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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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gewachsen ist. Ich kann es nicht genau erkennen, aber ich fürchte, dass es etwas Schreckliches bedeutet.«
    Alina hob den Blick, und das Herz wollte ihr stehen bleiben. Dort oben auf den Kuppen der Hügel standen dichte Reihen von Reitern, schwarz waren ihre Waffenröcke, blauschwarz glänzten die Helme, an Armen und Beinen sah man die blanken Kettenhemden glitzern. Jetzt begriff sie, was Fandur gemeint hatte, als er ihnen Helfer versprach. Es waren seine Kameraden, die Rabenkrieger, die noch vor kurzer Zeit den Drachen so viel Ärger bereitet hatten, nun kamen sie in ihrer menschlichen Gestalt, um die Wolfskrieger anzugreifen. Welche Macht hatte Fandur über seine Genossen? Wie hatte er sie wohl dazu gebracht, unter seinem Befehl zu kämpfen?
    Atemlos verfolgten die Frauen, was weiter geschah. Branno hatte voller Freude gesehen, dass sich das Burgtor öffnete, denn er glaubte, König Angus wolle ihm die Festung übergeben. Als jedoch Angus’ gewappneten Kämpfer auf die Brücke traten, stutzte er und gab seinen Männern den Befehl, sich zum Kampf bereitzumachen. Doch niemand hatte allzu große Eile dabei, gar zu klein erschien ihnen die Schar der Kämpfer, die sich in todesmutiger Verzweiflung gegen das Unvermeidliche aufbäumten, nur den Reiter zwischen ihnen betrachtete man mit Misstrauen, denn er hatte etwas an sich, das ihnen nicht geheuer war. Dann aber entdeckte man die dunklen Reihen auf den Kuppen der Hügel, und Furcht verbreitete sich im Heer.
    »Das sind keine Menschen – es sind Zwischenwesen!«
    »Rabenkrieger sind es, seht doch die blauschwarzen Helme!«
    »Angus hat sie zu Hilfe gerufen – wir sind verloren!«
    Was nun folgte, war entsetzlich, und Alina wünschte, sie würde im untersten Turmgemach hocken, um die grausamen Szenen der Schlacht nicht mitansehen zu müssen. Doch sie musste oben auf dem Turm aushalten, krallte die Finger in den harten Stein der Zinne und starrte wie gebannt auf das fürchterliche Geschehen. Neben ihr kreischte Nessa aus vollem Halse, jetzt, da sich das Kriegsglück gewendet hatte, feuerte sie Angus und seine Ritter an, und auch ihre Frauen schrien laut und schwenkten ihre Tücher im Wind. Alina jedoch konnte keinen Laut über die Lippen bringen, denn der Blutdurst der Rabenkrieger kannte keine Grenzen. Wer war dieser Mann, der sie mit seiner Sanftmut und Keckheit so bezaubert hatte? Sie kannte ihn nicht mehr, hatte ihn wohl niemals gekannt, jener kalte, mitleidslose Krieger, der dort unten wütete, konnte nicht ihr Fandur sein.
    Es war später Nachmittag, und der Himmel färbte sich von Osten her in blutigem Rot, als die besiegten Drachenkrieger ihr Heil in der Flucht suchten. Sie flohen ungeordnet, denn Branno hatte die Macht über seine Ritter verloren, Reiter stürzten, andere ritten über sie hinweg, viele, die tapfer gekämpft hatten, starben unselig auf dieser heillosen Flucht. Tote und Verwundete blieben auf dem Schlachtfeld zurück, Scharen von herrenlosen Pferden liefen umher und wurden von den Siegern eingefangen.
    Während Nessa mit ihren Frauen den Siegern jubelnd entgegenlief, blieb Alina auf dem Turm zurück, am ganzen Körper erstarrt und von namenlosem Grauen erfasst. Nur Ogyn hockte noch neben ihr, grotesk anzusehen in den bunten Frauenkleidern, sein Gesicht war grau, die Augen weit und leer.
    »Ich wünschte, ich hätte nie gelebt«, murmelte er.
    Als die Nacht sich mit mildtätiger Dunkelheit über das Hügelland senkte, stapelten sich in der Halle Waffen und Rüstungen, die man den Besiegten abgenommen hatte. Gefangene Wolfskrieger drängten sich im Hof, wo man sie gefesselt und angekettet hatte, man würde sie gegen eigene Kämpfer, die in Brannos Gewalt geraten waren, austauschen. Von den Männern, die Fandur in die Schlacht geführt hatte, war kein Einziger gefallen, die schwarzen Ritter jedoch, denen man den Sieg verdankte, waren auf seltsame Weise verschwunden. Nur ihre Pferde blieben zurück, doch man erkannte sie als die eigenen Tiere, die nach dem Angriff der Drachen in die Hügel geflüchtet waren.
    Einzig Fandur war geblieben, freundlich folgte er der Einladung zur Siegesfeier, die Nessa ihm mit schmeichlerischen Worten überbrachte. Unbefangen nahm er an der langen Tafel den Ehrenplatz zur Rechten des Königs ein, ohne jedoch Helm und Rüstung abzulegen, und Alina hörte es flüstern, ob der fremde Ritter wohl ein hässliches Geschwür auf der Nase habe, weil er stets sein Gesicht verbarg. Kaum war der erste Trunk auf den Sieg getan, da

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