Schattenfeuer
Ihre Augen waren geschlossen, die Lippen geöffnet. Zuerst atmete sie langsam und tief, dann schneller und flacher. Alle Linien in ihren Zügen brachten besondere Sinnlichkeit zum Ausdruck und vermittelten Ben den Eindruck, einen kostbaren Schatz zu berühren. An diesem Empfinden lag ihm weitaus mehr als an Rachaels erotischer Ausstrahlungskraft, denn dabei handelte es sich nicht so sehr um eine körperliche, sondern eine emotionale Reaktion, ein Ergebnis der letzten Monate, die sie zusammen verbracht hatten, ihrer großen Zuneigung ihm gegenüber. Und weil Rachael so etwas Besonderes für ihn darstellte, blieb ihre Vereinigung nicht nur auf einen rein physischen Akt beschränkt, sondern führte auch zu einer Verschmelzung ihrer Seelen.
Rachael spürte seinen Blick auf sich ruhen, öffnete die Augen und sah ihn an. Dieser zusätzliche Kontakt faszinierte Ben noch mehr.
Das von den Palmschatten getrübte Morgenlicht wurde rasch heller, und auch die Farbtönung veränderte sich, von einem matten Zitronengelb zu warmem Gold. Wie eine Decke legte sich dieser Glanz auf Rachaels Gesicht, auf ihren schlanken Hals, die vollen Brüste. Und während sich der Morgen weiter erhellte, wurden ihre Bewegungen kraftvoller und energischer. Ben begann keuchend nach Luft zu schnappen, und Rachael stöhnte leise, dann lauter. Genau in diesem Augenblick lebte draußen der Wind auf, und die Palmschatten tanzten wie wild hin und her. Ben schob sich tief in Rachael hinein und erzitterte ebenfalls, entleerte sich in die junge Frau. Und als sich die letzten Samen in sie ergossen, verausgabte sich auch die Kraft der jähen Bö, flüsterte der Wind weiter, fort von den Palmwedeln, die langsam wieder zur Ruhe kamen.
Nach einer Weile zog sich Ben aus Rachael zurück, und sie blieben nebeneinander liegen, auf der Seite, so daß sie sich ansehen konnten. Sie waren sich so nahe, daß sich ihr Atem vermischte. Keiner von ihnen sprach ein Wort, und innerhalb weniger Minuten schliefen sie ein.
Ben genoß die innere Ausgeglichenheit, die ihn plötzlich erfüllte, die alle Zweifel aus ihm verdrängte und einem wohligen Empfinden wich.
Rachael sank vor ihm in die warme Umarmung des Schlafs zurück, und einige Sekunden lang beobachtete er einen kleinen Speicheltropfen, der ihr über die Lippe rann. Dann spürte er, wie seine Lider immer schwerer wurden. Bevor sie sich schlössen, sah er die dünne Linie der Narbe an ihrem Unterkiefer - eine Erinnerung an das Glas, das Eric nach ihr geworfen hatte.
Während Ben einschlummerte, empfand er fast so etwas wie Mitleid für Eric Leben.
Der Wissenschaftler hatte nie begriffen, welch enge Verwandtschaft zwischen Liebe und Unsterblichkeit herrschte, daß man die Furcht vor dem Tod nur dann überwinden konnte, wenn man jemanden liebte.
16. Kapitel - Im Zombiereich
Während der Nacht lag Eric einige Stunden lang voll angekleidet auf dem Bett in seiner Berghütte am Lake Arrowhead. Sein Zustand ließ sich nicht mit der Ruhe des Schlafs vergleichen, auch nicht mit der physisch-psychischen Erstarrung eines Komas. Die Körpertemperatur sank ständig, und das Herz schlug nur etwa zwanzigmal pro Minute. Das Blut zirkulierte langsam durch Adern und Venen, und der Mann atmete nur flach und unregelmäßig. Gelegentlich setzten sowohl Atem als auch Puls für zehn oder fünfzehn Minuten aus, und während dieser Phasen beschränkte sich sein Leben im reglosen Körper auf die Zellebene. Selbst in diesem Fall konnte man nicht direkt von >Leben< sprechen. Vielmehr handelte es sich um eine seltsame Zwielichtexistenz, die bis her kein anderer Mensch erfahren hatte. Im Verlauf der >Ruhepausen<, die man nicht ganz mit dem Begriff >Scheintod< beschreiben konnte, erneuerten sich die Zellen in einem sehr reduzierten Rhythmus und sammelte der Körper Energie für die nächste Periode wachen Bewußtseins und beschleunigter Heilung.
Eric erholte sich tatsächlich, und zwar verblüffend schnell. Stunde um Stunde schlössen sich die vielen Wunden in seinem Leib. Unter dem häßlichen Blau und Schwarz der Quetschungen zeigte sich bereits das helle Gelb des neu wachsenden Gewebes. Wenn er wach war, spürte er Knochenfragmente, die Druck auf sein Gehirn ausübten -obgleich die klassische Wissenschaft behauptete, das Hirn wiese keine Nerven auf und könne somit nichts empfinden. Auf eine Weise, die ihm selbst rätselhaft blieb, fühlte er, wie sein genetisch veränderter Körper die Schädelverletzungen heilte, ebenso methodisch wie die
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