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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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ritt, war er froh darüber, nicht seiner ersten Eingebung gefolgt zu sein und Scrub mitgenommen zu haben. Er hatte auf seinen Reisen ein halbes Dutzend guter Pferde verschlissen, und es hätte ihn geschmerzt, ein so liebes Tier verloren zu haben. Scrubs Gangart paßte zu ihrem Charakter; verläßlich, solide und ein guter Gefährte.
    Abgesehen davon war es viel angenehmer, an Scrub zu denken als an sein wachsendes Schuldgefühl. Es ging auch nicht darum, daß er vorhatte, Nysander gegenüber ungehorsam zu sein. Es dauerte vielmehr eine Weile, bis er bereit war, sich einzugestehen, daß der Anblick Alecs, inmitten seiner privaten Gemächer, ihn dazu getrieben hatte, panikerfüllt zu fliehen.
    Es hatte natürlich nichts mit Alec selbst zu tun. Trotzdem war es ein unangenehmes Gefühl. Er zog vor, es lieber zu ignorieren.
    Er machte sich auf eine rasche Suche nach den Orten, an denen üblicherweise der ›Katze von Rhíminee‹ Nachrichten hinterlegt wurden, in denen jemand die Dienste eines Diebes brauchte.
    Zunächst kam er zur Schwarzen Feder, einem Bordell, das einem alten Seemann gehörte, der Gold liebte und keine Fragen stellte. Im Eingangsraum des Etablissements stand ein geschnitztes Schiff. Zeigte der Bug nach links, dann hatte der Seemann eine Nachricht für die Katze. Für gewöhnlich holte Rhiri die versiegelten Botschaften ab, aber auch Seregil machte des öfteren die Runde, um zu sehen, ob etwas für ihn bereitlag.
    Als er sich näherte, kam eine Gruppe Betrunkener aus dem Bordell. Sie verabschiedeten sich lautstark von ihren erschöpften Gespielinnen. Durch die offene Tür sah Seregil, daß der Bug des kleinen Schiffes nach rechts zeigte. Die anderen Signale, in einer Taverne in der Straße des Reihers und in einer ehrenwerten Gaststätte nahe dem Park der Königin, waren nicht minder enttäuschend.
    Der Wind pfiff durch die Straße, fegte ihm die Kapuze vom Kopf und fuhr ihm mit eisigen Fingern durchs Haar. Es hat keinen Sinn, es noch länger aufzuschieben, dachte er. Er ließ Scrub in einen gemütlichen Trab verfallen und lenkte ihn auf den Tempeldistrikt zu.
    Lange im voraus zu planen war noch nie seine starke Seite gewesen, und das wußte er auch. Vielmehr lag es ihm, Fakten zusammenzutragen und Zusammenhänge zu erkennen; damit verdiente er schließlich seinen Lebensunterhalt. Aber letztendlich handelte er aus dem Stegreif und erkannte stets den rechten Augenblick – ob er sich für ihn nun zum Guten oder zum Schlechten wendete.
    Und was hatte es ihm diesmal eingebracht?
    Das geheimnisvolle Mal auf seiner Brust. Und Alec.
    Wieder verspürte er das Schuldgefühl. Nysanders Abschiedsworte waren nicht umsonst gewesen. Warum hatte er den Jungen mitgenommen? Er war talentiert, begabt sogar, es war eine Freude, ihn zu unterrichten. Aber das hatte er schließlich später herausgefunden, nicht wahr? War es der Wunsch, einem verwaisten Jungen zu helfen? Seine Verletzlichkeit? Die ihm innewohnende Begabung?
    Sein hübsches Gesicht?
    Er kam dem Kern der Sache wieder viel zu nahe, daher beendete er diese Gedanken mit bewundernswerter Mühelosigkeit.
    Da blieb noch die Narbe. Wenn er nüchtern darüber nachdachte, zweifelte er nicht daran, daß Nysander berechtigte Gründe hatte, ihm die Wahrheit zu verschweigen. Aber das half ihm wenig, seinen hilflosen Ärger zu besänftigen. Er bereute jedes seiner bitteren Worte. Und obendrein waren sie so nutzlos gewesen.
    Was soll’s, es gibt nicht nur einen Weg, ein Schloß zu knacken. Er betastete die kleine Pergamentrolle, die er in seinem Reisesack aus dem Orëska geschmuggelt hatte.
    Am Tempelplatz ging er zu Fuß an den kleineren Tempeln und Schreinen, die das Herz des Distrikts umgaben, vorüber. Er passierte den Wald der Heiler, der dem Dalna-Tempel angehörte, und gelangte auf den gewaltigen Platz im Zentrum des Tempelbezirkes. Zu dieser Stunde ruhte die Stadt; gedämpft nur waren die Glocken und der klagende Ruf einer Taube aus dem Hain zu vernehmen. Von der anderen Seite des Platzes konnte er das leise Plätschern des Wassers am Astellus-Tempel vernehmen. Weiter entfernt zu seiner Linken sah er roten Feuerschein zwischen den schwarzen Säulen des Sakor-Tempels leuchten.
    Die Pflastersteine des Platzes formten Muster von Quadraten, die ineinander wiederum Quadrate bildeten und schließlich zu einem großen Muster verschmolzen. Sie symbolisierten so die ewige Einheit und das Gleichgewicht zwischen den Heiligen Vieren. Es war von geringer Bedeutung, daß Banden

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