Schattengefährte
und beugte die Knie vor ihm, wohl wissend, dass Alinas Vater kaum etwas von dem begriff, was hier im Raum vor sich ging. Doch Fandurs Augen waren nicht auf Angus, sondern auf Alina gerichtet, nur ihr galt seine Rede, und sie erschrak vor dem ernsten, fast verzweifelten Ausdruck, mit dem er sie ansah.
»Ich bin frei, Alina. Kein Gesetz bindet den Rabenkrieger mehr. Wenn du mir vergeben kannst und deine Liebe noch am Leben ist, dann werde ich bei deinem Vater um deine Hand anhalten. Ich will an deiner Seite sein und als dein Ehemann das Hügelland regieren, so, wie du es gewünscht hast.«
Schweigen folgte seinen Worten, die Hofgesellschaft konnte es kaum fassen, Nessa und Nemed waren starr vor Entsetzen. Immer noch hing Fandurs Blick mit beschwörender Kraft an Alina, Trotz brannte darin, Sehnsucht glomm, Liebe flehte um Gegenliebe.
Alina war wie betäubt. Hatte sie richtig gehört, oder erlebte sie dies alles nur in einem Traum? Hatte er nicht behauptet, ein Rabenkrieger könne niemals ihr Ehemann und König des Hügellandes werden? Jetzt aber wollte er um ihre Hand anhalten. Was hatte er da gesagt? Er sei frei. Frei wovon? Hatte er sich endgültig von seiner hässlichen Geliebten losgesagt, um von nun an nur noch ihr, Alina, zu gehören?
Wie auch immer! Es gab für sie keine Wahl, denn ihr Herz zog sie mit aller Gewalt zu ihm hin.
»Wenn mein Vater deine Werbung annimmt, dann will ich deine Frau werden.«
Sie hatte sehr leise gesprochen, denn sie wollte, dass nur Fandur allein ihre Einwilligung hören sollte, doch kaum war der Satz gesagt, da lief eine Welle der Begeisterung durch das königliche Gemach. Der Rabenkrieger würde Angus als König nachfolgen, etwas Besseres konnte ihnen gar nicht passieren. Jubel kam auf, die Ritter schlugen sich lachend auf die Schultern, die adeligen Frauen umarmten sich, und man hörte freudige Glückwünsche. Welch ein schönes Paar die beiden doch waren. Jetzt war man vor allen Feinden in Sicherheit, gleich ob Wolfskrieger oder Drachen, denn ein Rabenkrieger und eine Fee auf dem Herrscher-thron würden das Land unbesiegbar machen.
Nur Nessa und Nemed stimmten begreiflicherweise nicht in den Jubel ein. Hasserfüllt starrte Nemed auf die fröhlichen Menschen, die noch vor kurzer Zeit bereit gewesen waren, ihn als Herrscher anzuerkennen. Nicht wenige unter ihnen hatten ihm geschmeichelt in der Hoffnung, von ihm später begünstigt zu werden, andere hatten sich angstvoll geduckt und freundliche Mienen gezeigt. Jetzt aber schienen sie wie befreit, und Nemed war das Ziel ihrer spöttischen Bemerkungen. Er habe ausgespielt, wurde geflüstert. Nessas Bruder habe König werden wollen, ohne ein Feldherr zu sein. Ein Dickbauch sei er, hing auf dem Pferd wie ein Sack Gerste, wenn es in den Kampf ging, dann schickte er seine Knappen vor.
Fandur konnte Alina nicht mit Worten danken, denn das allgemeine Geschrei war allzu laut. Doch er erhob sich langsam wie von einer großen Last erlöst, und lächelte sie an, ließ sie spüren, wie glücklich und erleichtert er war. Mit einer leichten Bewegung streckte er den Arm nach ihr aus, forderte sie auf, an seine Seite zu treten, und sie folgte seinem Wunsch, wie magisch angezogen. Schon berührten sich ihre Hände – da schob sich Nessas fülliger Körper zwischen sie, und ihre laute Stimme übertönte den Lärm, der im Gemach herrschte.
»So bringt Eure Werbung vor den König, Ritter Fandur, denn nur aus seiner Hand könnt Ihr Eure Braut empfangen.«
Alina ahnte plötzlich, welch boshafte Absicht hinter diesen Worten steckte, sie sah, dass Nessa und Nemed Blicke tauschten und dass die Farbe in Nemeds Gesicht zurückkehrte.
Erwartungsvolle Stille trat ein, Fandur neigte sich zu dem Kranken hinab und brachte seine Werbung vor.
»König des Hügellandes. Hier steht Fandur, der Rabenkrieger, und bittet Euch um die Hand Eurer Tochter.«
Alinas Vater hob den Kopf zu dem Rabenkrieger und blickte ihn mit weiten, verträumten Augen an, wie ein Kind den Vater ansieht, der sich über sein Bett beugt. Der König war weder taub noch blind, doch sein Hirn war wie im Nebel, er konnte nicht deuten, was er sah und hörte, er konnte sich nur an die Sätze erinnern, die Nessa ihm immer und immer wieder vorgesprochen hatte.
»… mein Schwager Nemed wird dir ein treuer Ehemann sein, er wird dich führen und anweisen, bei ihm sollst du leben, ihm Kinder gebären und ihm gehorsam sein, wie es einer Ehefrau …«
Verblüffung machte sich breit, die Hofleute
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