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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Alecs Repertoire und wählte die Wünsche danach aus, sie begannen mit ›Über das Wasser weit lebt meine geliebte Maid‹.
    Alecs Stimme mochte wohl einem Barden keine Ehre machen, aber sie genügte für das Publikum in der Schenke. Er sang alle Fischerlieder, die er kannte, und gab auch recht manierlich einige der Balladen zum besten, die ihn Seregil auf der Ebene gelehrt hatte. Bald war die Menge recht angetan von Alecs Gesang und von Seregils ausgezeichnetem Harfenspiel. Als Alecs Stimme schwächer wurde, zog Seregil eine dünne Flöte hervor und spielte zur Abwechslung zu einem Tanz auf.
    Als sich die Neuigkeit herumsprach, kamen mehr Gäste und verlangten nach Bier und Liedern. Es fanden sich auch ein halbes Dutzend Männer in Lederrüstung und Hüten mit Krempen. Große Schwerter hingen von ihren Hüften. Alec erkannte sie sogleich als die Seefahrer, vor denen Seregil ihn gewarnt hatte. Man sah ihnen an, daß sie rauhe Gesellen waren.
    Alec sang über eine Stunde lang, ehe Seregil um eine kurze Pause bat.
    »Bleib hier und achte auf die Harfe«, wies er Alec an und drückte Alec das Instrument in die Hand. »Und sieh zu, daß du etwas Wasser trinkst, um deine Kehle zu befeuchten. Bier ist gut, um munter zu werden, aber schlecht für die Stimme. Du machst deine Sache sehr gut!«
    »Aber wohin …«
    »Ich bin bald zurück.«
    Alec sah Seregil nach, der sich zum anderen Ende des Raumes begab, in der ein hochgewachsener, breitschultriger Mann alleine an einem Tisch saß. Eine Kapuze verbarg sein Gesicht. Alec vermutete, daß er seinen Lebensunterhalt als Wächter bei den Karawanen bestritt, denn er trug einen abgewetzten Lederharnisch und ein großes Schwert am Gürtel. Seregil und der Fremde tauschten Grüße aus, und der Barde wurde eingeladen, sich zu setzen. Bald waren die beiden in ein Gespräch vertieft.
    Da er nun offensichtlich im Augenblick nicht gebraucht wurde, ließ Alec seinen Blick über die Gäste der Taverne schweifen und entdeckte eine Drysierin, die nahe der Tür saß. Sie trug die einfache Robe ihrer Zunft und den bronzenen Schlangenanhänger an einem Lederband um den Hals und war bereits von einigen Leuten umringt, die sich bei ihr Heilung erhofften. Sie standen ruhig da und beobachteten mit einer Mischung aus Hoffnung und Ehrfurcht, wie sie ein kleines Kind untersuchte, das auf ihrem Schoß lag. Da auch Alec stets neugierig war, gesellte er sich zu der Gruppe.
    Viele graue Strähnen durchzogen den dunklen Zopf, der ihr auf die Schulter fiel, und tiefe Furchen waren in ihr Gesicht gegraben. Die Hände jedoch untersuchten ruhig und zärtlich das Kind, sie glitten über den kleinen Körper, dann hob sie es hoch und lauschte an Brust und Bauch. Schließlich nahm sie den Stab, der neben ihr an der Bank lehnte, zur Hand, sprach einige leise Worte über dem Kind und gab es danach der Mutter zurück.
    »Koche jeden Morgen eines dieser Blätter in einer Tasse klaren Wassers«, wies sie an und holte sechs trockene Blätter aus einer Tasche an ihrem Gürtel. »Gib ein wenig Honig und Milch hinzu. Laß es abkühlen und gib ihr über den Tag hinweg davon zu trinken. Wenn das letzte Blatt verbraucht ist, wird dein Kind wieder gesund sein. Lege an diesem Tag drei Kupfermünzen auf den Altar in Dalnas Tempel und sage dort Dank. Gib mir nun eine Mark, und möge der Schöpfer mit dir sein.«
    Dann wandte sie sich den anderen zu, manchmal verteilte sie Kräuter oder Talismane, manchmal sprach sie nur ein Gebet für den Leidenden. Einige Fischer traten näher, als sie das letzte Kind behandelt hatte und sich einem reichen Händlerpaar mit seiner jungen Tochter zuwandte. Nach der üblichen Untersuchung gab die Drysierin der Mutter einen Strauß getrockneter Kräuter und verlangte statt des Kupfers Silber. Wortlos zahlte der Ehemann, und die Familie verließ die Taverne.
    Alec wollte sich schon abwenden, als die Drysierin ihn direkt ansah und ihn fragte: »Warum glaubst du, daß ich bei ihnen mehr verlangt habe?«
    »Ich – ich weiß nicht«, stammelte Alec.
    »Weil sie es sich leisten konnten, mehr zu zahlen«, sagte sie und überraschte ihn erneut, als sie ihm wissend zublinzelte. »Vielleicht kann ich deinem Herrn zu Diensten sein. Ihr übernachtet hier im Haus?«
    »Ja, im Zimmer unter dem Dach«, erwiderte Alec und fragte sich, was sie von Seregils vorgetäuschter Krankheit halten würde. »Kann ich ihm Euren Namen überbringen?«
    »Das wird nicht nötig sein. Sag ihm, daß ich mich später um ihn kümmern

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