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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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geschickt.«
    »Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob Achamian wirklich ein Dummkopf ist, Altvater.«
    »Warum das?«
    »Nachdem ich Gotian die Botschaft des Tempelvorstehers überbracht hatte, habe ich mich mit Gaörtha getroffen…«
    Der kleine Kahlkopf verzog das Gesicht. »Du hast dich mit ihm getroffen? Hatte ich das abgesegnet?«
    »Nein, Altvater, aber die Hure hatte mich gebeten, Achamian ausfindig zu machen, und ich wusste, dass Gaörtha den Auftrag hat, ihn zu überwachen.«
    Der kleine Kopf neigte sich von rechts nach links.
    »Ich fürchte, ich verliere die Geduld, Maëngi.«
    Das Wesen namens Sarcellus vergrub die verschwitzten Hände in den Taschen seines Gewands. »Drusas Achamian hat gemerkt, dass Gaörtha ihm gefolgt ist.«
    »Was?«
    »Auf dem Kamposea-Markt… Aber der Dummkopf weiß nichts, Altvater! Gar nichts. Gaörtha hat sein Gesicht rechtzeitig wechseln können.«
    Das Mischwesen hüpfte auf den aus Mahagoni gefertigten Rand des Tisches. Obwohl es leicht wie hohle Knochen oder ein Papyrusbündel schien, strahlte es etwas Gewaltiges aus und ließ an ein Meerungeheuer denken, das auf schnurgeradem Weg durchs Wasser pflügen und in kürzester Zeit überall auftauchen konnte. Aus den Augen des Mischwesens sickerte Licht.
     
    WIE ICH…
     
    donnerte durch das, was man Maëngis Seele nennen mag,…
     
    DIESE WELT
     
    … zertrümmerte alle Gedanken und Leidenschaften, die er sein Eigen genannt haben mochte,…
     
    HASSE.
     
    … und zermalmte sogar seine unstillbare Lust, sein polymorph perverses Begehren.
    Maëngi sah in blitzende Augen und hörte ein wildes Gelächter, in dem tausend Jahre Wahnsinn zu zucken schienen.
     
    ZEIG ES MIR, MAËNGI…
     
    Flügel breiteten sich vor ihm aus, verdeckten die Laternen und ließen ihn nur noch einen kleinen weißen Kopf vor schwarzem Hintergrund sehen – einen Kopf, der ihm das zarte Sprachrohr von etwas Schrecklichem und Riesigem zu sein schien.
     
    ZEIG MIR DEIN WAHRES GESICHT!
     
    Das Wesen namens Sarcellus spürte, wie seine Züge weich und schwammig wurden und sich schließlich teilten… Wie die Beine von Esmenet.
     
     
    Es war Frühling, und die Felder und Wälder rund um Momemn waren einmal mehr dicht von Inrithi bevölkert, die diesmal freilich viel besser bewaffnet und weit gefährlicher waren als der Heerhaufen, der in Gedea untergegangen war. Nachrichten vom Gemetzel auf den Ebenen von Mengedda hatten viele Tage lang wie ein Bahrtuch auf dem Heiligen Krieg gelegen. »Wie konnte das geschehen?«, hatten die Krieger immer wieder gefragt. Doch ihre dunklen Ahnungen waren schnell verflogen, als Gerüchte die Überheblichkeit von Calmemunis anprangerten und bekannt wurde, dass er sich geweigert hatte, Maithanets Weisungen Folge zu leisten. Sich dem Tempelvorsteher zu widersetzen! Über so einen Wahnwitz konnten sie sich nur wundern, und ihre Priester schärften ihnen ein, ein schwerer Weg liege vor ihnen, und sie würden scheitern, wenn sie der Versuchung nachgäben, den Pfad der Tugend zu verlassen.
    Auch gab es viel Gerede um die unselige Auseinandersetzung des Kaisers mit den Hohen Herren. Bis auf den Anführer der Ainoni hatten sie alle sich geweigert, den Vertrag des Xerius zu unterschreiben, und an den abendlichen Lagerfeuern fanden viele betrunkene Debatten darüber statt, was die Anführer der Truppenkontingente tun sollten. Bei weitem die meisten zogen böse über den Kaiser her, und ein paar schlugen sogar vor, der Heilige Krieg solle Momemn stürmen und die Vorräte beschlagnahmen, die man für den Marsch brauche. Einige aber ergriffen Partei für den Kaiser. Was sei der Vertrag schon mehr, so fragten sie, als ein Stück Papier. Ein Papier allerdings, das zu unterschreiben sich bezahlt mache. Denn nicht nur würden die Männer des Stoßzahns alsdann reibungslos verproviantiert; sie könnten auch sicher sein, dass Ikurei Conphas – das größte militärische Genie seit Generationen – den Feldzug befehlige. Wenn ihnen aber die Zerstörung des Gemeinen Heiligen Kriegs nicht Beweis genug sei: Was sei dann davon zu halten, dass der Tempelvorsteher weder den Kaiser zwinge, die Truppen des Heiligen Kriegs mit Lebensmitteln zu versorgen, noch den Hohen Herren befehle, den Vertrag des Xerius zu unterschreiben? Warum wohl zögere Maithanet? Doch nur, weil auch er die Stärke der Heiden fürchte!
    Aber wie konnte man sich Sorgen machen, wenn selbst der Himmel vor der enormen Streitmacht des Heiligen Kriegs zitterte? Wer hätte

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