Schattenfeuer
bist wütend«, stellte sie überrascht fest.
»Rachael, gibt es etwas zwischen uns? Ich glaube schon. Etwas Besonderes, meine ich.«
»Ja.«
»Meinst du wirklich?«
»Ja, das weißt du doch.«
»Dann gebe ich mich nicht einfach mit einem >Das kann ich dir nicht sagen< zufrieden. Du brauchst Hilfe, und ich bin entschlossen, dir zu helfen.«
Rachael musterte ihn und fühlte sich sehr zu ihm hingezogen. Sie wünschte sich, ihn einzuweihen, sich ihm anzuvertrauen, aber gleichzeitig wußte sie, daß sie ihn damit einer großen Gefahr ausgesetzt hätte.
»Ich meine: Dir ist doch klar, daß ich ein ziemlich altmodischer Bursche bin«, fuhr Benny fort. »Es bleibt mir gar nichts anderes übrig, als der Frau beizustehen, an der mir etwas liegt. Verstehst du?«
Rachael schloß die Augen, lehnte sich zurück, unfähig, eine Entscheidung zu treffen. Nach wie vor hielt sie das Steuer fest, denn wenn sie die Hände vom Lenkrad gelöst hätte, wäre Benny sicher auf ihr Zittern aufmerksam geworden.
»Vor was fürchtest du dich, Rachael?« fragte er leise.
Sie blieb stumm.
»Du weißt, was mit der Leiche geschehen ist, nicht wahr?« hakte er nach. »Vielleicht.« »Du weißt, wer sie gestohlen hat.« »Möglicherweise.« »Und du hast Angst vor dem Dieb. Wie heißt er, Rachael?
Um Himmels willen, wer könnte sich zu etwas hinreißen lassen? Und aus welchem Grund?« Sie schlug die Augen wieder auf, legte den Gang ein und fuhr los. »Na gut, du kannst mich begleiten.«
»Zu Erics Haus? In sein Büro? Was glaubst du, dort zu finden?«
»Irgend etwas«, erwiderte Rachael ausweichend. »Hab noch ein wenig Geduld mit mir.«
Benny schwieg eine Zeitlang.
Dann: »In Ordnung. Nicht mehr als jeweils ein Schritt. Das genügt mir. Vorerst.«
Rachael fuhr nach Norden über die Main Street, bog kurze Zeit später in die Katella Avenue und lenkte ihren Mercedes durch das exklusive Viertel Villa Park. Das Gelände wurde hügeliger, und in den oberen Bereichen von Villa Park waren die luxuriösen Häuser -teilweise hatten sie einen Wert von mehr als einer Million Dollar - hinter hohen Hecken und Bü schen verborgen. Erics Anwesen wirkte dunkler als die anderen, ein kalter Ort selbst an einem warmen Juniabend. Die vielen Fenster sahen aus, als bestünden sie aus sonderbarem Obsidian, der kein Licht durchließ, weder in der einen noch in der anderen Richtung.
6. Kapitel - Der Kofferraum
Die lange Zufahrt führte in einem weiten Bogen an der großen Villa Eric Lebens vorbei, die im modernen spanischen Stil gehalten war, und endete an der Garage weiter hinten. Rachael stellte ihren Wagen vor dem Haus ab.
Benny stieg aus und folgte Rachael zu einer dunklen Veranda, wo Fettpflanzen mit gelben Blüten und weiße Azaleen in geradezu riesigen, grauen Tontöpfen wuchsen. Das Anwesen beeindruckte Benny. Er schätzte den eigentlichen Wohnraum auf mindestens drei- oder gar vierhundert Quadratmeter, und umgeben war das Haus von einem sorgfältig gestalteten und gepflegten Garten. Wenn man nach Westen blickte, sah man den größten Teil von Orange County, eine breite Decke aus Licht, die sich fünfzehn Meilen weit bis zum pechschwarzen Ozean erstreckte. Am Tag und bei klarem Wetter reichte der Blick vermutlich bis nach Catalina. Trotz der eher einfachen Architektur war Erics Heim in eine Aura des Reichtums gehüllt. Selbst die Grillen, die im Gras zirpten, schienen anders zu klingen als die in der bescheideneren Nachbarschaft, melodischer, weniger schrill -so als seien sich die winzigen Geschöpfe der Exklusivität ihrer Umgebung bewußt.
Ben wußte natürlich, daß Eric ein sehr reicher Mann gewesen war, doch erst jetzt wurde ihm richtig klar was es bedeutete, dreißig Millionen Dollar zu besitzen. Lebens Vermögen schien sich plötzlich in ein schweres Gewicht zu verwandeln, das sich auf Shadways Schultern senkte. Und er fragte sich, ob Rachael ebenso empfand.
Bevor sie den Mercedes verließ, holte sie ihre Pistole hervor und entsicherte sie. Sie forderte Ben auf, wachsam und vorsichtig zu sein, verweigerte ihm jedoch die Auskunft darüber, mit was für einer Art von Gefahr sie rechnete. Ihre Furcht wurde immer offensichtlicher, und doch lehnte sie es ab, ihre Besorgnis mit Ben zu teilen und sich auf diese Weise Erleichterung zu verschaffen. Eifersüchtig hütete sie ihr Ge heimnis, wie schon seit Stunden.
Rachael schob den Schlüssel ins Türschloß, und als ein leises Kratzen erklang, dachte Ben unwillkürlich an zwei Messer, deren
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