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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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auf seinen Herausforderer, der jetzt sein Pferd wendete und den Kämpfern das Zeichen gab, sich bis zu den Hügeln zurückzuziehen. Dort stiegen die Reiter von den Pferden und lagerten sich im Gras, die Fußkämpfer sammelten die hölzernen Stangen und Schwerter ein, die Angus’ Krieger fortgeworfen hatten, und verwendeten sie als Feuerholz. Man sah höhnische Gesten, die Kämpfer schwatzten und stritten miteinander, keiner von ihnen zweifelte daran, in Kürze die Burg zu erobern, stattdessen schien es fast so, als teilten sie schon die zu erwartende Beute unter sich auf.
    Schweigend folgte Alina ihrem Vater hinunter in die Halle, wo sich jetzt die Ritter versammelten, um Rat zu halten. Sie blieben nicht unter sich, denn auch die einfachen Kämpfer und Knappen fanden sich ein, ebenso Königin Nessa und ihre Frauen. Dazu drängte sich auch das Gesinde in die Halle, voller Angst, was nun beschlossen werden sollte, und niemand verwehrte ihnen den Eintritt.
    Nur wenige der Männer und Frauen bewahrten auch jetzt noch Ruhe und Zuversicht, einige Knappen gehörten dazu, auch etliche der graubärtigen Ritter, die bereit waren, im Kampf zu sterben, und dieses Los nicht bedauerten. In den Gesichtern vieler anderer war die blanke Todesangst zu lesen, einige schluchzten hilflos, viele jedoch waren reglos und wie betäubt, denn es waren an diesem Tag mehr Schrecken über sie hereingebrochen, als ihr Gemüt erfassen konnte.
    »Dies alles ist durch meine Schuld geschehen«, sagte der König mit ruhiger Stimme. »Und ich wünschte, ich könnte meine Fehler durch den Tod sühnen und euch damit vor dem Unheil bewahren. Doch wie die Dinge stehen, werden wir alle gemeinsam kämpfen müssen, um die Festung zu verteidigen.«
    Alina war neben ihren Vater getreten, denn sie wollte in dieser Stunde der Not an seiner Seite sein. Seine Worte hatten sie tief gerührt, und in ihrem Herzen vergab sie ihm dafür vieles, was er ihr und anderen angetan hatte. Doch auch sie wusste keinen anderen Rat, als mutig zu kämpfen und auf das Glück zu hoffen, das manchmal den Unterlegenen noch zum Sieger machte. Nicht alle waren ihrer Ansicht. Nemed hatte leise mit seiner Schwester geflüstert, jetzt trat er vor und rief mit heiserer Stimme:
    »Was sollte der sinnlose Kampf uns noch nützen? Habt ihr nicht gehört, was König Branno uns angeboten hat? Wer sich freiwillig ergibt und Brannos Vasall wird, der wird am Leben bleiben und sogar sein Gut behalten. Wenn wir aber kämpfen und besiegt werden, dann sterben wir alle eines grausamen Todes, selbst die Frauen und Kinder. Zählt nicht auch Klugheit zu den Tugenden des Ritters? Ist uns nicht befohlen, die Schwachen zu schützen? Wenn es so ist, dann bleibt uns nur die Wahl, das Tor zu öffnen.«
    Zweifelnde Blicke wanderten umher, es wurde geflüstert, einige der Frauen nickten zustimmend, und auch Nessas Augen hingen wohlwollend an ihrem Bruder. Laute Zustimmung gab es von den Mägden und Knechten, nur die alten Kämpfer und die Knappen blickten finster drein, denn sie schämten sich für die feigen Worte.
    »Glaubt ihr wirklich, Branno würde sein Versprechen halten?«, ließ sich König Angus vernehmen. »Er ist ein Lügner, genau wie sein Vater es war. Ist die Burg erst in seinem Besitz, dann wird er keinen Mann und keinen Knaben am Leben lassen, und was das Schicksal der Frauen sein wird, das muss ich niemandem sagen.«
    Doch Nemed ließ sich nicht so rasch einschüchtern. Er hatte die hoffnungsvollen Blicke vieler Burgbewohner aufgefangen und spürte, dass nicht alle von den Worten des Königs überzeugt waren.
    »Weshalb sollten wir Euch glauben, König Angus? Habt Ihr nicht selbst gestanden, dieses Unglück verschuldet zu haben? Ihr habt Euch geirrt, und Ihr irrt auch jetzt.«
    Nun endlich regte sich der Zorn der graubärtigen Ritter, und einer von ihnen hob die Faust gegen Nemed.
    »Ihr seid immer ein Feigling gewesen, Nemed!«, brüllte er. »Gesteht doch, dass Ihr insgeheim längst beschlossen habt, Vasall unserer Feinde zu werden. Vielleicht rechnet Ihr Euch sogar aus, von Branno zum Herrn dieser Burg eingesetzt zu werden – pfui diesem feigen Verrat!«
    Alina sah Nemeds Züge aufflammen – vermutlich hatte der alte Kämpfer die Wahrheit erraten. Nemed hatte die Seiten gewechselt, und ganz sicher stand auch Nessa hinter ihm. Ob sie wohl glaubte, Branno würde sie zur Frau nehmen, um seine Herrschaft über das Hügelland damit zu legitimieren? Lächerlich – Branno war halb so alt wie Nessa,

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