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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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sollten wir aufbrechen«, sagte Seregil und ging zu den Pferden. »Du hast deine Aufgabe sehr gut gemacht. Wenn es sich herausstellen sollte, daß es uns in dieser Angelegenheit nicht weiterbringt, so war es für dich wenigstens eine gute Übung.«
    Alec fühlte sich gänzlich verkannt, warf noch einen verstohlenen Blick zurück auf die Burg, die düster über den Berg aufragte, und folgte dann den anderen.

 
32
Unangenehme Überraschungen
     
     
    Als sie an diesem Nachmittag am Seetor ankamen, stellte Seregil als erster fest, daß die Wachen verdoppelt waren.
    »Es muß etwas geschehen sein«, flüsterte er, als sie auf den Platz ritten, auf dem buntes Treiben herrschte.
    »Da hast du recht«, sagte Micum und sah sich um. »Wir wollen doch einmal feststellen, was.«
    Überall steckten die Leute die Köpfe zusammen, und alle wirkten sehr ernst. Gruppen von Kindern spielten unbeaufsichtigt zwischen den Buden, sie rannten umher und stifteten einander gegenseitig an, an unbeaufsichtigten Ständen Süßigkeiten zu stibitzen. Micum ritt auf eines der Grüppchen zu, zog seinen Mantel zur Seite, damit sein rotes Orëska-Hemd zu sehen war.
    »Ich war eine Weile nicht in der Stadt. Was gibt es denn Neues?« fragte er die Leute.
    »Der Vizeregent«, antwortete eine Frau mit Tränen in den Augen. »Der arme Lord Barien ist tot!«
    Alec schnappte vor Überraschung nach Luft. »Bei Illiors Licht! Was ist denn geschehen?«
    »Man weiß nichts Genaues«, erwiderte sie und wischte sich mit einem Zipfel ihres Schurzes die Augen.
    »Er wurde ermordet!« knurrte ein rauhbeiniger Geselle, der neben ihr stand. »Dahinter stecken die plenimaranischen Bastarde, das werdet ihr schon noch sehen!«
    »Ach, Farkus, sei doch still. So setzt du nur Gerüchte in die Welt«, murrte ein anderer Mann mit nervösem Blick auf Micums rotes Hemd. »Er weiß gar nichts, Sir. Man hat nur gehört, daß der Vizeregent diesen Morgen tot aufgefunden wurde.«
    »Habt Dank«, sagte Micum.
    Sie trieben die Pferde an und ritten zum Orëska-Haus. Nysander wirkte blaß, aber gefaßt, als er sie an der Turmtür einließ.
    »Wir hörten, daß Barien gestorben sei. Was ist geschehen?« fragte Seregil.
    Nysander ging zu seinem Arbeitstisch und setzte sich, er ließ die Hände gefaltet auf der fleckigen Tischplatte ruhen.
    »Es scheint, daß er sich selbst das Leben genommen hat.«
    »Scheint?« Seregil fühlte, daß Nysander sich mühevoll beherrschte, ruhig zu bleiben, allerdings wußte er nicht, was sein Freund nicht aussprechen wollte.
    »Er wurde friedlich in seinem Bett liegend gefunden – mit durchschnittenen Pulsadern«, fuhr Nysander fort. »Das Blut war in die Matratze gesickert. Sie entdeckten erst, was geschehen war, nachdem sie die Bettdecke zurückschlugen.«
    »Hast du gestern abend mit ihm gesprochen?«
    Nysander schüttelte mit bitterem Blick den Kopf. »Er war zu Bett begangen, ehe ich ankam. Es war so spät, daß scheinbar keine Gefahr bestand, daß er sich auf und davon machte. Ich war tatsächlich …«
    Er hielt inne und reichte Micum ein Pergament. »Ich vermute, daß er es geschrieben hat, während ich ihn aufsuchen wollte. Lies es bitte vor.«
    Bariens letzte Worte waren so formell wie jedes der anderen tausend Staatsdokumente, die er im Laufe seiner langen Zeit im Amt verfaßt hatte. Die Handschrift war flüssig, das Schriftstück makellos, und es waren keine Anzeichen dafür zu sehen, daß er an irgendeiner Stelle gezögert hätte.
    »›Meine Königin‹«, las Micum, »›Wisset, daß ich, Barien í Zhal Mordecan Thorlin Uliel, während dieser letzten Jahre in Euren Diensten Hochverrat begangen habe. Meine Handlungen waren absichtlich, überlegt und unentschuldbar. Ich biete keine Rechtfertigung, aber bitte Euch, mir zu glauben, daß ich bis zuletzt an Eurer Seite stand.‹ Er unterzeichnete ›Barien, Verräter‹.«
    »Bei den Augen Illiors, wie konnte ich nur so blind sein?« stöhnte Nysander und hielt sich die Hand an die Stirn.
    »Aber das beweist nichts«, rief Seregil aus. »Es werden keine Namen genannt, keine Details aufgezeigt, nur seine Selbstanklage, nichts weiter.«
    »Idrilain weiß von unseren Nachforschungen. Ich glaube, sie versteht die Bedeutung des Schriftstücks«, erwidert der Magier.
    »Oh, dann ist ja alles in Ordnung«, schnappte Seregil und durchmaß mit langen Schritten den Raum. »Es sei denn, sie fragt sich plötzlich, warum er starb, unmittelbar nachdem du dich mit seinen Aktivitäten befaßt hast.

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