Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
undurchsichtig dreinschaute. Anke kannte ihn jetzt seit drei Jahren, in denen er bei den Bonnern arbeitete. Ein stiller Mann. Er sprach nur, wenn es wichtig war und er sich sicher glaubte, dass etwas sich so verhielt, wie er es annahm.
„ Der kleine, dünne Mario Busso ist uns bekannt. Ein Dealer, wir vermuten, dass er zur kalabrischen N‘fdrangetha gehört. Die wird auch in Deutschland, unter anderem in Bonn immer präsenter. Sie waren bisher mehr in Köln und im Ruhrgebiet aktiv. Wir beobachten Busso schon länger, hofften, er würde uns irgendwann mal zur ersten Ebene führen.«
Anke kräuselte die Stirn und Lars verstand. „Die Dealer, also unserer Mario hier und sein Kumpan, sind die vierte Ebene. Alles ist sinnvoll durchstrukturiert. Über den Kumpan müssen wir noch Erkundigungen einziehen. Das wär‘s erst mal.«
„ Tja«, meinte Hauff, „hier war die Mafia wohl schneller als wir. Aber wir hätten die beiden immerhin leben lassen.« Er lachte auf, als hätte er einen grandiosen Witz gemacht. Als keiner reagierte, meinte er weiter. „Hätte sich nicht einer der beiden Steinsäcke an Bussos Beinen gelöst, wären sie so schnell nicht gefunden worden.«
„ Vermutlich«, ergänzte Weimer, „waren sie auf Abwegen, um etwas in die eigenen Taschen zu schaffen. Das wird sogleich mit einem blutigen Abschreckungszeichen geahndet.«
„ Dann brauchen Sie nach den Mördern des Engländers nicht mehr zu suchen«, schloss Anke. Lars rollte die Augen.
„ Die Visitenkarte im Arsch ist kein Beweis, da bleibt noch viel Arbeit.«
Weimer nickte in die Runde und machte sich davon. Auch Münch hatte den letzten Knopf seiner Jacke geschlossen, sah zu Hauff und erklärte kurz.
„ Wir bleiben in Kontakt«, und verschwand ebenfalls.
Als die anderen fort waren, setzte sich Anke auf einen der Stühle vor Hauffs Schreibtisch, seufzte und schloss einen Herzschlag lang die Augen.
„ Dietrich«, klagte sie dann, „ich bin total und auf ganzer Linie unzufrieden.«
Hauff stand hinter ihr und schien, wie sie glaubte, auf ihre Haare zu starren. Schließlich kam er um den Schreibtisch herum und ließ sich mit Wucht in seinen Sessel fallen. Anschließend sah er sie voll an und meinte:
„ Das heißt: beruflich, privat und psychosomatisch.«
„ Ja!«, stieß sie aus.
Hauff vermittelte nicht den Eindruck, als fiele ihm noch etwas ein. Ich bin wirklich auf Sparflamme, dass ich ausgerechnet ihm gegenüber so etwas rauslasse. Birgit klagt oft genug über sein Unvermögen, die weibliche Psyche auch nur annähernd zu erfassen. Anke erhob sich.
„ Bis demnächst.« Und dann konnte sie es doch nicht lassen. „Weißt du, ich bin jetzt an mehreren Fällen dran, und nichts fühlt sich richtig an. Setzt mich auf Dauerstressflamme, wie ich es brauche, um erfolgreich zu sein.« Sie verdrehte die Augen. „Alles verliert sich irgendwie wieder. Trotzdem habe ich so meine Fantasien, gehe ich denen aber nach, sage ich mir, du bist verrückt.«
Zur Abwechslung rollte Hauff die Augen.
„ Das musst du mir näher zergliedern. Hängen deine Fantasien mit den jetzigen Fällen zusammen?«
Anke zog ein Gesicht.
„ Dietrich, was meinst du wohl, wovon ich rede?«
Hauff nickte wie einer, der es hätte wissen müssen.
„ Du weißt doch, was das tote Mädchen betrifft, ist noch alles offen. Wir haben bisher nichts.«
»Was ist mit dem Popcorn?«
„ Seit gestern halten sich dort einige Jungs von uns auf, bisher negativ.«
„ Aber es ist sicherlich nicht nur das Popcorn .«
„ Anke, wir können nicht auf Verdacht in allen Bonner Discos, Kneipen, etc. Leute abstellen, dazu ist einmal kein Grund und zweimal kein Personal vorhanden.«
Kaum war sie aufgebrochen, lenkte sie den Wagen an den Straßenrand, um anzuhalten. Ich brauch dringend ein Headset. Sie nahm sich die Zeit, aufs Display zu schauen. Einige Sekunden musste sie sich sammeln, bevor sie sich mit gelassener Stimme melden konnte. Wie hatte sie sich nach seiner Stimme gesehnt, doch jetzt schoss sie ihr ins Ohr.
„ Dieser Fabio Koll hat mich angerufen und knapp mitgeteilt, dass seine Schwester nicht mehr kommt!«
Anke schluckte.
„ Ich kann mir nicht helfen«, raste Wolf fort, ehe sie etwas darauf sagen konnte, „es ist nur so ein Gefühl, aber hast du da deine Finger im Spiel?«
„ Jetzt hol mal Luft!«
„ Also ja.«
Knapp berichtete Anke ihm von Lauras nächtlichem Besuch und endete mit dem Transport in die Psycho. Wolfs Schnaufen war nicht zu überhören. Sie
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