Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
hier aufmarschiert.«
»Um uns zu umzingeln«, überlegte Belasarus.
»So viele haben sich ihm angeschlossen«, sagte Glendenhook und schüttelte den Kopf.
»Wie hätten sie sich dem entziehen können?«, fragte Treisa. »Herzog Kalas und seine Allhearts sind in ihren funkelnden Rüstungen in jedes Dorf hineingestürmt und haben ein Loblied auf König Aydrian gesungen. Ihnen Widerstand zu leisten wäre glatter Selbstmord gewesen.«
»Sich ihnen anzuschließen heißt, die rechtmäßige königliche Erbfolge zu leugnen!«, protestierte Belasarus.
»Die einfachen Leute schert es wenig, wer ihr König ist, Meister Belasarus«, erwiderte Treisa. »Sie interessiert nur, dass ihre Familien genug zu essen haben und dass ihren Kindern einst ein besseres Leben vergönnt sein möge als ihnen. All dieses Geschwätz über Politik ist für die Leute nichts als eine Tratschkulisse, zumindest, solange dieses Gerede nicht in das Elend eines Krieges mündet.«
»Was es gewiss tun wird, wenn Prinz Midalis eintrifft«, betonte Belasarus.
»Wenn er nur nicht zu spät kommt«, sagte Glendenhook, und für einen Augenblick schien es, als würde sein Pessimismus Belasarus endgültig die Fassung verlieren lassen.
»Sie schließen sich Herzog Kalas an, weil sie keinen anderen Führer haben«, überlegte Treisa. »Vielleicht spaltet sich König Aydrians Armee ja, wenn Prinz Midalis kommt. Vielleicht auch nicht.«
»Und welche Rolle spielt bei alldem nun die abellikanische Kirche?«, fragte Belasarus. »Sollen wir etwa die Forderungen dieses unrechtmäßigen Königs erfüllen, auch wenn dies bedeutet, die Absetzung des ehrwürdigen Vaters Fio Bou-raiy zugunsten von Leuten wie Abt Olin und Marcalo De’Unnero zu betreiben?«
»Natürlich nicht!«, widersprach Abt Glendenhook ohne das geringste Zögern. Er bedachte Belasarus mit einem finsteren Blick, doch dann wurde seine Miene sanfter, und er wandte sich wieder Treisa zu. »Was schlagt Ihr also vor?«
Sie zögerte einen Moment, die Stirn unter ihrem schwarzen Haar nachdenklich gerunzelt. Sie biss sich auf die Unterlippe, das übliche Zeichen ihrer Nervosität, das Glendenhook schon oft ein Schmunzeln entlockt hatte, dann schlug sie ihre haselnussbraunen Augen nieder und starrte auf den Boden. Schließlich blickte sie wieder auf.
»Hätte König Aydrian sich auf das Weltliche beschränkt und die Kirche nicht in seinen Thronraub mit hineingezogen, würde ich einfach raten stillzuhalten«, erklärte sie. »Auch wenn seine Thronbesteigung nachteilige Folgen für eine andere Oberin hatte und Jilseponie gezwungen war, Ursal zu verlassen. Aber da es Abt Olin und, schlimmer noch, Marcalo De’Unnero sind, die Aydrian zur Seite stehen, können wir uns nicht so einfach aus der Affäre ziehen. Jede Trennung, die wir zwischen Kirche und Staat vornehmen, wird nicht von Dauer sein. Jetzt zeichnet sich deutlich ab, dass Aydrian beabsichtigt, einen seiner Gefolgsleute an allerhöchster Stelle in die Hierarchie der abellikanischen Kirche einzuschleusen. Zwölf bedeutende Kapellen sind auf Herzog Kalas’ derzeitigem Marsch bereits überrannt worden, und nur jene Ordensbrüder, die König Aydrian und sowohl Abt Olin als auch De’Unnero ihre Ergebenheit geschworen haben, sind im Amt geblieben. Alle Übrigen wurden gewaltsam vertrieben oder erlitten ein noch schlimmeres Schicksal.«
»Wir haben dementsprechende Gerüchte von den Ordensbrüdern gehört, die hier Zuflucht gesucht haben«, pflichtete Glendenhook ihr bei.
»Deshalb wird uns nichts anderes übrig bleiben, als Stellung zu beziehen, so oder so«, fuhr Treisa fort. Sie sah zu Belasarus, dann zu Glendenhook, um sich ihrer ungeteilten Aufmerksamkeit zu versichern. »Wir können uns unmöglich auf die Seite Abt Olins und dieses Verräters De’Unnero stellen. Wir müssen unseren Prinzipien treu bleiben.«
»Was sollen wir also tun, kämpfen oder fliehen?«, wandte sich Belasarus an Glendenhook.
Der Abt sah Treisa Hilfe suchend an.
»Weder noch«, erklärte die Oberin und straffte die Schultern. »Verschließt Eure Tore nicht vor Herzog Kalas, denn er würde sie einfach niederreißen. Leisten wir passiven Widerstand. Lasst uns weder vor ihnen weglaufen noch uns ihnen anschließen, sondern einfach dort verharren, wo wir sind.«
»Würden wir damit nicht unser Einverständnis mit Abt Olin und Marcalo De’Unnero bekunden?«, wollte ein sichtlich verwirrter Belasarus wissen.
Treisa schüttelte den Kopf. »Wir werden nicht zulassen, dass dieser
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