Schattengefährte
Felle. Es gab sogar ein kleines Tischlein, darauf fand sich ein silberner Handspiegel und ein Kamm, auch einige Kästchen aus dunklem Holz, mit eingelegten Mustern und goldenen Beschlägen verziert, dazu graues Gestein, aus dem Berg gebrochen, in dem vielfarbige Kristalle glitzerten.
Alina war gerührt, denn dieser Raum glich fast ganz ihrem Schlafgemach in der väterlichen Burg, nur die beiden Fenster mit den bunten Scheiben fehlten. Doch Fandur schob einen der Wandteppiche beiseite, dahinter befand sich eine Fensternische.
»Du musst nichts vermissen, das dir lieb geworden ist«, sagte er stolz. »Von diesem Fenster aus kannst du über das ganze Tal blicken. Jeden Abend wirst du mich sehen, wenn ich herbeifliege, um bei dir zu sein. Allerdings werde ich nicht durch das Fenster, sondern durch die Pforte zu dir kommen.«
»Und am Morgen?«, fragte sie stirnrunzelnd.
Es war etwas in seinem Blick, das sie um Vergebung zu bitten schien, doch sein siegerhaftes Lächeln widersprach diesem Ausdruck in seinen Augen.
»Am Morgen werde ich meiner Bestimmung folgen, Alina. Der Tag ist die Zeit des Rabenkriegers, in den Nächten aber werde ich dir gehören, meine rotgoldene Fee.«
Er würde es also weiter so halten, wie damals, als er sie auf der Burg besuchte. Sie war enttäuscht, denn sie hatte geglaubt, sie würde ihn ganz und gar in ihrer Nähe haben. Hatte sie selbst nicht alles hinter sich gelassen, um ihm zu folgen? Er aber gönnte ihr nur einen Teil seiner selbst, die Nacht, die Zeit der Dunkelheit, des Verborgenen, der Heimlichkeit. Für einen Augenblick schoss das scheußliche Lied wieder durch ihren Sinn, und sie verspürte ein tiefes Unbehagen.
Liebe wird klein
In der Kälte der Nacht
Das Flämmchen geht ein
Ist der Sturm erst erwacht …
Ein leises, scharrendes Geräusch an der Pforte riss sie aus den beklemmenden Gedanken. Fandur trat neben sie, und wieder legte er seinen Arm beruhigend um ihre Schulter.
»Dies sind unsere Freunde, die dich während meiner Abwesenheit bedienen und beschützen werden.«
Er hatte wohl geahnt, welches Entsetzen diese beiden Wesen in ihr auslösen würden, denn er hielt sie so fest im Arm, als habe er Furcht, sie könne in eine Ohnmacht sinken.
An der Pforte standen zwei kleine, gedrungene Gestalten, in erdbraune Kittel gekleidet, die Füße steckten in klobigen, abgeschabten Stiefeln, die Hände waren breit und schienen zu groß für die kleinen Wesen. Scheußlich waren ihre Gesichter anzusehen, denn sie waren voller Runzeln und Warzen, in tiefen Höhlen glitzerten schwarze Augen, die Nasen glichen knollenförmigen Pilzen, die Münder waren breit und lippenlos und verschwanden zwischen der faltigen Haut. Da eines dieser Wesen eine seltsam gefaltete Haube auf dem Kopf trug, das andere mit einem schrecklich verfilzten Bart geziert war, schien es sich wohl um einen Mann und eine Frau zu handeln.
Zwerge – schoss es ihr durch den Sinn. Er will mich in die Obhut dieser unheimlichen Bergwesen geben, die geheimnisvolle Kräfte haben.
»Ihre Namen sind Morin und Gora«, fuhr Fandur scheinbar unbeeindruckt fort. »Sie leben seit vielen Jahren hier in dieser Burg und heißen dich herzlich willkommen.«
Die beiden Zwerge starrten mit unverhohlener Neugier auf ihren Gast, sie mussten blinzeln, das helle Kaminfeuer schien ihren Augen nicht gut zu bekommen, vielleicht lag es aber auch daran, dass sie kurzsichtig waren. Sie regten kein einziges Glied und schwiegen beharrlich, so dass Alina schließlich das Gefühl hatte, man erwarte von ihr, dass sie diese Wesen anredete.
»Mein Name ist Alina, Tochter des Königs Angus, der das Burgenland beherrscht«, sagte sie unsicher. »Ich danke Euch für Euer Willkommen. Diese Burg ist … außergewöhnlich schön und kostbar ausgestattet.«
Mehr fiel ihr nicht ein, außerdem hatte sie gelogen, denn sie fand die Halle scheußlich, nur dieser kleine Raum gefiel ihr, und den hatte ganz sicher Fandur für sie eingerichtet. Ihre Worte wurden nicht freundlich aufgenommen, die beiden Zwerge richteten ihre kleinen schwarzen Augen auf Fandur, und trotz der vielen Falten und Buckeln in ihren Gesichtern erschien es Alina, als drückten ihre Züge Missfallen aus. Hatte sie etwas Falsches gesagt? Sie hatte doch versucht, so höflich wie möglich zu sein.
»Morin und Gora sind erfreut, eine Fee in dieser Burg zu beherbergen«, sagte Fandur unverdrossen und schenkte der Zwergin ein einnehmendes Lächeln. Sie schien daraufhin besänftigt, warf noch
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