Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
abgeschnitten.
»Es ist tatsächlich genau so, wie Juraviel uns berichtet hat«, wandte sich Prinz Midalis an die anderen, als sie in Sichtweite der nördlich von St. Mere-Abelle gelegenen Anhöhe kamen. Vor ihnen, in der Ferne, ragten die unverwechselbaren Umrisse der Katapulte in die Höhe, gewaltige Kriegsmaschinen, die man soeben vor ihren Augen herumzuschwenken begann.
»Man könnte meinen, sie haben unser Kommen bemerkt«, sagte Pony.
»Sie werden sie nicht mehr rechtzeitig drehen können«, beruhigte sie Prinz Midalis und reckte den Arm in die Luft. »Greift an, meine Krieger!«, rief er. »Die Stunde meiner Machtergreifung ist gekommen!«
Bradwarden begann eine mitreißende Melodie auf seinem Dudelsack zu spielen, während hinter ihm Bruinhelde und Andacanavar die Alpinadoraner ermunterten, ein Lied auf Dane Thorrson anzustimmen.
Doch dann hielten sie alle ehrfürchtig inne. Vor ihnen, über den fernen Klippen, erschien plötzlich eine riesige geflügelte Gestalt und stürzte sich auf die Geschützstellungen herab.
Mit Brynn und Pagonel auf seinem Rücken raste der Drache an den völlig verängstigten Kriegern des Bärenreiches vorbei und setzte mit seinem Feueratem ein Katapult in Brand, während er mit seinen Krallen ein zweites aus der Verankerung riss.
Bradwarden nahm sein Spiel wieder auf, und Bruinhelde begann zu singen.
Dann erfolgte der Sturmangriff des Prinzen.
Nur wenige Krieger Aydrians harrten noch in ihren Stellungen aus, um ihnen Widerstand zu leisten; die meisten hatten sich längst in Richtung Süden oder Westen abgesetzt. Bei seinem zweiten Anflug setzte Pherol ein weiteres Katapult in Brand, und diesmal, da die Armee des Prinzen rasch näher rückte, ließen Brynn und Pagonel sich mitten zwischen den entsetzt fliehenden Kriegern von seinem Rücken gleiten.
Symphony und Pony waren die Ersten, die zu ihnen stießen. Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, gab die einstige Königin einen vernichtenden Lichtblitz ab, der die Holzkonstruktion des letzten noch verbliebenen Katapults zersplitterte. Die durch die Explosion hervorgerufene Erschütterung warf ein Dutzend Männer zu Boden, die, kaum waren sie wieder halbwegs bei Sinnen, wie auf ein Kommando ihre Waffen streckten und um Gnade flehten.
Pony schloss sich Brynn und Pagonel an, und nachdem auch Pherol neben ihnen gelandet war, überwältigte der kleine, durch nichts aufzuhaltende Trupp ein Wiederstandsnest der Verteidiger.
Dann trafen auch Midalis und seine Heerscharen ein und walzten den spärlichen Widerstand nieder. Die Anhöhe war erobert.
Von ihrem Standort aus war die Nordmauer von St. Mere-Abelle deutlich zu erkennen. Von hier aus sah man aber auch – westlich des Haupttores – das dunkle Gewimmel von Aydrians Armee. Zwischen ihnen und Aydrian befand sich nichts als offenes Gelände.
Doch dann erschien wie aus dem Nichts ein vollkommen aufgelöster Belli’mar Juraviel, trat in den Kreis der Anführer und schüttelte betrübt den Kopf. »Man hat uns getäuscht«, klagte er. »Herzog Kalas hat seine Streitmacht wenden lassen!«
»Wie ist das möglich?«, fragte Prinz Midalis den Elfen. »Wieso haben unsere Späher nicht bemerkt …«
»Aydrian«, lautete die simple Antwort des Elfen. »Aydrian und seine Edelsteine. Wir sind einem Täuschungsmanöver aufgesessen.«
»Wir können unmöglich gegen beide Heere gleichzeitig kämpfen«, erklärte Pony.
»Aber wenn wir jetzt kehrtmachen, ist das Schicksal St. Mere-Abelles besiegelt«, erwiderte der Prinz.
»Das Schicksal der Abtei ist ohnehin besiegelt«, stellte Juraviel nüchtern fest. »Herzog Kalas’ Armee ist gewaltig.«
Prinz Midalis blickte sich nervös um, so als suche er nach einer Lösung. Seine Verzweiflung schien mit jedem Augenblick zuzunehmen, bis Pony ihm die Hand auf die Schulter legte und ihn zwang, sich wieder zu beruhigen und ihr ins Gesicht zu sehen.
»Wir haben keinerlei Rückzugsmöglichkeit«, erklärte sie.
Prinz Midalis nickte grimmig. »Dann lasst uns kämpfen«, erwiderte er, seine Stimme durchdrungen von Entschlossenheit.
»Es fängt an«, verkündete Aydrian aus dem Sattel seines Pferdes vor den Toren von St. Mere-Abelle. Er wandte sich zu einem jungen Mönch um, der neben ihm stand. »Habt Ihr die Gegenstände mitgebracht, wie ich es Euch befohlen habe?«
»Jawohl, Mylord«, erwiderte der Mönch und reichte Aydrian einen mit Pfeilen gefüllten Köcher.
Ein breites Grinsen im Gesicht, trug Aydrian Marcalo De’Unnero mit
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