Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
zu verantworten hat.«
Damit stürmte sie, Prinz Midalis im Schlepptau, entschlossen weiter. Als sie sich dem Turm von Pireth Dancard näherten, sahen sie zwei Wachen vor dem geschlossenen Tor stehen, neben sich lange, jederzeit griffbereite Speere.
»Stehen bleiben – und gebt Euch zu erkennen!«, wurden sie aufgefordert.
»Öffnet das Tor!«, rief Pony zurück.
»Was soll das heißen?«, schrie einer der Männer sie an. »Zurück in eure Hütten, ihr Bauern!«
Pony riss sich die Kapuze vom Kopf und brüllte zurück: »Begrüßt ihr so eure ehemalige Königin und den Prinzen des Bärenreiches? Gebt den Weg frei für Prinz Midalis, oder ihr lauft Gefahr, als Verräter der Krone gehängt zu werden.«
Zwei Augenpaare weiteten sich, in denen sich der Widerschein der Fackeln spiegelte. Einen Moment lang glotzten die beiden blöde, dann wechselten sie einen Blick, ehe sie wieder zu den unerwarteten Besuchern sahen. Während einer stammelnd hervorstieß: »Was? Wie ist das möglich?«, wich sein Kamerad immer weiter zurück und schien jeden Augenblick Reißaus nehmen zu wollen.
»Öffnet das Tor!«, verlangte Pony.
»Das kann ich nicht, Mylady«, jammerte der völlig verdutzte Soldat und hob halbherzig den Speer, während sein Kamerad Anstalten machte, sich dem näher kommenden Besucherpaar mit größerem Nachdruck in den Weg zu stellen.
Oder zumindest unternahm er den Versuch, denn unvermittelt leuchtete ein knisternder, bläulich silberner Lichtblitz auf, riss ihn von den Beinen und schleuderte ihn gegen die Seitenmauer des Turms, wo er auf dem harten Boden in sich zusammensank.
Der andere Posten wich erschrocken zurück und stieß einen Schrei aus, als ein weiterer Blitz aus Ponys Hand hervorzuckte, der jedoch nicht auf ihn, sondern auf das von ihm teilweise verdeckte Tor gerichtet war.
Das Tor fiel krachend nach innen, der Posten stolperte und landete obendrauf. Pony und Midalis gingen einfach an ihm vorbei.
»Wo ist Graf DePaunch?«, wandte sich Pony noch einmal an den zitternden Mann.
Er zeigte mit dem Finger auf eine in den hinteren Teil des Turmfundaments eingelassene Treppe.
Pony stieg sie unverzüglich hinauf, dicht gefolgt von Prinz Midalis. Den ersten Stock mit den dort untergebrachten Unterkünften ließen sie schnell hinter sich, ohne den Soldaten dort, die teils schliefen, teils sich benommen nach dem Grund des Lärms erkundigten, groß Beachtung zu schenken.
Als sie im zweiten Stock anlangten, hörten sie einige Soldaten ihnen hinterherrufen, sie sollten stehen bleiben, doch sie gingen unbeirrt weiter, schlossen die Tür und verriegelten sie hinter sich.
Vor ihnen lag ein Flur mit einer Tür auf jeder Seite sowie einer dritten ganz am Ende.
»Welche mag es wohl sein?«, überlegte Pony.
»Wenn das wieder eine dieser albernen Streitereien zweier Bauern über ein Stück Vieh ist, werde ich …«, beschwerte sich jemand lauthals am anderen Ende des Flurs, als die Tür dort aufging und ein Mann auf der Schwelle erschien. Er war nur mit einem Nachthemd bekleidet – das allerdings, offenbar importiert aus Behren, aus feinster Seide bestand – und machte nicht zuletzt wegen seines perfekt frisierten Haupt- und Barthaares einen überaus eleganten Eindruck.
»Graf DePaunch, nehme ich an«, begrüßte ihn Pony.
Einen Moment lang blinzelte er sie verwundert an, dann riss er die Augen so weit auf, dass sie fast aus ihren Höhlen zu treten schienen.
»Königin … Königin«, stammelte er.
»Und Prinz Midalis«, erwiderte Pony trocken.
Er stieß einen schrillen Schrei aus, schlug die Tür hinter sich zu und war nicht mehr zu sehen. Sofort näherte sich Pony der Tür und öffnete sie gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie die Falltür zum Dach des Turms krachend über ihr zugeschlagen wurde.
»Verriegelt sie! Blockiert sie!«, vernahm sie die gedämpfte Stimme des Grafen. »Werft euch mit eurem ganzen Gewicht darauf, ihr Dummköpfe!«
Pony blickte grinsend zu Midalis. »Seht Ihr? Es wird keinen Ärger geben.« Sie hob die Hand, ertastete sich einen Weg in den Grafit, und Augenblicke später zerriss eine laute Explosion die Falltür und schleuderte die beiden bedauernswerten Soldaten, die auf ihr gelegen hatten, in die Höhe.
Als Pony durch die Luke auf das Turmdach kletterte, lag der eine noch nahezu bewusstlos am Boden, der andere dagegen kauerte auf einem Knie und schüttelte heftig den Kopf.
Von links erfolgte ein wuchtiger Schwerthieb und machte ihrem Aufstieg vorerst ein Ende. Aber
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