Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
Vom Netzwerk:
Sein Körper bebte immer noch, und sein Atem ging rasch, als habe er große Mühen hinter sich gebracht. Er berührte sie nicht, sondern lag unbeweglich neben ihr, sie spürte die Hitze seiner Erregung, die dunkle Kraft, die in ihm tobte, doch sie hatte nicht den Mut, zu tun, wonach es sie so sehr verlangte. Der kleine Abstand zwischen ihnen schien eine unsichtbare Mauer, und Fandur war nicht bereit, diese Grenze zu durchbrechen.
    Wollte er wirklich nichts weiter, als meine Augen zu küssen, dachte sie. Weshalb? Was hat er davon?
    Sie verspürte Enttäuschung und wurde sich voller Scham darüber klar, dass sie sich weit mehr von ihm ersehnt hatte. Schließlich überkam sie tiefe Müdigkeit, und während sie in den dunklen Brunnen des Schlafes sank, glaubte sie zu spüren, dass jemand ihre Hand fasste, als wolle er sie auf ihrem Flug durch das Schattenreich der Träume begleiten.

Kapitel 16
    Als sie erwachte, lag Fandur nicht mehr bei ihr. Das Feuer im Kamin war niedergebrannt, nur einige Kohlestücke bewahrten noch schwache, rötliche Glut, doch neben dem Wandteppich, dort wo Fandur ihr die Fensternische gezeigt hatte, war ein Lichtstreif zu sehen, nicht hell, sondern fahl und grau, der Morgen musste noch früh sein. Suchend blickte sie sich im Raum um – Fandrus Federkleid war nirgendwo zu entdecken, also war er ohne Abschied fortgeflogen. Schmerz und Bitterkeit ergriffen sie – er tat, was er wollte, kam und ging, wann es ihm gefiel, sie selbst aber hatte kaum eine Möglichkeit, diesen abgeschiedenen Ort zu verlassen.
    Sie stieg aus dem Bett und schob den Wandbehang zur Seite, um aus dem Fenster zu sehen, dann erstarrte sie in ungläubigem Entsetzen. Was war das für ein Fenster? Nichts als eine Öffnung in der meterdicken Mauer und dazu noch mit grauen Gitterstäben verschlossen. Hier also sollte sie stehen und auf ihn warten, von hier aus sollte sie angeblich das ganze Tal überblicken können. Dieser lügnerische Rabe! Sie konnte so gut wie gar nichts erkennen, außer dem trüben Licht, das zwischen den Stäben hindurchleuchtete und das unmöglich der Morgenhimmel sein konnte.
    Zornig ließ sie den Vorhang wieder fallen, griff ihren Mantel und legte ihn um die Schultern. Sie würde auf keinen Fall ihre Tage in diesem kleinen Gemach verbringen, das konnte er nicht von ihr verlangen. Zwerge oder nicht – sie würde durch die Halle nach draußen gehen und sich dort umsehen, ob es nicht vielleicht doch einen Weg gab, der über die schneebedeckte Hochebene zurück ins Hügelland führte. Nicht, dass sie Fandur davonlaufen wollte – aber diese Art von Gefangenschaft gefiel ihr nicht, das würde sie ihm deutlich sagen, wenn er zurückkehrte und sie noch so sehr mit seinen samtigen, dunklen Rabenaugen behexte.
    Langsam und vorsichtig zog sie die Pforte auf, hob sie dabei ein wenig an, damit sie nicht über den Boden schrammte, denn sie hatte keine Lust, die beiden Zwerge auf sich aufmerksam zu machen. Kälte schlug ihr entgegen, und sie zog den Mantel enger um den Körper, während sie durch die große Halle schritt. Die umherirrenden Lichter waren zum Glück verschwunden, nur die Luftblasen in den Eissäulen gaben ein seltsam bläuliches Licht, das den großen Raum in kühle Dämmerung tauchte. Hie und da blitzte ein rosafarbiger oder violetter Edelstein an den Wänden, doch sosehr sie die glitzernden Schätze der Berge liebte, so hatte sie doch in dieser einsamen Halle wenig Lust, sie zu bewundern. Stattdessen suchte sie das weiße Tor, und sie grübelte schon darüber nach, wie sie ohne ein Geräusch zu machen, den schweren Riegel heben könnte, da vernahm sie plötzlich eine leise Stimme.
    Sie klang hoch, als rede dort ein Kind, doch zugleich war der Ton gepresst und unschön, nein, es war eher die Stimme eines Greises. Es musste einer der Zwerge sein, der dort schwatzte, und zu allem Unglück schien er sich unweit der weißen Pforte aufzuhalten, so dass ihr der Weg abgeschnitten war. Unschlüssig blieb sie stehen, nahm den Mantel über ihr helles Haar und beschloss, erst einmal abzuwarten. Sehen würde der kurzsichtige Wicht sie wohl nicht, doch vermutlich hatte er ein gutes Gehör und konnte ihre Schritte vernehmen.
    Die Stimme näherte sich, sie wurde lauter, so dass sie bald verstehen konnte, was er sagte. Es klang merkwürdig abgehackt, Zwerge schienen keine großen Redner zu sein, vielleicht lag es daran, dass sie zu tief in den Bergen hockten und ständig auf dem Gestein herumhämmerten.
    »Eine Fee.

Weitere Kostenlose Bücher