Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
dennoch dein Vater«, fuhr das Ding fort, »und du mußt angemessen bestraft werden!«
    Unter dem Umhang blitzte das Schwert auf, er schritt zurück und hielt Seregils abgetrennte rechte Hand in der seinen …
    … und Seregil war hochgefahren im Bett, schweißgebadet, hatte er die Hände gegen die heftig klopfende Brust gedrückt. Kein Wind wehte, kein Fensterladen stand offen. Micums Schnarchen hob und senkte sich wie ein beruhigendes Wiegenlied. Neben sich regte sich Alec und murmelte eine Frage.
    »Es ist nichts, schlaf weiter«, flüsterte Seregil, und trotz seines heftig schlagenden Herzens versuchte auch er, seinem eigenen Rat zu folgen.
    Selbst jetzt im Sonnenlicht, das auf dem Wasser tanzte, peinigte ihn die seltsame Unwirklichkeit des Traumes. Dies war wohl nicht sein erster Alptraum gewesen, aber noch nie hatte er von seinem Vater geträumt, nicht seit er sein Heim verlassen hatte, und nie zuvor mußte er am folgenden Tag pochende Kopfschmerzen ertragen. Eine Tasse gewürzten Weins in der Schänke hatte geholfen, aber nun kroch der Schmerz zurück in die Schläfen und brachte einen bitteren Geschmack in die Kehle. Er wollte sich die Augen reiben, aber die sorgfältig aufgetragene Schminke verwehrte ihm selbst diese kleine Erleichterung.
    »Fühlt Ihr Euch nicht wohl, Mylady?«
    Seregil wandte sich um und sah den Kapitän neben sich stehen.
    »Es ist nur ein leichter Kopfschmerz, Kapitän«, erwiderte Seregil mit der sanften Stimme, die er für diese Rolle gewählt hatte.
    »Das kommt gewiß von der Sonne, die vom Wasser widerspiegelt, Mylady. Kommt mit hinter den Mast. Dort bringt Euch die Brise Kühlung, und das Segel spendet Schatten. Ich werde etwas Wein wärmen lassen für Euch, das sollte Euren Kopfschmerz vertreiben.«
    Er bot ihr seinen Arm und führte seinen Passagier zu einer Bank, die am Deckhaus stand. Es fiel dem Junker sichtlich schwer, seine Verärgerung zu verbergen, als er den beiden folgte und an der Steuerbordreling Posten bezog.
    »Der Junge wacht eifrig über Euch«, bemerkte Rhal und setzte sich an ›Gwethelyns‹ Seite – gewiß etwas näher, als es die nicht zu kurze Bank erfordert hätte.
    »Ciris ist ein Verwandter meines Gatten«, erwiderte Seregil. »Er beauftragte ihn, für meine Sicherheit zu sorgen, und Ciris nimmt seine Aufgabe sehr ernst.«
    »Mir scheint, daß ein Junge nicht viel Schutz bieten kann.«
    Ein Seemann kam mit einem Krug Wein und zwei Holzbechern. Rhal schenkte Seregil und sich ein.
    »Ihr müßt Euch um mich nicht sorgen. Ciris ist im Schwertkampf bestens bewandert«, sagte Seregil und nippte am Wein; es war ihm nicht entgangen, daß sein Becher wesentlich voller war als der des Kapitäns.
    »Trotzdem«, erwiderte Rhal galant und beugte sich näher, »sehe ich es als meine Aufgabe, mich um Eure Sicherheit zu kümmern, bis wir den Hafen erreichen. Wenn ich Euch, in welcher Form auch immer, gefällig sein kann, ob bei Tag oder bei Nacht, so braucht Ihr nur zu rufen. Vielleicht wollt Ihr mir die Ehre erweisen, heute abend in meiner Kabine mit mir das Nachtmahl einzunehmen?«
    Seregil senkte keusch den Blick. »Ihr seid äußerst freundlich, aber ich bin sehr erschöpft von der Reise, daher werde ich mich früh zurückziehen.«
    »Morgen vielleicht, wenn Ihr Euch erholt habt?« beharrte der Kapitän.
    »Nun denn, morgen. Gewiß kennt Ihr viele Geschichten, die meinen Junker ebenso gut unterhalten wie mich. Wir wissen die Ehre zu schätzen.«
    Kapitän Rhal erhob sich mit einer leichten Verbeugung. Als er sich abwandte, bemerkte Seregil, daß der Kapitän keineswegs zufrieden war mit dem Verlauf der Dinge, und er wußte, daß zumindest diese Runde an ihn gegangen war.
     
    »Kapitän Rhal beabsichtigt mich zu verführen«, gab Seregil bekannt, als er in ihrer Kabine an diesem Abend frische Schminke auflegte, während Alec die Lampe hielt und einen kleinen Spiegel.
    »Was wirst du tun?«
    Seregil blinzelte ihm zu. »Ich werde natürlich mitspielen. Zumindest bis zu einem gewissen Punkt.«
    »Nun, du kannst ihn schlecht, na, du weißt schon …« Alec vollführte eine vage Geste.
    »Ja, ich weiß, aber ich frage mich, ob du das auch tust.« Seregil schenkte seinem Gefährten einen abschätzenden Blick. »Aber du hast natürlich recht. Ihn unter meine Röcke zu lassen würde gewiß die Illusion zerstören, an der ich so hart gearbeitet habe. Trotzdem …« Nun klang er wieder ganz wie Lady Gwethelyn und blickte Alec durch halbgeöffnete Lider an – »… dieser

Weitere Kostenlose Bücher