Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
Vom Netzwerk:
ein Ausdruck des Bedauerns auf seine Züge. Er hätte sie gern zu einem kleinen Ausflug davonziehen lassen, doch der Befehl des Königs war dieses Mal mit besonderem Nachdruck verkündet worden, und auch die Burgherrin Nessa achtete darauf, dass die Königstochter die Burg nicht verließ. Zudem stand er nicht allein am Tor, ein Knecht der Königin leistete ihm Gesellschaft.
    »Gibt es Nachrichten von meinem Vater?«, erkundigte sich Alina leise.
    Fergus warf einen vorsichtigen Blick zu seinem Genossen hinüber, doch der setzte gerade den Weinkrug an den Mund und schluckte hingebungsvoll.
    »Er hat immer noch keine Botschaft geschickt, junge Herrin. Doch ein paar Bauernweiber, die gestern Kräuter und Beeren zum Kauf anboten, haben von Verwandten gehört, dass am wandernden Fluss gekämpft würde. Rauch sei zu sehen und Schwärme von Raben, es scheint, dass es immer noch nicht …«
    Er unterbrach sich, denn jetzt hatte sein Kumpan den Krug abgesetzt. Misstrauisch äugte er zu Fergus hinüber und wischte sich dabei mit dem Handrücken einige Tropfen vom Kinn.
    »Lass dich nur nicht beschwatzen«, meinte er. »Die Königin hat befohlen …«
    Dann jedoch bekam er einen Schluckauf und entschloss sich, das lästige Hüpfen in seinem Bauch mit einem weiteren, langen Schluck Wein zu bekämpfen.
    »Rauch und Rabenschwärme haben sie gesehen?«, flüsterte Alina rasch. »Nichts anderes?«
    »Nein. Aber gewiss hat Euer Vater die Eindringlinge inzwischen längst besiegt …«
    »Das hoffe ich auch, Fergus.«
    Hinter ihr erhob sich jetzt lautes Geschrei, in das sich das zornige Brüllen eines Maulesels mischte. Fergus grinste schadenfroh, als das langohrige Grautier zwischen den Wäschestücken auftauchte, verfolgt von den entsetzten Pagen. Ein weißes Leinenhemd hatte sich um Kopf und Hals des Tieres gewickelt und nahm ihm die Sicht, er blieb immer wieder stehen, um den lästigen Stoff abzuschütteln, doch als ihn dann die Stockhiebe der beiden Knaben am Hinterteil erwischten, keilte er aus und galoppierte weiter. Gelächter wurde laut, dazwischen das Gejammer der Wäscherinnen und die schrillen Rufe der verzweifelten Knaben. Ein hölzerner Waschkübel wurde umgestoßen, die Hunde kläfften so wütend, als stünde schon der Feind vor der Burg – erst als ein Stallknecht gelaufen kam und den bockenden Esel einfing, beruhigte sich die Lage. Zwei feingewirkte Hemden waren dem wütenden Langohr zum Opfer gefallen, dazu ein hellrotes, mit Goldfäden besticktes Festgewand, das in den Schweinepfuhl gefallen war.
    Nessa war außer sich vor Zorn, besonders um das rote Festgewand war es ihr Leid, denn sie war der Meinung, dass die rote Farbe sie besser als jede andere kleide. Als Alina sich am Nachmittag in den Gemächern der königlichen Frauen zum Sticken einfand, lief Nessa immer noch in der Burg herum, um die Schuldigen angemessen zu strafen.
    »Den armen Maulesel hat sie aus der Burg jagen lassen«, flüsterte das mollige blonde Mädchen Alina zu. »Dabei kann der arme Kerl doch wirklich nichts dafür.«
    »Das ist wahr«, gab Alina zurück.
    Für diese Äußerung vergab sie der blonden Asa viele andere böse Bemerkungen. Überhaupt schien das Mädchen gar nicht so hochnäsig zu sein, wie sie zu Anfang getan hatte, denn inzwischen versuchte sie immer wieder, ein Gespräch mit Alina anzuknüpfen.
    »Wenn die Nadel allzu schwer in den Stoff hineingeht, dann kannst du eine solche hölzerne Fingerkappe benutzen«, riet sie Alina. »Sonst stichst du dir die Finger wund.«
    Der Rat war gut, denn das Leinen, auf dem die vielen, bunten Kampfszenen entstanden, lag in mehreren Schichten aufeinander, und an einigen Stellen bekam man die Nadel kaum hindurch.
    »Weshalb nimmt sie das Leinen denn doppelt?«, murrte Alina. »Es verzieht sich, wenn man darauf stickt. Viel besser wäre es, den Stoff einfach zu nehmen – wenn die Stickerei fertig ist, kann man immer noch einen zweiten Stoff dahinter nähen.«
    »Es ist nicht doppelt, sondern dreifach«, verbesserte Asa naseweis. »Fühlst du das nicht? An der Ober- und Unterseite ist helles Leinen, dazwischen befindet sich ein anderer Stoff. Er soll den Wandteppich fester machen, damit er im Winter die Kälte der Mauer abhält.«
    Alina prüfte den Stoff mit den Fingern und besah sich die Kanten – Asa hatte Recht. Die helle Leinwand war mit einem ziemlich harten Stoff gefüttert, deshalb mussten sie sich so plagen.
    »Es ist ein alter Wandteppich, der nicht mehr schön war«, schwatzte Asa.

Weitere Kostenlose Bücher