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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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Werk. Sie konnte zufrieden sein, das Laken zeigte keine einzige Falte, glatt und weiß lag es über dem Polster. Sie bezog nun auch die Kissen neu, legte die Decken wieder auf und wandte sich dann mit tröstendem Lächeln zu Alina um.
    »Wenn dein Vater siegreich zurückkehrt, wird er dir vielleicht verzeihen. Wir alle wissen, wie großmütig er sein kann, wenn er in froher Stimmung ist. Doch den Teppich wird er ganz sicher nicht wieder aufhängen lassen – viel eher wird die schöne Stickerei wieder in einer Truhe verschwinden.«
    Macha rollte die gebrauchten Tücher zusammen und überzeugte sich noch einmal, dass die Fenster gut verriegelt waren.
    »Sieh dich vor, Mädchen. Ich weiß nicht, wie es kam, aber es sind kleine Federchen auf deinen Kissen. Es sind keine Gänse- oder Entenfedern, die aus den Kissen gequollen sein könnten – mir scheint eher, dass sie von einem Raben stammen.«
    »Von … von einem Raben?«, stammelte Alina. »Ach, Macha – da haben dir deine Augen wieder einen Streich gespielt.«
    »Mag sein«, murmelte die Alte, wünschte Alina eine gute Nacht und ging hinaus. Man hörte, wie sie draußen im Flur mit den beiden Knechten redete und ihnen befahl, beiseitezurücken, dann holte sie ihren Strohsack herbei und bereitete sich vor der Tür ihres Schützlings das Lager. Bald vernahm man wieder das Rollen der Würfel, hin und wieder stritten die beiden Knechte leise miteinander, dazwischen erklang Machas Schnarchen. Alina seufzte. In dieser Nacht wurde sie gleich dreifach bewacht.
    Sie wartete, bis sie den Mond durch die Fensterscheiben hindurch glitzern sah, dann erhob sie sich und löste die Verriegelung. Die Nacht bot Mond und Sterne wie kostbare Kleinodien auf samtig schwarzem Himmelsgrund dar. Zum Greifen nah schienen die kleinen und größeren Sterne, lockten das Mädchen mit kühl schimmerndem Licht, der Mond jedoch, der in dieser Nacht fast schon die vollkommene Rundung erreicht hatte, strahlte sanft auf sie herab, und sie spürte, wie sein silbriger Schein in sie eindrang und auch sie selbst zum Leuchten brachte.
    »Kinder des Lichts sind wie wandernde Sterne
    Finden die Wege zur Heimat nicht mehr
    Suchen verlorenes Glück in der Ferne
    Finden nur Trümmer, die Stätte ist leer.«
    Wieso kam ihr gerade jetzt dieses Lied in den Sinn? Es klang so traurig und hoffnungslos, dass ihr wieder die Tränen in die Augen schossen. Und natürlich fiel ihr noch dazu ein, welche Gemeinheiten Nessa ihr ins Gesicht geschrien hatte. Bastard hatte sie gekeift. Wechselbalg. Welches Recht hatte sie, solche Beleidigungen öffentlich auszusprechen? Nur weil sie, Alina, die Tochter einer anderen Frau war? Sie war Etains Tochter. Jawohl, das war sie. Und sie würde dafür sorgen, dass der Name ihrer Mutter nicht in Vergessenheit geriet.
    Jetzt waren die dummen Tränen doch so hoch gestiegen, dass sie sie nicht mehr zurückdrängen konnte. Sie presste sich die Hand vor den Mund, damit man im Flur ihr Schluchzen nicht hörte, und warf sich auf ihr Bett, um ihr Gesicht in den Polstern zu vergraben. Der Kummer kam mit solcher Macht über sie, dass sie sich kaum mehr zu helfen wusste. Er schüttelte ihren Körper, ließ sie ihre Finger in die Decke krallen, und sie erstickte fast an den mühsam zurückgehaltenen Schreien.
    Mitten in ihrer Verzweiflung spürte sie, dass jemand sie sacht bei den Schultern nahm, die Arme um sie schlang und sie von ihrem nassgeweinten Polster fortziehen wollte. Sie wehrte sich verbissen, zappelte mit den Beinen und wollte das Polster auf keinen Fall loslassen.
    »Alina. Königstochter. Meine süße Herrin.«
    Sie zuckte erschrocken zusammen, denn sie hatte seine Stimme erkannt. O nein – gerade jetzt musste er kommen, da sie so ein jämmerliches Bild abgab. Sie schniefte und versuchte, sich mit dem Ärmel das nasse Gesicht zu trocknen.
    »Ganz ruhig«, hörte sie seine sanfte Stimme. »Hör auf zu zappeln. Lehn dich einfach an mich …«
    Sie zitterte immer noch, und auch das Schluchzen kehrte in Abständen wieder, ohne dass sie es verhindern konnte. Doch sie gab nach, überließ sich seiner tröstenden Wärme, lehnte ihr heißes Gesicht an seine Schulter und spürte, wie seine Arme sie umschlossen. Es war schön, sich an seine Brust zu schmiegen und auf sein leises Murmeln zu hören, sie schniefte noch ein wenig und wischte sich verstohlen mit dem Ärmel die Nase, doch langsam kehrte erlösende Ruhe in ihr Gemüt ein.
    »Magst du mir sagen, weshalb du geweint hast?«
    Seine Stimme

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