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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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hinein.
    »Das ist Watermead. Wir haben wohl das Abendessen versäumt, aber ich glaube nicht, daß uns Kari hungrig ins Bett schickt.«
    Ein paar Meilen weiter und viel weiter oben sahen sie offene Wiesen und eine kleine Ansammlung von Gebäuden, die sich schutzsuchend an den Rand des Bergwaldes drückten. Unter dem Haupthaus schoben sich mehrere kleine Schafherden wie Wölkchen über den vorderen Abhang. Über anderen Wiesen wanderten dunklere Herden. Aus dieser Entfernung konnte man nicht erkennen, welche Tiere dort weideten.
    Alec blinzelte, um das ferne Haus besser sehen zu können, und fragte sich, welchen Empfang man ihm wohl bereiten werde.
    »Keine Sorge. Du wirst im Handumdrehen ein Mitglied der Familie sein«, versicherte ihm Seregil.
    »Wie viele Mitglieder hat die Familie?«
    »Drei Mädchen. Beka ist die älteste. Sie wird im Lithion achtzehn, glaube ich. Du wirst einen großen Teil dieser Woche damit verbringen, in ihre Schwertspitze zu sehen. Elsbet ist vierzehn und wird wohl einmal studieren. Ich denke, sie wird schon bald in die Tempelschule Illiors eintreten. Das jüngste Mädchen ist Illia. Sie ist erst sechs und tyrannisiert bereits das gesamte Anwesen.«
    »Ich hoffe, Micums Frau hat nichts dagegen, wenn ich ihr im Weg herumstehe«, sagte Alec, den immer noch die Schüchternheit gepackt hatte.
    »Kari?« Seregil mußte lachen. »Mittlerweile hat ihr Micum alles über den armen Waisenjungen berichtet, den ich nach Süden verschleppt habe. Ich werde von Glück sagen können, wenn ich dich überhaupt zurückbekomme! Und was das Im-Weg-Stehen betrifft, bezweifle ich, daß du dafür überhaupt Zeit haben wirst.«
    Seregil pfiff, und Scrub patschte vom Bach herauf. Fleck allerdings war bis in die Mitte hinausgewatet und blieb einfach zufrieden dort stehen, so laut Alec auch nach ihr rief und pfiff.
    Die Stute mißachtete ihn stur. Schließlich gab er auf und stand nur mit finsterer Miene am Ufer.
    »Mit düsteren Blicken schaffst du es nie«, schmunzelte Seregil. »Ich schätze, du wirst dir nasse Füße holen müssen.«
    »Ich werde mehr als nur die naß machen«, grollte Alec.
    Er blickte den bräunlichen Schleim an, mit dem die Steine im Bachbett überzogen waren. Mit einemmal grinste er jedoch. Er nahm eine Augenklappe aus seinem Beutel, wie sie von Bogenschützen manchmal getragen wird, um besser zielen zu können, hielt den Fetzen Leder hoch und rief: »He, Fleck!« Der Kopf der Stute fuhr augenblicklich hoch. Die Ohren waren vorwärts gerichtet. Sie schnaubte laut und näherte sich ihm soweit, daß sie an der Augenklappe knabbern konnte. Sofort packte Alec sie an ihrem Zaumzeug.
    »Du wirst dieses Tier noch verwöhnen«, mahnte Seregil, der gerade einen Apfel für sein eigenes Pferd auseinanderbrach. »Bring ihr bei, auf deinen Pfiff zu kommen, oder du wirst die Hilfe eines Gerbers brauchen, damit sie bei dir bleibt.«
    Als sie den Bergkamm erreichten, fanden sie das Tor in der Holzpalisade, die das Haupthaus umgab, bereits geöffnet vor. Einige riesige Hunde stürmten ihnen aus dem Schatten heraus entgegen, sobald sie den geschützten Innenhof betraten. Die Tiere grollten mißtrauisch und drohend, bis sie Seregils vertraute Witterung aufnahmen. Er stieg ab, und einer von ihnen, ein alter Rüde mit grauem Fell, richtete sich auf den Hinterbeinen auf, legte ihm die Vorderpfoten auf die Schultern und sah ihm ernst in die Augen. Andere drängten sich fröhlich um Alec, so daß ihm ihre wedelnden Schwänze an die Beine schlugen.
    Sie schnupperten vor allem hoffnungsvoll in Richtung der Schwäne, die an seinem Sattelhorn hingen.
    »Hallo, Blitz!« Seregil streichelte den Kopf des Hundes liebevoll, bevor er ihn von sich schob. Er drückte sich durch das Rudel und schritt mit Alec im Schlepptau zum Eingang.
    Kari entdeckte sie zuerst, als sie in die Wohnstube traten. Die Tische waren bereits für die Nacht an die Wände zurückgeschoben worden, und sie und die anderen Frauen saßen mit ihren Spinnrocken um den Herd in der Raummitte. Als Seregil ihr über den Raum hinweg in die Augen blickte, sah er ganz kurz den alten, verschwörerischen Blick, den er so gut kannte: Nein, es ist zu früh, wir haben ihn ja gerade erst zurückbekommen. In früheren Tagen hatte ihn dieser Blick auf gewisse Weise Befriedigung verschafft, bevor die Rivalität zwischen ihnen verflogen war und einer Freundschaft Platz gemacht hatte. Jetzt machte es ihn doch ein wenig traurig, daß seine plötzliche Ankunft das alte Unbehagen

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