Schattengefährte
einen prüfenden Blick auf Alina und zupfte ihren Genossen am Ärmel. Ohne ein Wort gingen die beiden davon, ihre Stiefel mussten mit weichem Leder besohlt sein, denn man hörte ihre Schritte nicht. Das scharrende Geräusch, das Alina vorhin vernommen hatte, stammte von der hölzernen Pforte, die beim Öffnen leicht über den Boden schrammte.
»Du wirst dich bald an sie gewöhnt haben«, tröstete Fandur. »Sie sind treu und zuverlässig, und außerdem sind sie dir sehr gewogen.«
Diesen Eindruck hatte sie überhaupt nicht gehabt, doch sie schwieg. Wenn diese beiden hässlichen Gnome hier in der Burg wohnten, gab es wohl keine Möglichkeit, ihnen auszuweichen. Sie konnte nur hoffen, dass Fandur wusste, wem er sie anvertraute.
Er schien sehr zufrieden mit dem Ausgang dieser Begegnung, denn er strich mit einer zärtlichen Bewegung über ihr Haar und lächelte sie an.
»Komm, meine süße Feentochter«, lockte er sie mit weicher Stimme. »Du gehörst jetzt dem Rabenkrieger, denn ich habe dich erstritten. Heute Nacht noch fordere ich von dir die Gunst, die du mir vor langer Zeit versprochen hast.«
Welche Macht hatten diese samtigen Augen, diese dunkle Stimme, die stets ein klein wenig heiser klang. Unter ihrer Wirkung schwanden ihre Ängste dahin, als hätten die Schwingen des Raben sie zugedeckt. Er war ein schillernder Begleiter, ein grausamer Krieger, ein waghalsiger Spieler, ein listiger Rabe, vielleicht war es unklug gewesen, sich ihm anzuvertrauen, doch wenn er seinen Zauber über sie warf, machte er sie wehrlos.
Mit einer langsamen Bewegung löste er seinen Gürtel und zog das gleißende Kettenhemd über den Kopf. Mit leisem Klirren fiel das Geflecht aus stählernen Ringen zu Boden, er öffnete die Riemen des ledernen Körperschutzes, den er darunter trug, und stand bis auf die eng anliegenden Hosen nackt vor ihr. Seine Haut war nicht hell wie die ihre, sondern wie matte Bronze getönt, sein Körper schlank, und die Muskelstränge an Schultern, Brust und Armen zeigten an, welche Kräfte die großen Schwingen des Raben bewegten.
Sie stand wie bezaubert, in einen betäubenden Rausch versetzt, und konnte sich nicht sattsehen an der dunklen Schönheit dieses Körpers. Das flackernd rötliche Licht des Kaminfeuers spielte auf seiner bronzefarbigen Haut, ließ jede Hebung, jeden Schatten hervortreten, und nichts in der Welt erschien ihr begehrenswerter, als diesen männlichen Leib in seiner Nacktheit berühren zu dürfen. Kaum spürte sie ihre eigenen Schritte, während sie auf ihn zuging, doch als sie vor ihm stand und erschauernd den Geruch seiner Männlichkeit atmete, verließ sie der Mut, und sie wagte nicht einmal, die Hand zu heben.
Er hatte ohne eine Bewegung auf sie gewartet, doch seine schwarzen Augen loderten, als brenne ein Feuer darin, und als er nun langsam die Arme hob, zuckte sie zusammen, denn von seinen Händen schienen blitzende Fünkchen auf sie zu sprühen.
»Du spürst es genau wie ich«, murmelte er. »Gib mir jetzt, wonach ich mich sehne, meine leuchtende Fee, denn sonst könnte es geschehen, dass die Flamme mich ganz und gar verzehrt.«
Sie begriff nichts, sehnte sich nur unendlich danach, dem Sog nachzugeben, mit den Händen über seine lockende, bloße Haut zu fahren und sich in dem bronzefarbigen Flammenmeer seiner Begierde zu verlieren. Er neigte sich über sie, legte beide Hände auf ihre Wangen und küsste ihre Augen.
Er tat es bedachtsam und mit einer Behutsamkeit, als vollzöge er eine feierliche Zeremonie. Sie spürte seine Lippen nur leicht auf den geschlossenen Lidern, sie waren nicht heiß, sondern kühl, und zu ihrer Überraschung fühlte sie, dass sein Körper zitterte. Bilder überfluteten sie, während er seine Begierde an ihr stillte, Farben und Düfte bedrängten sie, das Rauschen tiefer, einsamer Wälder mischte sich mit dem bunten Gewirr grünender Zweige, durch die das Sonnenlicht blitzte, rote und gelbe Früchte prangten, blühende Wiesen wellten sich im Wind, eine Rose, an deren perlmuttfarbigen Blättern noch schimmernde Tautropfen hingen, öffnete sich sacht, und sie atmete ihren bittersüßen Duft.
Als sie die Augen aufschlug, sah sie Fandurs Gesicht über sich, es war sehr blass, Beglückung spiegelte sich darin, zugleich aber ungläubiges Erstaunen.
»Welche Macht hast du, Feenkind«, murmelte er. »Deine Augen zu küssen hat mich fast das Leben gekostet.«
Er zog sie auf das Lager, legte sich neben ihr nieder und deckte Felle und Decken über sie beide.
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