Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
mündete, in verschiedenen Nuancen leuchten. Jetzt bin ich erneut hier oben. Das ist verrückt. Schlecht gelaunt grübelte Anke weiter vor sich hin und erschrak, als aus der Einfahrt Lützelbachhof ein Wagen auf den Weg schoss. Ruckartig bremste sie mit einem Schlenker, sonst hätte der Wagen sie unvermeidlich gerammt. „Vollidiot!«, zischte sie. Mit noch vor Schreck klopfendem Herzen riskierte sie einen Blick nach rechts zu dem Dachgiebel des Koll-Anwesens. Aber sie bog nicht in die Einfahrt ein, statt dessen ließ sie den Wagen einfach weiterrollen. Sie wunderte sich nicht einmal, als sie auf dem Parkplatz vom Hubertushof landete.
Zur Begrüßung rannten vier lauthals kläffende Jack Russels ihrem Wagen entgegen, drei davon braun-weiß und einer schwarz-weiß, von denen sie bei ihrem ersten Besuch mit Sandra und der Kleinen nichts gesehen hatte. Jemand brüllte ständig: „Sally, Jack, Flöhchen, Nucki, hierher, zurück!« Aber die Hunde schienen verstopfte Ohren zu haben. Anke musste darüber lachen, mit welchem Engagement die Hunde um ihren Wagen herum sprangen. Sie startete den Motor wieder. Ach, was will ich hier? Rückwärts, bemüht, die beiseite springenden Hunde nicht zu überfahren, rollte sie den Wagen aus der Parklücke und lenkte ihn Richtung Ausfahrt. Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Silhouette im Rückspiegel wahr und überzeugte sich genauer. Der junge Mann, dessen Reitfertigkeit sie bereits bewundern konnte, als sie ihm durch die Scheibe der Reiterstube zugesehen hatte, stand vor der offenen Stalltür und blickte ihrem Wagen hinterher. Dabei brüllte er nochmals der Reihe nach die Hundenamen. Jetzt bin ich hier, dann kann ich auch Fragen stellen. Mit einem kurzen Wrugg verstarb der Motor ihres Wagens. Anke stieg aus. Die ersten Meter von Hundegebell begleitet, schritt sie auf den Mann zu, ohne zu wissen, was sie sagen sollte. Aber das erledigte er für sie.
„ Kann ich Ihnen helfen?«, rief er ihr schon von Weitem zu und brüllte sofort danach energisch:.
„ Sally! Floh!, hierher!«
Der Mann war gut gewachsen, muskulös und trug verdreckte Schuhe und eine fleckige Reithose, gekrönt mit einem noch fleckigeren Pulli. Er sah sie mit seinen hellen, wachen Augen an. Seine Gesichtshaut spannte und war leicht gerötet. Er sollte sich mehr eincremen. Die dunkelblonden Haare trug er kurz. Anke schätzte ihn um die dreißig.
„ Helfen? Das weiß ich noch nicht«. Sie schaute sich um und befand sich inmitten einiger, eher am Rande stattfindenden Begebenheiten auf einem Gestüt.
„ Dann fragen Sie? Möchten Sie eine Box mieten, oder die Pferde sehen, eins kaufen? »
Anke lachte los. „Oh Gott, nein! Ich habe Angst vor Pferden.«
Na dann ..., schienen seine Augen zu fragen. Im nächsten Moment erklang eine helle Stimme vom Stall zu ihnen herüber.
„ Ach, hier bist du! Die Ziegen sind wieder los!«
Der Mann drehte sich um. Anke folgte seinen Augen. In der Stalltür war eine junge Frau aufgetaucht, ein Pferd am Halfter.
„ Diese verdammte Bande!«, schmunzelte er.
„ Ziegen?«, fragte Anke ungläubig. Sie nickte mit dem Kopf Richtung Stall. „Die junge Dame meint wohl Pferde! Oh Gott, da muss ich sofort weg.«
Panisch drehte Anke sich in alle Richtungen, rechnete jede Sekunde mit einer wild gewordenen Herde, die um die Ecke geprescht kam. Sie setzte zum Sprung Richtung Auto an, als vielmehr eine Gang meckernder Ziegen auftauchte und am Wohngebäude die Biegung zum Vorhof nahm. Verdutzt und amüsiert nahm sie das Schauspiel auf, als die Krönung folgte. Anke konnte es kaum glauben. Den Ziegen auf den Fersen watschelten drei wütend schnatternde Gänse, die anscheinend ihr Revier verteidigten. Mit ohrenbetäubendem Gebell sprangen die Hunde dazwischen, worauf das Federvieh in den höchsten Tönen zu schimpfen begann und mit schwingenden Flügeln davon stob. Nur die Ziegen ließen sich nicht beeindrucken. Es war ein köstlicher Anblick. Anke hielt sich den Bauch vor Lachen. Wann habe ich das letzte Mal so herzhaft gelacht? Das Spektakel war so urkomisch lustig, dass sie prustend nach Luft schnappte und sie völlig von ihrem Thema ablenkte.
„ Bin gleich soweit, Carola«, rief der Mann.
Einen Moment schien er nicht zu wissen, was er tun solle. Er machte einen Schritt auf die junge Frau in der Stalltür zu, blieb dann aber stehen und drehte sich Anke zu. Sie sah auf die tierische Darbietung und meinte lachend.
„ Ich will Sie nicht von der Arbeit abhalten.«
Er nickte dankbar und
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