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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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Beine zitterten, der Bogen entglitt ihrer Hand, sie sank zu Boden, und es wurde für einen Augenblick dunkel vor ihren Augen. Dann vernahm sie die leise, zärtliche Stimme ihres Vaters, und sie spürte, dass er neben ihr kniete und sie in den Armen hielt.
    »Mein Feenkind«, murmelte er. »Meine kleine Tochter. Ach, ich wünschte, alles wäre anders gekommen. Ich wünsche es aus tiefstem Herzen, doch es ist zu spät. Du bist alles, was mir geblieben ist, und ich will mich niemals von dir trennen.«
    Sie begriff den Sinn seiner Worte nur teilweise, doch seine Umarmung tat ihr wohl, auch wenn das kühle Metall des Kettenpanzers unter seinem goldfarbigen Waffenrock sie drückte. Müde lehnte sie den Kopf an seine Schulter und ließ geschehen, dass er mit ungeschickten, zitternden Händen über ihr Haar strich.
    Erst als ein heller Jubelschrei von einem der Wehrtürme herüberdrang, fuhr sie aus ihrer Versunkenheit. Es war ohne Zweifel Baldins Stimme, der vorwitzige Bursche hatte nicht unten im Turm Schutz gesucht, sondern er war zu den Rittern hinaufgestiegen, die oben an den Fensteröffnungen standen. Einige andere stimmten in den Jubel ein, man hatte den Kampf von den Türmen und den Fenstern des Wohngebäudes aus verfolgt, auch war einer der getöteten Drachen in den Burghof gestürzt, um dort zu einem Häufchen Asche zu verglühen. Doch die Freude war nur verhalten, denn man hatte zwar einen Gegner abgewehrt, jedoch noch lange nicht den Sieg errungen.
    Angus erhob sich langsam und blickte über die Zinnen des Burgturms hinweg, was er sah, bedeutete nichts Gutes.
    »Branno hat sich nicht entmutigen lassen«, sagte er grimmig. »Er steht mit seinen Männern dicht vor dem Tor – es schaut fast so aus, als wolle er verhandeln.«
    Vorsichtig lugte nun auch Alina zwischen zwei Zinnen hindurch nach unten, und sie erschrak. König Brannos Heer bedeckte die Wiesen bis zu den Hügeln hinauf, rot wie Mohn leuchteten ihre Waffenröcke, und die Wolfsköpfe, die ihr darauf entgegengrinsten, waren kaum zu zählen. Unendlich groß war auch die Zahl der Reiter, ihre Lanzen spitz und gut geschliffen, die dunklen Helme mit dem schmalen Nasenschutz verbargen ihre Gesichter. Auch Fußkämpfer gehörten zum Heer, mit kurzen Schwertern und Beilen bewaffnet, vor ihnen knieten die Bogenschützen, bereit, einen tödlichen Pfeilregen in die Burg zu schicken. König Branno war an dem Helmschmuck aus roten Federn zu erkennen, er befand sich nicht weit von der hölzernen Torbrücke entfernt, umgeben von seinen engsten Getreuen.
    »Angus, König des Hügellands!«, hörte man seine laute Stimme. »Hier steht Branno, Airdans Sohn und Erbe, König der Drachenkrieger.«
    Alinas Vater war bleich geworden, doch er richtete sich jetzt zu seiner vollen Größe auf und trat zwischen die Zinnen, so dass er von unten gut zu sehen war.
    »Du hast den Frieden gebrochen, Branno«, rief er. »Dafür wirst du deine Strafe erhalten. Es wird dir ebenso gehen wie deinem Vater, den ich besiegt habe.«
    Brannos Gesicht war nicht zu erkennen, denn er trug eine stählerne Maske, die wie der Kopf eines Wolfs geformt war. Doch seiner hohen Gestalt nach konnte er kein Schwächling sein. Jetzt hörte man ihn schallend lachen, und es klang dumpf wie ein ferner Donner.
    »Willst du mit mir scherzen, Angus? Ich weiß, dass dir viel zu wenige Kämpfer geblieben sind, um die Burg zu verteidigen. Doch ich bin edelmütig und hasse unnötiges Gemetzel. Öffne mir die Tore der Burg, und ich verspreche, dass niemandem ein Haar gekrümmt werden soll. Ich bin friedfertig gesinnt, Angus. Wer von deinen Männern mir die Treue schwört, der soll mein Vasall sein und das seine behalten.«
    Alina sah, wie ihr Vater zornig die Fäuste ballte, denn dieses Ansinnen war ebenso demütigend wie hinterhältig. Branno hoffte darauf, dass einige der Ritter ihren König aus Feigheit verraten würden, vielleicht sogar gegen Angus’ Willen die Tore öffneten. Damit wäre die starke Festung kampflos gewonnen. Wie es später mit Brannos Versprechen aussehen würde, war leicht zu erraten.
    »Bedenke mein Angebot sorgfältig und hole den Rat deiner Getreuen ein!«, rief Branno zum Turm hinauf. »Wenn die Sonne jedoch im Mittag steht und ich bis dahin keine Antwort von dir habe, werden wir die Burg erstürmen, und alle, die sich darin befinden, Männer, Weiber und Kinder, müssen sterben!«
    Angus’ Kiefer spannte sich, und seine Rechte umschloss den Knauf des Schwertes. Mit dumpfem Blick starrte er

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