgezeichnet. Und wenn du König bist, steht es dir frei, ganz nach Belieben Turniere abzuhalten und dich zu beweisen – dann kannst du von mir aus auch deinen Elfenbogen benutzen. Jetzt aber rührst du dich nicht von der Stelle und schaust zu.«
Aydrian wollte etwas erwidern, hielt sich aber zurück, denn er hatte sich schon den gesamten Vormittag mit De’Unnero über diesen Punkt gestritten, nachdem er und Sadye unauffällig in der Stadt eingetroffen waren. Obwohl sie unangemeldet gekommen waren, hatten sie darauf geachtet, dass einige Leute ihre Ankunft beobachteten und sahen, dass sie die vollständige Ausrüstung eines Turnierteilnehmers auf ihrem kleinen Wagen mit sich führten.
Doch De’Unnero hatte beschlossen, den Landjunker Aydrian von Brigadonna an diesem Tag, dem zweiten des großen Festes und dem ersten der ritterlichen Turnierwettkämpfe, nicht mehr öffentlich anzukündigen. Aydrian gegenüber hatte er erklärt, er wolle sich dies noch aufsparen, einmal der größeren Wirkung wegen, aber auch, damit er fortfahren konnte, die notwendigen Gerüchte unter den Adligen zu streuen. Aydrian hatte natürlich protestiert, denn am liebsten hätte er sich sofort in den Wettbewerb gestürzt. Aber das hatte De’Unnero schlichtweg abgelehnt und ihn daran erinnert, dass er, und nicht Aydrian, das Sagen hatte.
Aydrian wollte den Streit nicht erneut aufleben lassen und hakte nicht weiter nach. Er wandte den Blick von dem langweiligen Bogenwettbewerb mit seinen unfassbar mittelmäßigen Schützen ab, bei dem ein Treffer eher auf Glück denn auf Können zurückzuführen war, und konzentrierte sich stattdessen auf den königlichen Pavillon mit seiner erhöhten Tribüne und dem Zeltdach, unter dem der König und die Königin sowie verschiedene Adlige Platz genommen hatten, darunter auch Herzog Kalas in seiner prachtvollen silbernen Rüstung. Der Pavillon wurde auf allen Seiten von Rüstung tragenden Allhearts flankiert, die ihren geliebten König vor dem Pöbel schützten.
Rasch blieb Aydrians Blick an der Frau an Danubes Seite hängen, an Jilseponie, seiner Mutter.
Seiner Mutter!
Fragen stürmten auf ihn ein: Wieso hatte Lady Dasslerond ihm diese Frau verschwiegen? Warum hatten sie und die anderen Elfen darauf beharrt, Aydrians Mutter sei im Kindbett gestorben? Es konnte kein Zweifel bestehen, dass Lady Dasslerond, eines der am besten unterrichteten Geschöpfe überhaupt, die Wahrheit kannte und wusste, dass Jilseponie nicht nur lebte und wohlauf war, sondern auch als Königin über das bedeutendste Königreich herrschte.
Und wieso hatte De’Unnero es ihm erzählt? Er war dem Mann zu Dank verpflichtet, sicher, trotzdem fragte er sich, inwieweit
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