Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
schlürfen.«
    Alecs Wangen liefen rot an, als ihm die kindlichen Vorstellungen wieder einfielen, die er Seregil in ihren ersten gemeinsamen Tagen vermittelt hatte.
    Seregil schenkte ihm sein schiefes Lächeln. »Oh, ihr Barbaren aus dem Norden habt schon eigenartige Vorstellungen! Jedenfalls war ich der Meinung, daß du dich erst einmal besser an mich gewöhnen solltest. Und dann wurde ich krank.« Er schwieg einen Herzschlag lang und blickte ein wenig verlegen drein. »An sich wollte ich es dir sagen, seit wir in der Stadt waren, aber – ich weiß nicht. Der rechte Moment wollte nicht kommen. Was ich zu Nysander sagte, ist nicht ganz unwahr; ich bin tatsächlich stolz darauf, daß du es von allein herausgefunden hast. Was möchtest du sonst noch wissen?«
    Was würde ich nicht gern wissen? fragte sich Alec in Gedanken. Wie lange würde diese eigenartige Stimmung bei Seregil wohl anhalten? »Wie alt bist du?«
    »Ich werde im Lenthin achtundfünfzig. In der Zeitrechnung meiner Rasse entspricht das in etwa deinem Alter, obwohl ich natürlich über mehr Erfahrung verfüge. Es fällt schwer, Aurënfaie und Menschen dem Alter nach zu vergleichen, denn wir reifen ganz unterschiedlich. Nach dem Gesetz der Aurënfaie bin ich noch nicht alt genug, um zu heiraten oder Land zu besitzen.« Er schmunzelte. »Im großen und ganzen habe ich mich auf Skala aber recht gut schadlos gehalten.«
    »Weil du mit der Königin verwandt bist?«
    »Das hängt wohl damit zusammen, ja, aber diese Verbindung ist sehr fern und will nicht viel besagen. Es hätte mir bestenfalls Zugang zum Hof verschafft und mir zu einem Posten als hochgestellter Diener verholfen. Lord Corruth, der Prinzgemahl von Idrilain der Ersten, war ein Cousin der Mutter meiner Großmutter. Mein Anspruch auf einen Platz im Adel Skalas steht auf sehr schwachen Füßen.«
    Alec hatte von Micum und Nysander genügend Andeutungen erhalten, um nicht erst danach zu fragen, warum Seregil ursprünglich Aurënien verlassen habe. »Wie ist es dort in Aurënien?«
    Seregil ritt einen Augenblick lang schweigend weiter, das Gesicht halb von Alec abgewandt. Alec fürchtete beinahe, doch einen Fehltritt begangen zu haben und wollte schon die Frage zurücknehmen, als Seregil zu singen begann.
    Die Sprache war ungewohnt, klang aber so fließend und elegant, daß sie für Alec fast greifbar schien. Und verstünde er sie, dann würde sich ihm eine Tiefe offenbaren, die seine eigene Sprache niemals erreichen konnte, das fühlte er.
    Die Melodie war einfach, doch verlockend und voller Sehnsucht, sie ließ ihm beim Lauschen Tränen in die Augen steigen. Seregil sang es noch ein zweites Mal und übersetzte dann den Text, damit Alec ihn verstehen konnte.
     
    »Mein Lieb hüllt sich in einen grünen Mantel
    und trägt als Krone den Mond.
    Ketten aus fließendem Silber schmücken sie.
    In ihren Spiegeln erblickt man den Himmel.
    Oh, wie gern schritt ich über deinen grünen, grünen Mantel
    im Schein des krönenden Monds.
    Werde ich je aus deinen Ketten fließenden Silbers trinken
    und noch einmal über deine Spiegel des Himmels gleiten?«
     
    Seregil blickte hinaus über die winterleeren Felder und flüsterte heiser und tränennah: »So ist Aurënien.«
    »Es tut mir leid.« Alec schüttelte traurig den Kopf. »Es muß schmerzen, wenn man so weit weg ist vom Heimatland und daran denkt.«
    Seregil zuckte leicht die Achseln. »Yri nala molkrat vy pri nala estin.«
    »Aurënfaie?«
    »Eine alte Redensart: Selbst saurer Wein ist besser als gar keiner.«
    Schatten krochen von den Hügeln herunter, als Seregil die Landstraße verließ und auf eine Steinbrücke abbog, die über einen breiten Bach führte. Ein großer Schwarm Schwäne, die auf einem angrenzenden Feld nach Nahrung suchten, erhob sich unter mächtigem Flügelschlagen schwerfällig in die Luft.
    Alec hatte erstaunlich schnell den Bogen in den Händen und schoß zwei der großen Vögel vom Himmel. Dann trieb er Fleck zum Trab an, um seine Beute zu holen.
    »Hervorragend geschossen!« rief ihm Seregil nach. Er stieg dabei ab und ließ sein Pferd laufen, damit es trinken konnte. »Gestern erst habe ich mich gefragt, ob du vielleicht aus der Übung seist.«
    Alec, der mittlerweile die Vögel an sein Sattelhorn gebunden hatte, ritt nun zu ihm zurück. »Ich auch«, erwiderte er trocken, stieg ebenfalls ab und ließ Fleck trinken.
    »Na, wenigstens komme ich nicht mit leeren Händen zu ihnen. Sind wir bald da?« Seregil deutete in das Tal

Weitere Kostenlose Bücher