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Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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bösartigen Blick auf ihn. Das Tier winselte, tappte herbei, und noch während Tam die Magie heraufbeschwor, die er für seine Verteidigung brauchen würde, legte der Wolf ihm seine Schnauze auf die Knie. Seine Brauen zuckten wie bei einem Hund, während er Tams Gesicht musterte.
    Als Neill wieder auftauchte, wurde er noch immer von seinem Wächter auf dem Sessel festgehalten. Der Magier landete auf den Füßen und ließ sich prompt auf Hände und Knie fallen. Auf seinem Gesicht, seinem Hals und seinen Armen konnte Tam die Quaddeln erkennen – sie glichen jenen, die er bei einem Mann gesehen hatte, der in einen Schwarm Schädelquallen geraten war. Maifliege ließ von Tam ab, um Neills Ohr zu beschnuppern. Der Magier schlang einen Arm um den Hals seines Schoßtiers und lehnte sich an die zottelige Schulter. Die Striemen entlang seines Unterkiefers schienen Blasen zu werfen, als verschiedene Magien miteinander rangen – Emeyas, um zu verletzen, und seine, um zu heilen.
    Ihre Magie verstärkte sich. Plötzlich platzten die Quaddeln auf, und Blasen verbreiteten sich über sein Gesicht. Er ließ von dem Wolf ab und rollte sich wie ein Fötus zusammen. Viel später als Tam erwartet hätte, begann er zu schreien.
    Ihre Magie entfernte sich wirbelnd, und Neill fiel auf den Rücken. Die Blasen versiegelten sich, das rohe Fleisch trocknete, wurde dumpf und dann rosig. Minutenlang starrte er zur Decke empor, während sich seine Brust hob und senkte, dann schob er eine Hand in das Nackenfell des Wolfs und zog sich an ihm hoch. »Wie hat Ihnen diese Demonstration gefallen?«
    »Gar nicht«, antwortete Tam.
    »Wie Sie vielleicht erraten haben«, sagte Neill und klang dabei ein wenig atemlos, »ist sie für die Idee eines Bündnisses nicht empfänglich. Ich selbst bin der Meinung, sie verschätzt sich, was die Macht Ihrer Hohen Meister betrifft.« Seine Haut schien so unversehrt wie zuvor, aber Tam bemerkte, dass sein Gesicht die Kantigkeit verloren hatte, das Kinn kürzer geworden war und sein Gesicht jetzt zur Gänze menschlich war.
    »Kommen Sie mit nach draußen«, sagte Neill abrupt. »Ich weiß, Sie haben das noch nie gesehen. Und ich weiß, dass es jetzt genau das ist, was ich sehen muss. Es schenkt mir Kraft.«
    Beklommen folgte Tam ihm nach draußen, und mit noch größerer Beklommenheit stieg er hinter ihm die letzte Treppenflucht zu den Zinnen des Erdbaus hinauf. Um sich herum konnte er die zerknitterten Hügel schlafender Schattengeborener sehen, ein jeder mit einer Matte als Matratze und mit zusammengefalteten Flügeln als Decken. Er spürte, wie Neills Magie um sie herum besänftigend aufflackerte. Am Vorsprung des Erdbaus, an den er nicht allzu nah herantrat, deutete Neill gen Osten. Der bei ihrer Begegnung so dunkle Himmel hatte entlang des Horizonts den kobaltblauen Ton eines edlen Glases angenommen und war mit Wolken drapiert. »Tagesanbruch«, sagte Neill.
    »Ich habe den Tagesanbruch schon einmal gesehen«, erwiderte Tam. Er würde keine Geschenke von diesem Mann annehmen, der ein derart grausamer Widerspruch in sich war.
    Neill sah ihn an. »Nicht so, möchte ich meinen. Genießen Sie es. Es könnte unser letzter sein.«
    Eine Welle von Magie erhob sich unter ihnen, und eine Jungenstimme schrie rau. Neill schloss in mitfühlendem Schmerz die Augen. »Ich muss gehen. Sie bleiben. Niemand wird Sie stören. Maifliege!« Der gerufene Wolf schob sich wie ein eifersüchtiges Kind zwischen sie. »Sorg dafür, dass niemand es tut.«
    Neill hatte recht. Von dieser Seite des Sonnenaufgangs war der Tagesanbruch erstaunlich – das durchscheinende Gelb, das intensive Orange und der blendende Durchbruch von Sonnenlicht. Artarian hätte hier sein sollen, und Beatrice hätte diese Farben haben sollen, um ihre Töpfe zu glasieren. Fejelis hätte das Geschehen mit seinem gewohnten Interesse an allem Neuen beobachtet. Sein Sohn hätte zweifellos versucht, sich von den Zinnen zu stürzen oder in den Schlund eines Wolfs. Er wischte sich über sein Gesicht. Wie konnte ein so schöner Anblick solche Verzweiflung heraufbeschwören?
    Neill kehrte zurück. Er ging die Treppe hinauf und wirkte unaussprechlich erschöpft, aber zu Tams eigenartiger Erleichterung wies er keinerlei körperliche Verletzungen auf. Der Magier der Bestien legte Maifliege eine Hand auf den Rücken und beugte sich kurz vor. »Sie hat den Jungen zurückgeholt«, sagte sie. »Sie braucht seine Macht. Und er wollte geheilt werden.«
    Er richtete sich auf und

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